Schwarzwälder Schinken wird vorerst weiterhin nicht nur im Schwarzwald geschnitten und verpackt, sondern auch andernorts, hat das Bundespatentgericht geurteilt. Der Verpackungsstreit um den herkunftsgeschützten Schinken wird seit 14 Jahren durch viele Instanzen geführt.
Das Urteil des Bundespatentgericht (BPatG) gehört zu der seit 2005 währenden Auseinandersetzung um die Verpackungsfrage für ein Lebensmittel, das unter dem Schutz der EU-Herkunftsbezeichnung „geschützte geografische Angabe“ steht. Denn unter diesem Schutz steht Schwarzwälder Schinken bereits seit 1997 und leitet daraus das Recht ab, dass der entsprechende Schinken auch im Schwarzwald geschnitten und verpackt werden müsse. Denn nur so sei sicherzustellen, dass auch wirklich Schwarzwälder Schinken in den so bezeichneten Verpackungen von geschnittenem Schicken zu finden sind. Daher beantragte der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller 2005 die Änderung der Spezifikation der geschützten Angabe Schwarzwälder Schinken, um zu erreichen, dass künftig auch das gewerbliche Aufschneiden und Verpacken im Schwarzwald zu erfolgen habe. Dem widersprach die norddeutsche Abraham Schinken GmbH.
Verpackungsstreit durch viele Instanzen
Der Rechtsstreit wurde durch viele Instanzen geführt und im Dezember 2018 auch vor dem höchsten europäischen Gericht (EuGH) verhandelt. Der EuGH hatte geurteilt, dass Schwarzwälder Schinken im Schwarzwald geschnitten und verpackt werden muss, wenn es dies ein erforderliches und verhältnismäßiges Mittel darstellt, um die Qualität des Erzeugnisses zu wahren oder dessen Ursprung oder die Kontrolle der Spezifikation für die geschützte geografische Angabe zu gewährleisten. Ob es sich um erforderlich und verhältnismäßig handelt, habe das nationale Gericht zu entscheiden.
Lesen Sie dazu gerne unseren vollständigen Bericht Verpackungsstreit Schwarzwälder Schinken vor EuGH entschieden.
Weder verhältnismäßig und erforderlich
Diese Vorabentscheidung griff das Bundespatentgericht auf. Der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller hatte geltend gemacht, dass einem geschnittenen Schinken kaum anzusehen sei, ob es sich wirklich um Schwarzwälder Schinken handele. Zudem seien Aromapackungen bei einer Haltbarkeit von mehr als 30 Tagen mikrobiologisch auszugestalten, dies sei einer Vakuumverpackung vorzuziehen. Da aber eine Vakuumverpackung für eine Haltbarkeit von mehr als 30 Tagen ohnehin nicht in Betracht kommt, sei eine solche Aromapackung einer technisch notwendige Maßnahme, die keine geografische Bindung an das Herstellungsgebiet erfordere, erläuterte das BPatG.
Ebenso wurde auch eine sogenannte Mengenplausibilitätskontrolle diskutiert, mit der geprüft wird, ob die Warenausgangsmenge in etwa dem Wareneingang entspricht. Eine solche Prüfung für Schwarzwälder Schinken erfordere keinerlei Fachwissen und sei auch andernorts als im Herkunftsgebiet durchführbar, erklärte das Gericht.
Zwei produktspezifische Vorgaben für Schwarzwälder Schinken
Tatsächlich anerkannte das Gericht nur zwei definitive Vorgaben, die als produktspezifische Maßnahmen für Schwarzwälder Schinken in Betracht kommen könnten, nämlich die für diesen Schinken geltende Begrenzung der Scheibendicke auf maximal 1,3 mm und eine obligatorische Zwischenreinigung/Desinfektion, wenn in Schneideanlagen nicht nur Schwarzwälder Schinken, sondern auch andere Produkte geschnitten werden, vor allem ein naturschimmelbehaftetes Produkt.
Die Scheibendicke sei jedoch von jedem Lebensmittelkontrolleur und durch einfache Testkäufe zu überprüfbar, dazu seien keine amtlich-hoheitlicher Befugnisse einer Kontrollbehörde erforderlich, für die Kontrolle nach der Natur der Sache im Verarbeitungsbetrieb stattfinden muss. Eine Beschränkung des Schneidens und Verpackens auf das Herstellungsgebiet wäre daher weder verhältnismäßig noch erforderlich, urteilte das BPatG. Auch die obligatorische Zwischenreinigung von Schneideanlagen könne keine Beschränkung des Schneidens und Verpackens auf den Schwarzwald rechtfertigen. Denn diese Spezifikation enthalte keinerlei Angaben, wie diese Vorgabe kontrolliert werden soll, dadurch lasse sich letztlich nur im Nachhinein feststellen, dass gegen die Vorgabe verstoßen wurde- im Fall einer Kontamination. Eine dann erforderliche Missbrauchskontrolle sei gleichermaßen im Herstellungsgebiet wie auch andernorts möglich.
EuGH urteilte restriktiv in Proscuitto di Parma
In den Rechtssachen „Proscuitto di Parma“ sowie „Grana Padano“ (Urteil v. 20.05.2003, Rs. C-108/01 und C-469/00) legte der EuGH die Verpackungsfrage restriktiv aus und ließ die Verarbeitungsschritte des Aufschneidens und Verpackens durch Vorgaben in der Spezifikation nur in der Herkunftsregion zu. Der vorliegende Fall Schwarzwälder Schinken unterscheide sich jedoch wesentlich von der Sachlage „Prosciutto di Parma“, erklärte das Bundespatentgericht. Im damaligen Fall hätten z. B. nicht alle spezifikationsgemäßen Schinken auch geschnitten werden dürfen, sondern nur Keulen, die bestimmte, strengere Zusatzanforderungen erfüllten, insbesondere in Bezug auf Gewicht, Reifezeit, Wasseraktivität, Feuchtigkeitsgehalt und Fehlen sichtbarer Mängel.
Das Urteil des Bundespatentgericht lässt die Rechtsbeschwerde zu, der Rechtsstreit kann also noch vor dem Bundesgerichtshof weitergeführt werden. Vorerst wird Schwarzwälder Schinken also jedenfalls weiterhin auch andernorts geschnitten und verpackt.
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Quellen:
Urteil des Bundespatentgericht 30 W (pat) 33/09
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