Der italienische Designer Andrea Incontri gewann vorläufig vor dem europäischen Gericht im Streit um die gewünschte Markeneintragung des eigenen bekannten Namens, unter dem Incontri auch eine eigenes Modelabel betreibt. Vor Gericht ging es um die Dominanz von Vor- und Nachnamen in Wortmarken, nicht aber um das bekannte Modelabel.
Andrea Incontri meldete 2012 den eigenen Namen als europäische Wortmarke an. Ungefähr zur selben Zeit, im Juni 2012, machte die berühmte Modezeitschrift Vogue Italia auf den italienischen Designer aufmerksam. Im Februar 2014 berichtete auch die Financial Times über den erfolgreichen Designer. Incontri entwickelte unter dem Namen Andrea Incontri ein eigenes Modelabel.
Doch die gewünschte Markeneintragung war nicht so erfolgreich. Zwar wurde die Markeneintragung Andrea Incontri für die Nizza-Klasse 3 gewährt und am 4. Januar 2013 veröffentlicht. Doch im April 2013 erhob die Streithelferin Higicol, SA (Portugal) Einspruch gegen die Markeneintragung und berief sich auf Verwechslungsgefahr mit der eigenen älteren Wortmarke ANDREIA, die sowohl als portugiesische Marke eintragen ist sowie auch als internationale Registrierung, in der Frankreich und das Vereinigte Königreich die Wortmarke ANDREIA benennen. Die Widerspruchsabteilung wie auch die Beschwerdekammer der EUIPO gaben Streithelferin Higicol Recht und erklärten die Wortmarke Andrea Incontri für nichtig. Das Zeichen ANDREA INCONTRI als Ganzes habe keine konzeptionelle Bedeutung. Die Wortbestandteile „andrea“ und „incontri“ würden im Gesamteindruck der angemeldeten Marke dominieren, unabhängig davon, ob die französischen Verbraucher und die des Vereinigten Königreichs diese Wortbestandteile als Kombination aus Vor- und Nachnamen wahrnehmen oder nicht, so wurde diese Entscheidung begründet.
Das Europäische Gericht zu Dominanz von Vor- und Nachnamen
Das Europäische Gericht (EuG) bewertete daher die Dominanz von Vor- und Nachnamen in einer Wortmarke. Bei einer Wortmarke, die sich aus einem Vor- und einem Nachnamen zusammensetzt, sind alle relevanten Faktoren des jeweiligen Falles zu berücksichtigen, insbesondere die Tatsache, dass der betreffende Nachname ungewöhnlich oder im Gegenteil sehr häufig ist, urteilte der EuG. Die Frage, ob ein Wortbestandteil als gemeinsamer Vorname wahrgenommen wird oder nicht, sei für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dieses Bestandteils relevant. Die Beschwerdekammer habe in diesem Punkt einen Fehler gemacht und nicht beachtet, dass Incontri ein eher seltener Nachname ist. Die Beschwerdekammer habe sich daher geirrt, als sie feststellte, dass die Wortbestandteile „andrea“ und „incontri“ zusammen dominant wären.
Zudem werde eine Marke werde von einem Durchschnittverbraucher als Ganzes wahrgenommen, daher sei die Unterscheidungskraft zwischen der angefochtenen Marke ANDREA INCONTRI und der älteren Wortmarke ANDREIA zu prüfen. Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdekammer zwei verschiedene Hypothesen aufgestellt: In der ersten dieser Hypothesen nehmen die maßgeblichen Verkehrskreise die Wortbestandteile „andrea“ und „incontri“ der angemeldeten Marke als Vor- und Nachnamen wahr, im zweiten Fall nehmen sie die Marke aber nicht als Vor- und Nachnamen wahr. Die Beschwerdekammer hätte daher nicht umhin können, die Frage zu klären, wie die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen wahrgenommen würde, urteilte der EuG. Hätte die Beschwerdekammer diese Frage daher zugunsten der ersten Hypothese entschieden, hätte sie feststellen können, dass keine Verwechslungsgefahr besteht, stellte das Gericht klar.
Es sei aber nicht Sache des Gerichts, diese Frage erstmals zu klären, sondern sei von der Beschwerdekammer zu entscheiden.
Der EuG erklärte die Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO vom 25. Februar 2016 (Sache R 146/2015-4) für nichtig. Andrea Incontri gewann damit vorläufig, die Eintragung der angefochtenen Marke in ihrer Gesamtheit zu akzeptieren kann aber nur in einer Entscheidung der Beschwerdekammer gelingen, die sie in der noch anhängigen Klage zu treffen hat.
Bekanntes Modelabel Incontri- aber keine Rede davon vor Gericht
Wie kann es sein, dass die Bekanntheit des Modelabels Andrea Incontri keine Relevanz für das Verfahren hatte? Es ist eine immer wieder nicht beachtete Tatsache, dass das europäische Gericht – analog übrigens auch die deutschen Gerichte – lediglich in Bezug auf die angefochtene Entscheidung handeln kann, das Gericht kann die Entscheidung aufheben oder ändern. Dies hatte Kläger Andrea Incontri auch beantragt. Das Gericht hielt diesen Antrag für zulässig und legte dazu den Klageanspruch so aus, dass er einen Nichtigkeitsklageanspruch umfasst – die Voraussetzung für einen Antrag auf Änderung einer Entscheidung.
Seinen zweiten Antrag jedoch, die Eintragung der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit zu akzeptieren, lehnte das Gericht als nicht zulässig ab. Die Widerspruchsabteilung erlasse keine förmlichen Entscheidungen, mit denen die Eintragung der Marke der Europäischen Union erklärt wird, gegen die Berufung eingelegt werden kann. Daraus folge, dass der Gerichtshof nicht berechtigt ist, eine Marke der Europäischen Union einzutragen, stellte der EuG klar.
Auch legte Kläger Andrea Incontri zu spät Beweisdokumente für die eigene Bekanntheit vor (Presseauschnitte über eine Einführung in die Marke ANDREA INCONTRI): nicht vor der Beschwerdekammer, wo diese Unterlagen die Argumentation von Incontri gestützt hätten, sondern erst vor dem Gerichtshof wurden die Beweismittel vorgelegt. Solche Dokumente müssen daher als unzulässig ausgeschlossen werden, ohne dass ihre Beweiskraft beurteilt werden muss, betonte der EuG die gängige Rechtsprechung.
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Quellen:
Urteil des EuG „Andrea Incontri“ 22. Mai 2019, EU:T:2019:347
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