Der EuGH urteilte heute im Fall ‚ Morbier Käse ‚ in einer wichtigen Frage zum Schutzumfang einer Ursprungsbezeichnung und geografischer Angabe. Schützt die Ursprungsbezeichnung nur den eingetragenen Namen oder hindert der Schutz auch vor der Nachbildung des geschützten Produkts?
Dresdner Christstollen, Schwarzwälder Schinken, Aceto Balsamico di Modena und nun Morbier Käse: mehr als 1000 Spezialitäten aus der EU stehen unter dem Schutz der EU-Herkunftsbezeichnung „geschützte geografische Angabe“ oder „geschützte Ursprungsbezeichnung“. Diese Bezeichnungen unterliegen einem Schutzsystem nach EU Regeln gemäß der EU Verordnung Nr. 510/2006, nunmehr im Wesentlichen EU Verordnung Nr. 1151/2012.
Das höchste Europäische Gericht (EuGH) hatte heute im Fall „Morbier Käse“ über die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 der Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 zu entscheiden. Die Frage war, schützt die Ursprungsbezeichnung nur den Namen, den Begriff, oder hindert der Schutz auch vor der Nachbildung des geschützten Produkts? Letztlich ist es auch die Frage, ob die Herstellungstechniken ebenfalls in den Schutzumfang fallen.
Geschützte Ursprungsbezeichnung und ihr Produkt sind eng verbunden
Das Gericht wies heute noch einmal auf das Ziel des Systems der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben hin: es biete dem Verbraucher Gewähr für bestimmte besondere Eigenschaften und eine auf der geografischen Herkunft beruhende Qualitätsgarantie. Somit sind die geschützte Ursprungsbezeichnung und das von ihr erfasste Erzeugnis eng miteinander verbunden, erläuterte das Gericht.
Eine geschützte Ursprungsbezeichnung verbietet mehr als nur die Verwendung eines eingetragenen Namens durch einen Dritten, urteilte der EuGH. Die Art. 13 Abs. 1 der relevanten EU Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 enthalten eine abgestufte Aufzählung verbotener Verhaltensweisen und verbieten nicht lediglich die Verwendung des eingetragenen Namens selbst.
So bestimmt der Art. 13 Abs. 1 Buchst. d, dass eingetragene Namen gegen „alle sonstigen Praktiken, die geeignet sind, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen“, geschützt werden. Jedoch legt er nicht fest, welche Verhaltensweisen durch diese Bestimmung verboten sind.
Sind die Herstellungstechniken durch Ursprungsbezeichnung geschützt?
Und häufig – wie auch beim „Morbier Käse“ – ist der Gegenstand des Schutzes, der als Wortlaut unter dem Schutz als Ursprungsbezeichnung steht, der eingetragene Name – und nicht das mit ihm benannte Erzeugnis. Daher hatte Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) entschieden, durch eine geschützte Ursprungsbezeichnung könne nicht das Erscheinungsbild eines Erzeugnisses oder dessen Eigenschaften geschützt werden, sondern nur sein Name. Ein anderes Erzeugnis könne daher nach denselben Techniken hergestellt werden.
Der EuGH bestätigte zwar, dass die Verwendung von Herstellungstechniken oder die Wiedergabe einer oder mehrerer charakteristischer Eigenschaften die in der Spezifikation eines geschützten Erzeugnisses angegeben sind einem Dritten nicht per se verboten werden kann. Dies verbietet sich aber dann, wenn diese Nachbildung einer geschützten Produkts geeignet ist, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen, entschied der EuGH.
Mögliche Irreführung des Verbrauchers ist im Einzelfall zu prüfen
Es sei daher – unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls – zu prüfen, ob diese Wiedergabe den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen europäischen Verbraucher irreführen kann. Alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls sind dabei zu berücksichtigen, erläuterte der EuGH, einschließlich der Modalitäten, unter denen die betreffenden Erzeugnisse der Öffentlichkeit angeboten und vermarktet werden, sowie des tatsächlichen Kontexts.
Für das Ausgangsverfahren Morbier Käse sei insbesondere auch Hinblick auf einen Bestandteil des Erscheinungsbilds des Erzeugnisses zu prüfen, ob dieser Bestandteil eine besonders unterscheidungskräftige Referenzeigenschaft dieses Erzeugnisses darstellt, ergänzte das Gericht.
Fazit
Zwar stellt der EuGH mit seinem Urteil klar, dass nicht nur die Verwendung einer eingetragenen geschützten Bezeichnung durch Dritte untersagt ist, sondern eine geschützte Ursprungsbezeichnung auch vor der Nachahmung eines zu ähnlichen Erscheinungsbildes schützt. Das Urteil legt dennoch – wie schon beim Verfahren um den Schwarzwälder Schinken – die Verantwortung der Entscheidung in die Hand der nationalen Gerichte. Angesichts von mehr als 1000 geschützten Spezialitäten würde etwas mehr rechtliche Verbindlichkeit im Bereich der geschützten Ursprungsbezeichnung und der geografischen Angabe gut tun. Einen kleinen Beitrag leistet dazu das heutige Urteil – lässt aber weiterhin den nationalen Gerichten weiten Entscheidungsspielraum.
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Quellen:
Urteil des EuGH Morbier Käse – geschützte Ursprungsbezeichnung, EU:C:2020:1043
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