Bei Vergütungsansprüchen nach ArbEG ist kein Leistungszeitpunkt bestimmt. Vergütungsschuld im Verzug ist daher nicht in Fristen bestimmbar. Und beim Verkauf erfindungsgemäßer Produkte wird die Arbeitnehmererfindung ohnehin erst zeitversetzt fällig.
Das für alle Diensterfindungen geltende Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG) regelt die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen in § 9. Eine Vergütung an den Arbeitnehmererfinder ist demnach vom Arbeitgeber zu zahlen, sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung in Anspruch genommen hat. Dies wurde auch durch das Urteil „Gummielastische Masse II“ des BGH (Az.: X ZR 152/03) bereits 2005 bestätigt.
Wann genau das der Fall ist, lässt sich jedoch nicht allgemein sagen. Denn nach Ansicht der Schiedsstelle ist bei Vergütungsansprüchen kein Leistungszeitpunkt gemäß § 9 ArbEG festgelegt, dieser werde durch die Umstände bestimmt.
Diese Entscheidung wurde im Rahmen einer umfangreichen Streitigkeit um Vergütungsansprüche für eine innerbetrieblich genutzte Diensterfindung getroffen. Die Schiedsstelle selbst wies darauf hin, dass sie für die Bewertung einer Vergütungsschuld durch Vergütung im Verzug nicht zuständig sei, weil Verzinsungsansprüche aus Verzug ausschließlich im BGB ihre Grundlage haben (§ 288 BGB). Doch um zum Rechtsfrieden beizutragen, erläuterte die Schiedsstelle ihre Auffassung zum Verzug bei Vergütungsschuld bei Arbeitnehmererfindungen.
Vergütung dem Grunde nach in der Höhe „0“
Zwar ist ein Arbeitgeber durch § 9 (1) ArbEG gehalten, die Vergütung einer Diensterfindung zu zahlen, sobald er diese in Anspruch nimmt. Da aber eine Vergütung der Diensterfindung nur für tatsächlich erreichte Gewinne des Arbeitgebers gezahlt werden muss, beträgt die Vergütung bei Inanspruchnahme der Erfindung grundsätzlich zunächst die Höhe „0“. Erst durch Verkauf, Lizenzerteilung oder die Herstellung und den Vertrieb von erfindungsgemäßen Produkten entsteht ein Erfindungswert, der dann konkret durch den Arbeitgeber zu vergüten ist.
Daher eigne sich die Inanspruchnahme nicht als Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Leistungszeitpunkts i.S.v. § 271 Abs. 2 BGB, erläuterte die Schiedsstelle. Der korrekte Leistungszeitpunkt sei vielmehr nach § 271 Abs. 1 BGB aus den Umständen zu gewinnen, die mit der Bestimmung der Höhe der Vergütung zusammenhängen.
Der Sachverhalt
Die beiden Antragsteller waren als Projektleiter in dem Unternehmen des Arbeitgebers tätig, das eines der weltgrößten Hersteller für die hergestellten Produkte ist. Im April 2005 schloss der Arbeitgeber einen zusätzlichen Entwicklungsvertrag mit der „P-GmbH“, denn es war zur Herstellung erforderlich, entsprechende Daten in gescannter und digitalisierter Form zu erhalten. Aus diesem Entwicklungsprojekt ging die Erfindung hervor (ein Verfahren zur Formerfassung eines Gegenstands mittels Matrix-Kameras), für die Patentschutz erteilt wurde und die Gegenstand der vorliegenden Vergütungsstreitigkeiten ist. Denn von 2006 bis 2013 wurden erfindungsgemäße Produkte vertrieben. Erfinder sind beiden Antragsteller, ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter des Arbeitgebers und der Geschäftsführer der „P GmbH“. Arbeitgeber und die beiden Antragsteller waren sich über die Höhe der Vergütung für die Erfindung uneinig.
Der Arbeitgeber habe die Diensterfindung unstreitig in von ihm vertriebenen Produkten benutzt, erläuterte die Schiedsstelle. Anders als bei einer Lizenzerteilung oder einem Verkauf der Diensterfindung erhalte ein Arbeitgeber bei einer solchen Eigennutzung keine unmittelbaren Zahlungen. Deshalb müsse zur Festlegung des Erfindungswerts zunächst ermittelt werden, welche geldwerten Vorteile der Antragsgegnerin durch die tatsächliche Benutzung der Diensterfindung zugeflossen sind, erklärte die Schiedsstelle.
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Höhe der Vergütung analog zu geldwertem Vorteil
Für die Höhe der Vergütung ist gemäß § 9 Abs. 2 ArbEG die wirtschaftliche Verwertbarkeit maßgeblich, also der aus der Diensterfindung zugeflossene geldwerte Vorteil für den Arbeitgeber. Im vorliegenden Fall liegt dieser geldwerte Vorteil in der Benutzung der technischen Lehre bei der Produktion der erfindungsgemäßen Produkte.
Üblicherweise wird daher bei einer innerbetrieblichen Nutzung einer Diensterfindung als Erfindungswert der Preis zugrunde gelegt, den der Arbeitgeber einem freien Erfinder auf dem Markt im Rahmen eines Lizenzvertrages zahlen würde.
Da jedoch Lizenzgebühren in der Regel auf einen bestimmten Prozentanteil am Produktumsatz ausgerichtet sind, entstehen sie erst mit jedem verkauften Produkt, führte die Schiedsstelle aus. Eine Abrechnung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Produktverkauf sei dabei nicht praktikabel. Auch bei Lizenzverträgen mit freien Erfindern sei eine spätere Abrechnung üblich. Die Arbeitnehmererfindervergütung werde daher ebenfalls nachschüssig fällig nach § 271 Abs. 1 BGB, entschied die Schiedsstelle.
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Quellen:
Entscheidung der Schiedsstelle Arb.Erf. 27/16
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