China hat im Oktober 2020 nicht nur eine Erneuerung des Patentrechts in China beschlossen, sondern auch wichtige Änderungen für Designschutz in China. Ein Beitritt zum Haager System der WIPO kommt durchaus in Reichweite. Der neue Designschutz in China tritt am 1. Juni 2021 in Kraft.
Viel beachtet wurde die Entscheidung aus China vom Oktober 2020 für eine umfassende Erneuerung des Patentrechts in China, das zum 1. Juni 2021 in Kraft treten wird.
Etwas unbemerkter, aber dennoch ebenfalls wichtig sind die geplanten Änderungen zum Designrecht, die in China ebenfalls im Patentgesetz zu finden sind und ebenfalls zum 1. Juli 2021 in Kraft treten werden. Denn für den Designschutz in China, den „Schutz von Geschmacksmustern“, verabschiedete der Ständige Ausschuss des Volkskongresses China Reformen, die einen Beitritt zum Haager System in Reichweite bringen können.
Die wesentlichen Änderungen sind:
- eine 15-jährige Laufzeit (statt bisher 10 Jahre) für gewerbliche Muster und Modelle (Artikel 42 des überarbeiteten „Patentgesetzes“)
- der Schutz von Teilmustern von Erzeugnissen ist möglich (Artikel 6 des überarbeiteten „Patentgesetzes“)
- eine Inlands Priorität (engl: domestic priority) von 6 Monaten wird eingeführt (gemäß Artikel 29 Absatz 2 des überarbeiteten „Patentgesetzes“)
Zudem werden die Fristen geändert für die Einreichung eines Prioritätsbelegs:
- für Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldungen: 16 Monate ab dem ersten Anmeldetag
- für Geschmacksmusteranmeldungen: 3 Monate ab dem ersten Anmeldetag
Kleiner Exkurs: Begrifflichkeiten im Designschutz
„Geschmacksmuster“ wird eigentlich in Deutschland nicht mehr gebraucht als Begriff für ein geschütztes Design, seit 2014 das Designgesetz (DesignG) in Kraft trat, das das zuvor geltende Geschmacksmustergesetz (GeschmMG) ersetzt.
Auf Ebene der Europäischen Union wird die Bezeichnung „Geschmacksmuster“ jedoch noch verwendet, als Europäisches geschütztes Design gilt der Begriff „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“. Um die begriffliche Verwirrung komplett zu machen, wird ein geschütztes Design im Englischen oftmals „Design Patent“ genannt, eine Begrifflichkeit, die es im Deutschen gar nicht geben kann, da Patentrecht und Designrecht völlig verschiedene Rechts- und Schutzbereiche darstellen.
Auch auf internationaler Ebene kann ein Design weitreichend geschützt werden, über das Haager Abkommen über internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle (HMA) unter dem Dach der World Intellectual Property Organization (WIPO Gebührenrechner Haager Abkommen).
Die angekündigten Änderungen für den Designschutz in China sind ein deutlicher Schritt zur Anpassung des chinesischen Designrechts an internationale Regelungen. Dies wird auch explizit in den Anmerkungen des Volkskongress zu den angekündigten Änderungen so formuliert: man wolle dem „Entwicklungstrend des internationalen Designsystems“ entsprechen – und im Übrigen will China ausdrücklich der eigenen Designindustrie auch für einfache Teile Schutz bieten vor Ersetzungen und Nachahmung .
Wir werfen einen kurzen Blick auf internationale Regelungen zum Designschutz:
Chinas geplante Änderungen für den Designschutz in China ähneln dem Designschutz in den USA: denn auch in den USA beträgt die Laufzeit für die sogenannten „Design patents“ 15 Jahre (35 USC § 171).
In Deutschland und Europa ist die maximale Laufzeit für Designs länger, muss aber durch Erhaltungsgebühren aufrecht erhalten werden (die es für das U.S. Design patent nicht gibt).
Die Laufzeit für Designschutz beträgt maximal 25 Jahre – sowohl nach deutschem Designgesetz (DesignG § 27) als auch nach europäischem Recht für Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Art. 12 GGV). Designschutz wird nach Eintragung zunächst für 5 Jahre gewährt und kann durch Zahlung einer Aufrechterhaltungsgebühr die Schutzdauer jeweils für das 6. bis 10., 11. bis 15., 16. bis 20. und für das 21. bis 25. Jahr verlängern.
China Beitritt zum Haager Abkommen?
Sind die Änderungen zum Designschutz in China also ein Hinweis darauf, dass China sogar dem Haager Abkommen beitreten könnte? Dazu sei ein klares „Ja“ gesagt.
China hatte großes Interesse daran, mit der chinesischen Kandidatin Binying Wang den Chefposten bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) besetzen zu können im letzten Herbst (letztlich setzte sich jedoch Daren Tang (aus Singapur) als neuer Chef der WIPO durch). Allein das zeigt schon Chinas Interesse an internationalen Schutzanmeldungen, was im Übrigen auch durch eine bemerkenswerte Steigerung von Patentanmeldungen aus China in der EU und in den USA bestätigt wird.
Chinas Interesse für das das Haager Abkommen ist nicht verwunderlich; viele Jahre war das Haager Abkommen für international vereinfachten Designschutz nicht sonderlich beachtet, u.a. weil sehr interessante Industriestaaten wie USA und Japan nicht beteiligt waren. Das änderte sich jedoch in den letzten Jahren. Als wichtige Vertragsstaaten außerhalb der EU kamen kurz hintereinander Japan (2015), USA (2016), Südkorea (2018) und Kanada (2019) bei. Als EU verbundene Länder traten – ebenfalls in 2018 – Schweiz, Russland, Türkei bei – und das UK.
Besonderen Charme hat das Haager Abkommen, weil es im Gegensatz zu anderen internationalen Systemen zur Einreichung von Schutzrechten (wie z. B. im Madrider Markenabkommen) als Voraussetzung zu einer internationalen Designanmeldung keine Basisanmeldung des Designs in einem Vertragsstaat voraussetzt. Man kann also durch das Haager System auch für eine erstmalige Anmeldung eines Designs Schutz beanspruchen in beliebig vielen Vertragsstaaten.
Wird eine Designanmeldung über das Haager Abkommen geprüft?
Wird also ein Muster oder ein Modell über das Haager Abkommen beim WIPO angemeldet, teilt das WIPO die Designanmeldung für einen Vertragsstaat diesem Vertragsstaat automatisch mit. Das Zielland kann nun die Designanmeldung nach seiner nationalen Rechtsprechung bestätigen oder auch ablehnen. Das DPMA und auch das EUIPO (für Designanmeldung für die EU) prüfen allerdings nur im Blick auf formale Voraussetzung.
Die materiellen Schutzvoraussetzungen, die ein Design nach deutschem und auch Europäischem Designrecht erfüllen muss, nämlich Neuheit und Eigenart, werden jedoch nicht vom Amt geprüft und müssen bei Zweifeln in einem Nichtigkeitsverfahren angefochten werden.
Wichtig ist in diesem Kontext: seit 2014 und dem Inkrafttreten des DesignG kann die Neuheit und Eigenart einer Designanmeldung oder Designeintragung mit einem Nichtigkeitsverfahren vor dem DPMA angefochten werden (also noch vor einer gerichtlichen Instanz; dies ist wesentlich kostengünstiger).
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Quellen:
Meldung von gov.cn zur Erneuerung des Patentgesetzes
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