Der Nachweis für die ernsthafte Benutzung einer Marke muss für die Waren und Dienstleistungen erfolgen, die beansprucht werden. Aber muss die amtliche Prüfung und der Nachweis der ernsthaften Benutzung einer Marke für jedes mit der betreffenden Marke beanspruchte Produkt bzw. jede beanspruchte Dienstleistung durchgeführt werden?
Der Sachverhalt
Im Juni 2010 meldete die Streithelferin, die Accelerate IT Consulting GmbH (Deutschland), das Bildzeichen „businessnavi“ als Unionsbildmarke an u. a. für Dienstleistungen der Klasse 42, die Computerberatungsdienste für Hard- und Software und die Implementierung von EDV-Programmen beinhaltete.
Die Klägerin, die Sta*Ware EDV Beratung GmbH (Deutschland), stellte im Januar 2016 beim EUIPO den Antrag, diese Marke für alle beanspruchten Nizza Klassen verfallen zu erklären (gemäß Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) wegen fehlender Benutzung der Marke. Darüber hinaus habe die Beschwerdekammer die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen nicht genannt. Die Prüfung der ernsthaften Benutzung einer Marke müsse aber für jedes mit der betreffenden Marke beanspruchte Produkt durchgeführt werden.
Dienstleistungen der Klasse 42 keine homogene Gruppe?
Der Fokus lag in der Verhandlung vor dem EuG auf dem Nachweis für die ernsthafte Benutzung der Marke in der Nizza Klasse 42. Für diese Klasse hatte die Beschwerdekammer die Streitmarke bestätigt. Die Klägerin machte geltend, dass die einzelnen beanspruchten Dienstleistungen von vornherein keine homogene Gruppe bilden könnten, die einheitlich hätte abgehandelt werden können, da sie eine Vielzahl möglicher Zweckbestimmungen hätten. Daher hätte die Beschwerdekammer mehrere Kategorien bilden müssen und für diese einzeln Begründungen finden müssen. Daher sei die Beschwerdekammer nicht ihrer Begründungspflicht nachgekommen.
Der EuG wies diesen Einwand zurück. Zwar seien nach Art. 75 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 der Verordnung 2017/1001) die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen, bestätigte das Gericht. Wenn aber eine Marke für Waren oder Dienstleistungen eingetragen wurde, für die es nicht möglich ist, innerhalb der betreffenden Gruppe eindeutige Unterteilungen vorzunehmen, decke der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des Widerspruchsverfahrens zwangsläufig diese ganze Gruppe ab. Dem Inhaber einer Marke sei es praktisch unmöglich, deren Benutzung für alle denkbaren Varianten der von der Eintragung betroffenen Waren oder Dienstleistungen nachzuweisen, führte der EuG aus.
Dienstleistungen der Klasse 42 untrennbar verbunden
Die Beschwerdekammer habe sehr wohl die nötige Begründung erbracht, urteilte daher der EuG. Dies gelte insbesondere, weil die Beschwerdekammer festgestellt hatte, dass die von der Streithelferin vorgelegten Dokumente gezeigt hätten, dass sie eine komplexe Software für Unternehmen vermarktet mit mehrtägiger Implantationszeit. Denn die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 seien weitestgehend untrennbar miteinander verbunden. So gehe die IT‑Erstellung mit der Beratung einher. In der Regel werde die erstellte Software auch beim Kunden installiert bzw. implementiert, konfiguriert, gewartet, verwaltet sowie überwacht, erläuterte das Gericht. Die Beschwerdekammer habe daher den Zweck und die Bestimmung der betreffenden Dienstleistungen berücksichtigt. Und dies ist ein maßgebliches Kriterium für die Definition der Unterkategorien von Dienstleistungen.
Der Nachweis der ernsthaften Benutzung müsse zwar grundsätzlich alle Waren oder Dienstleistungen betreffen, für die eine angegriffene Marke eingetragen ist, stellte das Gericht fest, doch könne vom EUIPO nicht verlangt werden, die Prüfung der ernsthaften Benutzung der Marke für jede einzelne dieser Waren oder Dienstleistungen zu begründen.
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Umfang der nachgewiesenen Benutzung einer Marke
Die Klägerin bestritt außerdem, dass der Umfang der Benutzung ausreichend nachgewiesen wurde. Der größte Teil dieses Umsatzes sei durch Software, die nicht zu den Dienstleistungen der Klasse 42 gehöre, und durch Lizenzierung dieser Software erzielt worden. Zudem hatte eine der beiden zum Nachweis der Benutzung der Marke vorgelegten Rechnungen außerhalb des relevanten Benutzungszeitraums gelegen.
Das Gericht wies dieses Argument zurück. Die Klägerin habe nicht erläutert, wie und warum „Hardwareberatung“ und „Softwareberatung“ unabhängig voneinander hätten betrachtet werden können. Auch wenn die vorgelegten Rechnungen zwar in erster Linie die Lizenzierung der businessNavi-Software zum Gegenstand hätten, umfassten sie aber auch regelmäßig die betreffenden Dienstleistungen der Klasse 42, dies habe bereits der EUIPO festgestellt.
Auch sei zu berücksichtigen, dass der Verkauf der Lizenz mit einem Support- und Beratungsdienst im Rahmen der Installation sowie mit der Wartung verbunden ist, ohne dass dies auf der Rechnung zwingend ausdrücklich erwähnt wird oder erwähnt werden müsste, führte das Gericht aus.
Das Datum der einer der beiden vorgelegten Rechnungen liegt zwar tatsächlich außerhalb des relevanten Zeitraums, allerdings handelt es sich bei dieser Rechnung um eine Lizenzerneuerung. Daher könne davon ausgegangen werden, schlussfolgerte der EuG, dass der Lizenzvertrag auch im relevanten Zeitraum bereits bestand. Das Gericht betonte, dass bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung auch Umstände berücksichtigt werden können, die außerhalb des relevanten Zeitraums liegen. Dies könne hilfreich sein, um die tatsächlichen Absichten des Inhabers innerhalb dieses Zeitraums zu bestätigen oder besser zu beurteilen.
Nachweis überwiegend für den Wortbestandteil der Bildmarke
Als letzten Punkt machte die Klägerin noch geltend, dass zum Nachweis zum großen Teil nur Belege für die Benutzung des Wortbestandteils „businessNavi“ erbracht wurden und nicht für die angegriffene Bildmarke. Diese Nutzung von Bildmarken – man denke an Logos – ist durchaus üblich im geschäftlichen Umfeld.
Das Gericht wies den Einwand der Klägerin zurück. Der dominierende Bestandteil der angegriffenen Marke ist der Wortbestandteil „businessNavi“, stellte das Gericht fest. Die Benutzung der angegriffenen Marke ausschließlich mit dem Wortbestandteil „businessNavi“ sei daher als gleichwertig anzusehen mit der Nutzung als Bildmarke. Auch wenn ein Bildbestandteil, der dem Firmennamen entspricht, beispielsweise im Seitenkopf mehrerer Dokumente benutzt wird, beeinträchtige dies nicht an sich die Identifizierungsfunktion der Marke, verdeutlichte der EuG.
Mehr noch: Nach der Rechtsprechung könne der Umstand, dass die eingetragene Marke manchmal mit und manchmal ohne zusätzliche Elemente benutzt wird, eines der Kriterien darstellen, aus dem geschlossen werden kann, dass die Unterscheidungskraft nicht beeinflusst wird.
Die Klage wurde daher vollständig abgewiesen.
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Quellen:
Urteil des EuG Unionsbildmarke businessNavi, EU:T:2019:877
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