Louis Vuitton gewann im Markenstreit um sein berühmtes Schachbrettmuster vor dem EuG. Obwohl dem Schachbrettmuster Unterscheidungskraft fehlt, konnte Unterscheidungskraft durch Benutzung nachgewiesen werden- vor allem durch Präsenz der Marke im Internet.
Im Mittelpunkt des interessanten Markenstreits stand eine dreidimensionale EU Marke von Louis Vuitton Malletier (Frankreich) in Form eines karierten Schachbrettmusters in Beige-Schwarz (eingetragen seit 2008), gegen deren Markeneintragung Norbert Wisniewski (Polen) einen Antrag auf Nichtigkeit wegen fehlender Unterscheidungskraft stellte. Denn eine 3D Marke besitzt nur dann Unterscheidungskraft, wenn sie erheblich von der Norm oder den Gepflogenheiten des Sektors der fraglichen Waren und Dienstleistungen abweicht.
Folglich sind Schachbrettmuster und karierte Muster in mehrfachen Urteilen der letzten Jahre wegen fehlender Unterscheidungskraft vom Markenschutz ausgeschlossen worden, da es sich um ein einfaches, grundlegendes und gängiges Muster handelt, insbesondere in Bezug auf Waren der Nizza-Klasse 18 wie Textilwaren und Taschen (Darstellung eines grauen Schachbrettmusters (Urteil T-360/12), Darstellung eines braunen und beigen Schachbrettmusters (T-359/12) und Darstellung eines beige-schwarzen Schachbrettmusters – ebenfalls von Louis Vuitton (T:2015:215) ).
Die Beschwerdekammer lehnte in seiner angefochtenen Entscheidung auch den Markenschutz für das angefochtene beige-schwarzen Vuitton Schachbrettmuster ab. Die Streitmarke sei ein alltägliches Muster, nannte die Beschwerdekammer in seiner Begründung und setzte dies einfach als bekannte Tatsache voraus.
Alltägliches Muster: zurecht als bekannte Tatsache vorausgesetzt
Dagegen wehrte sich Klägerin Louis Vuitton vor dem Europäischen Gericht (EuG). Im Nichtigkeitsverfahren werde grundsätzlich die Gültigkeit der eingetragenen EU-Marke vermutet, es sei Sache desjenigen, der den Antrag auf Nichtigerklärung gestellt hat, vor der EUIPO die spezifischen Tatsachen geltend zu machen, die die Gültigkeit dieser Marke in Frage stellen. Antragsteller Wisniewski habe jedoch keine nennenswerten Beweise erbracht, vielmehr habe sich die Beschwerdekammer auf angeblich allgemein bekannte Tatsachen gestützt.
Das Gericht bestätigte dies nur zum Teil. Zwar gelte eine Gültigkeitsvermutung für eingetragene EU-Marken, dennoch habe die Beschwerdekammer zurecht entschieden, dass es sich beim Schachbrettmuster um ein Muster handelt, das in der dekorativen Kunst mit unbestreitbarem Zusammenhang mit Waren der Klasse 18 seit jeher existiert und verwendet wird. Beschließen Organe der EUIPO, bekannte Tatsachen zu berücksichtigen, sind sie nicht verpflichtet, in ihren Entscheidungen die Richtigkeit dieser Tatsachen nachzuweisen, ergänzte der EuG. Das Muster enthalte keine nennenswerte Abweichung gegenüber der herkömmlichen Darstellung von Schachbrettern und entspricht der traditionellen Form eines solchen Musters. Die Verbraucher würden in Wirklichkeit nur ein alltägliches und alltägliches Muster wahrnehmen. Dies wurde von der Beschwerdekammer zurecht als eine notorisch bekannte Tatsache vorausgesetzt, urteilte der EuG.
Umso wichtiger war für Klägerin Louis Vuitton Malletier der zweite Klagegrund, mit dem sie sich über die Beurteilung der Beschwerdekammer zur Unterscheidungskraft durch Benutzung beschwerte.
Unterscheidungskraft durch Benutzung: Nachweis für die gesamte EU nötig
Für eine EU Marke gilt dabei die Verpflichtung, den Nachweis zur erlangten Unterscheidungskraft durch Benutzung für die gesamte EU erbringen zu müssen. Ein solcher Nachweis kann für alle betroffenen EU Mitgliedstaaten oder getrennt für verschiedene Mitgliedstaaten oder Gruppen von Mitgliedstaaten erbracht werden, führte der EuG aus. Es wäre nach Rechtsprechung unzumutbar, den Nachweis eines solchen Erwerbs für jeden einzelnen Mitgliedstaat zu verlangen. Insbesondere wenn für bestimmte Waren oder Dienstleistungen mehrere Mitgliedstaaten in ein und demselben Vertriebsnetz zusammengeschlossen wurden, könnten diese als eine Gruppe gelten. Auch bei einer geografischen, kulturellen oder sprachlichen Nähe zwischen zwei Mitgliedstaaten könne ein grenzüberschreitender Markt als wahrscheinlich angenommen werden, ergänzte der EuG.
