In einer Rechtsbeschwerde wegen Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gab der BGH mit dem Urteil Heizkörperdesign der Antragstellerin statt und führte damit die bisherige Rechtsprechung fort in Bezug auf rechtliches Gehör in Beschwerdeverfahren vor dem BPatG.
Ausgangsverfahren: Heizkörperdesign und seine Offenbarung
In der Sache des angefochtenes Verfahrens vor dem Bundespatentgericht ging es um ein Heizkörperdesign. Inhaberin ist die Mert Radiator GmbH (Deutschland), die das Design noch vor der Schutzrechtsanmeldung zur Produktion an die Firma T… in der Türkei weitergab und nach Deutschland liefern ließ. Gegen dieses Heizkörperdesign wurde von einer dritten Partei Nichtigkeitsklage erhoben: sowohl die Firma Mert Radiator als auch die Firma T hätten bereits vor dem Anmeldetag designgemäße Heizkörper an verschiedene Firmen geliefert – ein klarer Fall von Design Offenbarung noch vor der Neuheitsschonfrist, argumentierte die Klägerin.
Doch das BPatG hatte die Nichtigkeitsklage abgewiesen, mit interessanten Ausführungen zum § 5 DesignG – wir berichteten. Offenbarungshandlungen nur gegenüber zwei Firmen entfalteten nicht die für eine Offenbarung nach § 5 DesignG erforderliche Breitenwirkung, hatte das BPatG entschieden, und auf die Besonderheiten für Mitteilungen im Rahmen von Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Design Offenbarung hingewiesen.
BGH Entscheidung Heizkörperdesign: Anspruch auf rechtliches Gehör
Dies aber war nicht Thema der Rechtsbeschwerde der Klägerin vor dem BGH. Vielmehr machte die Klägerin geltend, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei in dem Verfahren vor dem BpatG verletzt worden (GG Art. 103 Abs. 1, § 23 Abs. 5 Satz 2 DesignG, § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG).
Eine erfolgreiche Beschwerde, das BGH gab der Klägerin Recht und führte in seiner Entscheidung die bisherige Rechtsprechung in Bezug auf den Anspruch auf rechtliches Gehör fort.
Wie auch schon in früherer wichtiger Fallentscheidung (z. B. BGH MetroLinien von 2013, I ZB 91/11) erläuterte der BGH nicht nur die Grundsätze aus Art. 103 Abs. 1 GG, sondern diese vor allem auch in Bezug auf Verfahren vor dem Bundespatentgericht, wenn dieses daran gehindert ist, seine Entscheidung allein aufgrund des Zeitablaufs seit der Beschwerdeeinlegung zu treffen.
Grundsatz: Anspruch auf rechtliches Gehör
Denn der Grundsatz zum rechtlichen Gehör ist klar: Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens stets die Gelegenheit, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass dieser Entscheidung zu äußern. Jedoch ist das Bundespatentgericht grundsätzlich nicht gehalten, den Beteiligten im schriftlichen Beschwerdeverfahren Äußerungsfristen zu setzen oder einen beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung mitzuteilen.
Immerhin in Bezug auf patentrechtliche Verfahren (Stichwort „Injunction gap“) wird sich dies mit Inkrafttreten des modernisierten Patentgesetztes dem BPatG seit August 2021 vermutlich ändern. Denn mit dem Patent Modernisierungsgesetz wurde über § 83 eine Frist neu eingeführt, innerhalb der das BPatG seinen Hinweisbeschluss an das Verletzungsgericht stellen muss: dies hat innerhalb von 6 Monaten zu geschehen. Und das BPatG erhält zudem die Befugnis, ein nach Fristablauf eingehendes Vorbringen der Parteien für den Hinweisbeschluss in Patentverfahren unberücksichtigt zu lassen.
Entscheidung Heizkörperdesign: angemessene Frist erforderlich
Doch zurück zum Design- und Markenrecht. Darin gilt laut BGH, das Gebot zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gebiete lediglich, dass für die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit besteht, sich im Sinne von § 78 Abs. 2 MarkenG zu dem Vorbringen der Gegenseite zu äußern. Allerdings, so erklärte der BGH in der Entscheidung Heizkörperdesign, ist dafür wiederum erforderlich, dass den Beteiligten eine angemessene Frist zur Verfügung steht, um zur Sache vortragen zu können.
Kompliziert wird die Sache bei Beschwerdeverfahren vor dem BPatG, da das Bundespatentgericht daran gehindert ist, seine Entscheidung allein aufgrund des Zeitablaufs seit der Beschwerdeeinlegung zu treffen, wenn der Beschwerdeführer darum gebeten hat, Gelegenheit zur Beschwerdebegründung zu erhalten und das Bundespatentgericht nach den Umständen dieser Bitte auch entsprechen will. In einem solchen Fall dürfe der Beschwerdeführer grundsätzlich davon ausgehen, entschied der BGH, dass er Gelegenheit haben wird, seine Beschwerde vor einer Entscheidung des Bundespatentgerichts zu begründen. Diesen Leitsatz aus der jetzigen Heizkörperdesign Entscheidung bezeichnete das BGH selbst als eine Fortführung der eigenen Rechtsprechung (BGH, GRUR-RR 2008, 457, 458 – Tramadol und BGH, GRUR 2013, 1276 Rn. 16 bis 18 – MetroLinien).
Einseitige Gespräche können leicht das Recht auf Gehör verletzen
Einmal mehr wies der BGH auch darauf hin, dass einseitige Gespräche (dies gilt vor allem auch für Telefongespräche) zwischen einem Beteiligten und einem Mitglied des Gerichts dann leicht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzten, wenn nicht alle Verfahrensbeteiligte von dem Gesprächsinhalt unterrichtet werden. So war es auch im Fall Heizkörperdesign.
Das Bundespatentgericht habe nicht auf die Bitte der Antragstellerin reagiert mitzuteilen, bis wann die Beschwerdebegründung eingereicht werden könne, machte die Klägerin und Antragstellerin geltend. Andererseits habe das BPatG die drei Anfragen der Designinhaberin beantwortet, ohne wiederum die Antragstellerin über die Anfragen und die Antworten des Bundespatentgerichts in Kenntnis zu setzen. Und das BPatG habe die Antragstellerin auch nicht darauf hingewiesen, dass es entscheiden werde, ohne auf die schriftsätzlich angekündigte Beschwerdebegründung zu warten.
Der BGH entschied daher, es liege ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren vor und gab der Rechtsbeschwerde der Klägerin statt (Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 23 Abs. 5 Satz 2 DesignG, § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Dies ist auch wichtig, um den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit zu beachten. Auf die Frage, ob die erhobene Rüge durchgreift, komme es im Übrigen für die Statthaftigkeit dieses Rechtsmittels nicht an, ergänzte der BGH.
Es könne zudem nicht ausgeschlossen werden, entschied der BGH, dass das Bundespatentgericht bei Berücksichtigung der von der Rechtsbeschwerde dargelegten Umstände zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, und also womöglich nicht entschieden hätte, Offenbarungshandlungen seitens der Firma T. außerhalb der Neuheitsschonfrist des § 6 Satz 1 DesignG seien nicht ersichtlich.
Daher wurde Entscheidung des BPatG vom 17.09.2020 – 30 W (pat) 802/18, mit dem die Nichtigkeitsklage gegen das Heizkörperdesign vom BGH abgewiesen wurde, aufgehoben und zur neuen Verhandlung an das BPatG zurückverwiesen.
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Quellen:
BGH Entscheidung Heizkörperdesign, I ZB 10/21
Bild:
Design Darstellung gemäß DPMA Register
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