Geringerer Gewinn oder geringere Ersparnis aus der Nutzung einer Diensterfindung: was passiert dann? Darf der Arbeitgeber daraufhin eine geringere Vergütung im folgenden Jahr zahlen, kommt es also zur Verrechnung oder gar zur Rückzahlung der Vergütung?
Die Vergütung einer Diensterfindung wird in der Regel jährlich gezahlt und in der Regel bis zum Ende der Patentlaufzeit auf die Diensterfindung. Doch was passiert, wenn der Arbeitgeber im Rückblick auf das vergangene Geschäftsjahr geringen Gewinn oder geringere Ersparnis aus der Erfindung gewinnen konnte, als für die Grundlage der Vergütung angenommen? Darf er eine geringe Vergütung im laufenden Jahr zahlen, kommt es also zur Verrechnung oder gar zur Rückzahlung der Vergütung?
In einem Fall, der 2017 von der Schiedsstelle entschieden wurde, wurde über diese Sachlage verhandelt. Für eine Erfindung im Chemiebereich von 2003 bestand seit 2008 eine geschlossene Vergütungsvereinbarung über die Diensterfindung, die die Ermittlung des Erfindungswerts auf Grundlage der erfassbaren Ersparnisse vorsah.
Dann aber stellte der Arbeitgeber 2013 bei der Überprüfung der jährlichen Ersparnis durch die Erfindung für das Jahr 2012 fest, dass die Ersparnis nicht wie ursprünglich angenommen 777.596 €, sondern nur 707.630,55 € betragen hatte. Diese Differenz verrechnete der nun bei den Ersparnissen für 2013, entsprechend wurde 2013 eine geringere Vergütung ausgezahlt – begründet durch das wirtschaftliche Ergebnis von 2012.
War dies eine Rückzahlung einer bereits geleisteten Vergütung oder eine berechtigte Verrechnung der Vergütung einer Diensterfindung?
Verbot einer Rückzahlung: § 12 Abs. 6 ArbEG
Die Rechtslage dazu ist eindeutig, aber nur im Detail richtig zu erfassen. Gesetzlich geregelt ist die Frage einer Rückzahlung einer bereits geleisteten Vergütung ausschließlich in § 12 Abs. 6 ArbEG. Demnach besteht das Verbot einer Rückzahlung und eben darauf berief sich der Erfinder, die Rückzahlung einer bereits geleisteten Vergütung dürfe nicht verlangt werden. Allerdings vergeblich, der Arbeitgeber hatte im vorliegenden Fall das Recht zur Verrechnung, entschied die Schiedsstelle.
Denn der § 12 Abs. 6 ArbEG und das damit zugesicherte Verbot einer Rückzahlung der Vergütung gilt nur für eine Vergütungsanpassung aufgrund nachträglich wesentlich geänderter Umstände- das aber sei vorliegend nicht der Fall, urteilte die Schiedsstelle. Entscheidend war, dass der Vertrag zur Vergütung der Erfindung die Ermittlung des Erfindungswerts auf Grundlage der erfassbaren Ersparnisse vorsah.
Denn vor allem hatte der Antragsteller einen Teil der Vergütung für das Jahr 2012 nicht rechtmäßig erhalten, da die auf Grundlage der Vergütungsvereinbarung der Abrechnung zu Grunde gelegten Ersparnisse tatsächlich nicht erzielt worden waren. In einem Fall des § 12 Abs. 6 ArbEG müsste der Arbeitnehmer jedoch bis zur Änderung der Vergütungsregelung die erhaltene Vergütung stets rechtmäßig erhalten, anders als im vorliegenden Fall.
Es handelte sich daher bei der Verrechnung der Vergütung für das Folgejahr um keine Rückzahlungsforderung von bereits in der Vergangenheit bezahlter Vergütung, sondern lediglich um die folgende Vergütungszahlung aus ein und derselben Diensterfindung, die um den Ermittlungsfehler zurecht gekürzt wurde, urteilte die Schiedsstelle.
Anders könnte man eine solche Verrechnung nur dann einordnen, wenn voneinander unabhängige Vergütungsansprüche aus verschiedenen Diensterfindungen miteinander verrechnet würden, ergänzte die Schiedsstelle. Dies aber war hier nicht der Fall.
Diensterfindung im Äquivalenz Bereich genutzt
Der Fall wies zudem die Besonderheit auf, dass die Erfindung in einem Katalysator zum Einsatz kam für zunächst 138 Produkte. 2012 änderte der Arbeitgeber die Produktion und setzte in 75 von den 138 Produkten einen anderen Katalysator ein, der wiederum zum Betriebsgeheimnis erklärt wurde.
Dadurch kam es zu einer Neuberechnung der Erfindungsvergütung für das Jahr 2012 mit einer verringerten Vergütung des Erfinders. Aufgrund dessen Einwand gegen diese Neuberechnung war es zur der Überprüfung der Ersparnis im Jahr 2012 gekommen, die dann zu der nochmals verringerten Vergütung in 2013 durch die Verrechnung mit dem Vorjahr führte.
Der Erfinder wandte sich daher nicht nur gegen diese Verrechnung, sondern machte zudem geltend, seine Diensterfindung sei auch bezogen auf den Einsatz des anderen – unter Betriebsgeheimnis stehenden – Katalysators zu vergüten, hier handele es sich um einen Einsatz im Äquivalenz Bereich.
In der Tat ist dies ein rechtlich sehr interessanter Aspekt in diesem Fall, den die Ausführungen der Schiedsstelle jedoch nicht aufgreifen. Nur so viel sei an dieser Stelle gesagt: die Deutsche Rechtsprechung legt recht strenge Maßstäbe an für die äquivalente Patentverletzung, dies belegen mehrere richtungsweisende Urteile des BGH der letzten Jahre.
Gleichwohl würde eine nachgewiesene Nutzung der Diensterfindung mit äquivalenten Mitteln zu Verfügungsansprüchen führen. Diese jedoch nachzuweisen, ist die eigentliche Hürde für Diensterfinder. Eine wortsinngemäße oder äquivalente Anwendung des Verfahrens ist gemäß den Merkmalen des Patentanspruchs oder aber die Annahme unmittelbarer Verfahrensprodukte nachzuweisen, urteilte bereits 2007 das OLG Düsseldorf (I-2 U 41/06).
Lesen Sie in diesem Kontext auch gerne folgenden Beitrag: Äquivalenz Urteil des BGH: „Gleichwirkendes Mittel“
Fazit:
In einem weiteren Aspekt in dem von uns hier beschriebenen Fall wurde auch über die Anfechtungserklärung debattiert. Wann liegt eine rechtliche Wertung vor, was ist erforderlich für eine rechtlich gültige Anfechtungserklärung nach § 143 BGB? Kurz gesagt: die Erklärung muss eindeutig zu erkennen geben, dass die angefochtene rechtliche Vereinbarung als Ganzes keinen Bestand mehr haben soll.
Oder wollte der Erfinder sogar einen Erklärungsirrtums nach § 119 BGB geltend machen?
Die Schiedsstelle anerkannte jedenfalls nicht die beabsichtigte Anfechtungserklärung. Es bleibt daher unsere Empfehlung: wenden Sie sich an einen im Arbeitnehmererfindungsgesetz erfahrenen Patentanwalt bei Fragen zu einer Diensterfindung. Denn die Details im ArbEG können über große Vergütungszahlungen entscheiden.
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Quellen:
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