Außerdem ist nach der Rechtsprechung zwar nachzuweisen, dass die streitige Marke in der gesamten Europäischen Union Unterscheidungskraft erlangt hat, dennoch müssen nicht für jeden Mitgliedstaat die gleichen Arten von Nachweisen erbracht werden.
Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft durch Benutzung sei eine Gesamtbeurteilung der Beweise vorzunehmen, fügte das Gericht hinzu und konkretisierte die zu berücksichtigenden Faktoren:
- der von der Marke gehaltene Marktanteil,
- die Intensität,
- die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke,
- der Betrag, den das Unternehmen in die Werbung für die Marke investiert hat,
- prozentuale Wiedererkennung als Unternehmensherkunft der maßgeblichen Verkehrskreise sowie Meinungsumfragen
Gesamtwürdigung aller Beweismittel
Die Beschwerdekammer hatte die EU Mitgliedstaaten in drei Gruppen zusammengefasst, und zu der Gruppe 3 alle EU Mitgliedstaaten gezählt, in denen Vuitton keine Ladengeschäfte unterhält. Und da sich der Nachweis für die Gruppe 3 der EU Mitgliedstaaten auf eine Extrapolation von Vuitton gestützt habe, hatte die Beschwerdekammer vor allem die für diese Mitgliedstaaten vorgelegten Beweise geprüft. Diese Beweise ließen nach Meinung der Beschwerdekammer keine Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der streitigen Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise in diesen Mitgliedstaaten zu.
Klägerin Vuitton machte vor allem geltend, dass die Beschwerdekammer wichtige Beweise nicht berücksichtigt habe.
Ausstellungsstücke wurden nicht berücksichtigt, die Vuitton zeigen als Akteur der Lederindustrie, der zu den bekanntesten Luxusgüterunternehmen der Welt gehört. Zwischen den relevanten Jahren 2008 und 2014 war Vuitton demnach in Westeuropa der meistverkaufte Anbieter von Taschen und Reisetaschen. Ebenso wurden auch Auszüge aus Katalogen, Broschüren und Anzeigen der Klägerin nicht berücksichtigt, vor allem aber auch nicht die Präsenz der angefochtenen Marke im Internet.
Vuitton erklärte, dass die Positionierung der Marke im Luxussegment und eine Fokussierung von Ladengeschäften auf zentrale und touristischste Gegenden von Großstädten und Flughäfen der Markenstrategie entspreche. Durch Websites und in sozialen Medien sei die Marke dennoch in der gesamten Europäischen Union allgemein zugänglich und bekannt. Waren mit der streitigen Marke wurden sowohl bei Instagram als auch bei einer entsprechenden Google Suche im Internet angezeigt, auch beispielsweise in Slowenien, einem der EU Mitgliedstaaten der Gruppe 3.
Zudem machte Vuitton auch Produktfälschungen und Produktpiraterie mit der angefochtenen Marke geltend in einer Reihe von EU Mitgliedstaaten, auch aus der Gruppe 3. Die Beschwerdekammer wollte dies jedoch nicht anerkennen, da diese Beweismittel nicht nur die angefochtene Marke zeigten, sondern eine vollständige Nachahmung der Waren.
EuG gibt Klägerin Louis Vuitton Recht
Der EuG sah das anders. Beweismittel müssten geprüft werden sowohl bezogen auf die streitige Marke für sich allein als auch in Verbindung mit einer anderen Marke der Klägerin. Die Beschlagnahme von mit der streitigen Marke versehenen nachgeahmten Waren sei daher ein erheblicher Beweis. Auch beliebte Websites wie Google und Instagram seien relevant in Bezug auf Benutzung der streitigen Marke im Internet, erläuterte der EuG.
Aus alledem folge, dass die Beschwerdekammer dadurch, dass sie keine Gesamtwürdigung der von der Klägerin vorgelegten einschlägigen Beweismittel vorgenommen hat, gegen Art. 59 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2017/1001 verstoßen hat. Der EuG gab daher dem zweiten Klagegrund von Vuitton statt und hob die angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer auf.
Möchten auch Sie Ihre Marke oder Ihren Markennamen schützen?
Unsere Anwälte beraten Sie gerne. Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt zu uns auf – wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Quelle für Text und Bild:
Schreiben Sie einen Kommentar