Die Reform und Modernisierung des Patentrechts in Deutschland tritt endlich in Kraft: das zweite Patent Modernisierungsgesetz ist am 18. August 2021 in Kraft getreten. Wesentlich sind Ergänzungen in § 139 PatG und in § 145 PatG und die Straffung der Nichtigkeitsverfahren.
Das Patent Modernisierungsgesetz wurde langfristig vorbereitet und befand sich bereits 2020 in Regierungsabstimmung – wir berichteten. Am 18. August 2021 ist es endlich in Kraft getreten. Vor allem zwei Aspekte in der derzeitigen Praxis von Patentverletzungsverfahren soll das zweite Patent Modernisierungsgesetz verbessern:
Verhältnismäßigkeit von Unterlassungsansprüchen
Mit dem jetzigen In-Kraft-Treten des zweiten Patent Modernisierungsgesetz können Verhältnismäßigkeitserwägungen in Bezug auf Unterlassungsansprüche in Patentstreitigkeiten berücksichtigt werden. Dafür wurde der bisherige § 139 PatG um die Erklärung ergänzt, dass der Unterlassungsanspruch ausnahmsweise beschränkt werden kann, wenn die Inanspruchnahme auf Unterlassung aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte für den Verletzer oder Dritte führen würde.
Analog wurde ein gleicher Passus auch für Gebrauchsmuster als Gesetz gefasst, als Änderung des § 24 Gebrauchsmustergesetz.
In Bezug auf die praktische Umsetzung dieser gesetzlichen Neuerung bleiben mit Spannung die nächsten Urteile abzuwarten. Denn bisher wurde eine Beschränkung des Unterlassungsanspruchs von deutschen Gerichten als absolute Ausnahme gesehen. Und auch im nun erneuerten § 139 PatG heißt es, eine Beschränkung des Unterlassungsanspruchs könne „ausnahmsweise“ beschlossen werden. Ob sich dies wirklich von der bisherigen Rechtsprechung unterscheidet, wird höchstrichtlich zu entscheiden sein.
Beendigung des Injunction Gap?
Seit Jahren wird – vor allem in der Pharmaindustrie – erwartet, den sogenannten „Injunction Gap“ in Deutschland zwischen Patentverletzungs- und Nichtigkeitsverfahren möglichst zu beenden. Damit gemeint ist die mitunter sehr lange Zeit von Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht (BPatG), da bisher das Gericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmte, und dies taktisch in die Länge gezogen werden konnte.
In dem mit dem Patent Modernisierungsgesetz § 83 PatG wird daher eine Frist eingeführt, in der das BPatG seinen Hinweisbeschluss an das Verletzungsgericht stellen muss: dies hat innerhalb von 6 Monaten zu geschehen. Das Bundespatentgericht erhält außerdem die Befugnis, ein nach Fristablauf eingehendes Vorbringen der Parteien für den Hinweisbeschluss unberücksichtigt zu lassen.
Widerruf und Weiterbehandlung ergänzender Schutzzertifikate
Außerdem setzt das Patent Modernisierungsgesetz den Widerruf und Weiterbehandlung ergänzender Schutzzertifikate gesetzlich fest, wie dies auch bisher schon in der Praxis gehandhabt wurde: ergänzende Schutzzertifikate können auf Antrag des Inhabers nach § 64 PatG widerrufen werden und das verfahrensrechtliche Institut der Weiterbehandlung (§ 123a PatG) gilt auch für ergänzende Schutzzertifikate (§ 16a Absatz 2 PatG).
Geschäftsgeheimnis im Gerichtsverfahren: neuer § 145a PatG
Schließlich wurde dem Patent Modernisierungsgesetz noch der zweite Satz des neuen § 145a PatG hinzugefügt, demnach sämtliche ins Verfahren eingeführten Informationen als Geschäftsgeheimnisse eingestuft werden können. Zwar sieht der § 145a PatG auch Ausnahmen vor (und zwar selbstständige Beweisverfahren und Zwangslizenzverfahren), aber man kann davon ausgehen, dass vor allem in selbstständigen Beweisverfahren die Gegnerpartei keinen automatischen Zugang zu allen Informationen erhält, die im Rahmen der Besichtigung beim Beklagten erlangt wurden.
Quellen:
Bundesgesetzblatt vom 17. August 2021
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