Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf aus dem Justizministerium beschlossen zur Stärkung des fairen Wettbewerbs. Das gestern beschlossene Gesetz soll den Missbrauch durch Abmahnungen eindämmen. Zudem sieht der Gesetzentwurf eine Reparaturklausel im Automobilbereich vor.
Das Bundeskabinett hat gestern einen Gesetzentwurf beschlossen, der den Missbrauch durch Abmahnungen eindämmen soll. Das entsprechende Gesetz wurde als Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs entworfen.
Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verkomplizierte die Fertigstellung dieses Gesetzentwurfs. Denn es war fraglich, ob auch Abmahnungen wegen Verstößen gegen die DSGVO in den Entwurf aufgenommen werden sollte. Vorgestern meldeten jedoch die Süddeutsche Zeitung und das Handelsblatt, dass die wirtschaftlichen Interessen in dem Gesetz berücksichtigt würden. Denn laut dem Gesetzentwurf, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte, sollen Selbstständige und kleine Unternehmen nicht mehr kostenpflichtig abgemahnt werden dürfen, falls sie den Informationspflichten nicht im Detail nachkommen. „Wegen Kleinigkeiten soll niemand mehr abkassiert werden„, beschreibt die Süddeutsche Zeitung die Intention von Justizministerin Katharina Barley. Zwar sollen Wettbewerber nach wie vor aus Datenschutzgründen abmahnen dürfen – sie müssten es aber gut begründen.
Anforderungen an urheberrechtliche Ansprüche steigen
Insgesamt wurden die Anforderungen erhöht, urheberrechtliche Ansprüche geltend machen zu können, meldeten gestern die Presseagenturen. Wirtschaftsverbände dürfen nach dem beschlossenen Gesetz nur noch abmahnen, wenn sie vom Bundesamt für Justiz überprüft worden und dort legitimiert wurden als klagebefugt.
Mögliche Strafen bei unerheblichen Verstößen sollen begrenzt werden. Außerdem müssen Verbände, die abmahnen wollen, mindestens 75 Mitglieder haben und seit einem Jahr im Vereinsregister stehen.
Mit dem Gesetz ergänzt die Bundesregierung das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Streitwert und Strafen bei unerheblichen Verstößen sollen auf 1000 Euro begrenzt werden, berichtete die Süddeutsche Zeitung.
Auch sollen Abmahner sich künftig nicht mehr selbst ein Gericht aussuchen dürfen, bei dem sie dort überdurchschnittlich oft Recht bekommen haben. Zudem wählen auf Abmahnungen spezialisierte unseriöse Anwälte oder Organisation gerne auch ein für den Abgemahnten sehr weit entferntes Gericht aus.
Reparaturklausel im Automobilbereich soll eingeführt werden
Besonders interessant ist aber auch der Passus im Gesetzentwurf, der vereinfachte Möglichkeiten zur Geltendmachung von Gegenansprüchen vorsieht. Zur Stärkung des Wettbewerbs bei formgebundenen Ersatzteilen komplexer Erzeugnisse wie zum Beispiel Automobilen soll eine Reparaturklausel eingeführt werden, die das Designrecht bei sichtbaren Ersatzteilen für Reparaturzwecke einschränkt und damit den Markt öffnet. Speziell die Gesetzgebung zur Reparaturklausel hatte in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erregt.
Vertragsstrafe nur noch in angemessener Höhe
Von besonderer Brisanz ist auch der Absatz 4 des Gesetzentwurfs. Denn das Gesetz sieht vor, den Abgemahnten vor einer Forderung nach einer
unangemessen hohen Vertragsstrafe zu schützen. Nach bisheriger Rechtslage war eine vereinbarte Vertragsstrafe wirksam, auch wenn sie
unangemessen hoch war, und der Schuldner konnte wegen § 348 HGB keine gerichtliche Herabsetzung beantragen. Nun aber soll der Abgemahnte lediglich eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe zu zahlen haben. Dieses Vorhaben laut dem vorliegenden Gesetzentwurf dürfte die Diskussion um unangemessen hohe Strafen vor allem im Patentrecht beflügeln.
DSVGO beschleunigte das politische Handeln
Missbräuchliche Abmahnungen sind ein Ärgernis für die Wirtschaft und auch für die Verbraucher. Die Bundesregierung hatte daher im Koalitionsvertrag vereinbart, gesetzgeberisch dagegen vorzugehen. Beschleunigt wurde dies durch die DSVGO: sollte nunmehr ein kleiner Fehler im Impressum zu sofortigen Vertragsstrafen führen?
Schon seit 2018 war es daher politisch gewollt, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Rechtsklarheit bezüglich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und einer damit möglicherweise verbundenen missbräuchlichen Abmahnwelle zu schaffen. Dies ist mit dem gestrigen Kabinettsbeschluss geschehen. Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass durch die Reduzierung missbräuchlicher Abmahnungen im Wettbewerbsrecht um 50 Prozent die Wirtschaft voraussichtlich um 8 600 000 Euro jährlich entlastet wird.
In diesem Zusammenhang möglicherweise auch von Interesse:
- Reparaturklausel 2017 vor dem EuGH: Acacia vs. Audi und Porsche
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Quelle:
Gesetzentwurf zur Stärkung des fairen Wettbewerbs
Bild:
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