Ein Abgemahnter kann eine vermutete Wiederholungsgefahr durch eine ernsthafte Unterlassungserklärung beseitigen, urteilte der OLG Schleswig in Auslegung des § 13 UWG. Im Fall von § 13a Abs. 2 UWG n. F. ist eine einfache Unterlassungserklärung ausreichend – ohne Vertragsstrafeversprechen.
Schafft § 13 UWG außergerichtliche Streitschlichtung ab?
Es ging in diesem interessanten Fall vor dem OLG Schleswig (OLG Schleswig 6 W 5/21) um nicht weniger als die Frage, ob § 13 UWG die Möglichkeit zur außergerichtlichen Streitschlichtung abschafft.
Erinnern wir uns kurz: nach bisheriger Rechtsprechung (auch des BGH) musste ein Abgemahnter nicht nur eine Unterlassungserklärung abgeben, sondern auch das Versprechen der Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall eine künftigen Wiederholung der Zuwiderhandlung. Und weil ein Verletzer dies wusste, zeigte ein Verletzer mit der Verweigerung des Vertragsstrafeversprechen, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr bestand (siehe Bornkamm a. a. O. Rn. 1.44 m. w. N.).
Doch seit Dezember 2020 ist das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ in Kraft – wir berichteten. Erklärtes Ziel ist die Eindämmung von missbräuchlichen Abmahnungen und die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands für Rechtsverstöße im Internet.
Der Sachverhalt
Auf das neue UWG bezog sich der Abgemahnte im vorliegenden Fall, der vor dem OLG Schleswig entschieden wurde. In der Sache ging es um das Angebot einer Lotion auf eBay, bei dem die Angabe eines volumenbezogenen Grundpreises und auch ein vollständiger Hinweis auf das Widerrufsrecht fehlte. Daher erfolgte im Januar 2021 die Abmahnung mit Aufforderung zur Unterlassungsklärung. Im Februar gab der Abgemahnte gegenüber dem Antragsteller eine Unterlassungserklärung ab – wegen der fehlerhaften Widerrufsbelehrung und der fehlenden Grundpreisangabe jedoch ausdrücklich ohne Vertragsstrafeversprechen, unter Hinweis auf § 13a Abs. 1, 2 UWG. Nur im Hinblick auf die fehlende Registrierung nach § 24 VerpackG gab er ein auch Vertragsstrafeversprechen.
Daraufhin beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen der fehlenden Angabe des Grundpreises und der unvollständigen Belehrung über das Widerrufsrecht. Doch die Zivilkammer – die Kammer für Handelssachen III – wies den Antrag zurück. Die vermutete Wiederholungsgefahr sei durch die Unterlassungserklärung beseitigt worden, auch ohne Vertragsstrafeversprechen. Wenn – wie hier – die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach § 13a Abs. 2 UWG n.F. ausgeschlossen sei, widerspreche es dem Sinn und Zweck von § 13 Abs. 1 UWG n. F., wenn der Abgemahnte keine Möglichkeit hätte, die vermutete Wiederholungsgefahr durch eine ernsthafte Unterlassungserklärung zu beseitigen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsstellers; der Gesetzgeber habe mit dem § 13 UWG lediglich Abmahnungen zur Generierung von Aufwendungsersatzansprüchen oder Vertragsstrafen verhindern wollen. Es sei dem Gesetzgeber bewusst gewesen, dass er mit der von ihm gewählten gesetzgeberischen Lösung eine Möglichkeit zur außergerichtlichen Streitschlichtung abschaffe. Diese Beschwerde legte das Landgericht dem OLG zur Entscheidung vor.
OLG Schleswig wies die Beschwerde zurück
Das OLG Schleswig wies die Beschwerde vollständig zurück, der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung sei zurecht zurückgewiesen worden. Es fehle vorliegend an der für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG erforderlichen Wiederholungsgefahr, die im Übrigen stets ernsthaft und greifbar sein muss, entschied das OLG.
Unter den in § 13a Abs. 2 UWG n. F. genannten Voraussetzungen, die hier unzweifelhaft vorliegen, ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausgeschlossen.
Keine grundsätzliche Abschaffung von Vertragsstrafeversprechen
Das OLG Schleswig betonte jedoch, dies sei keine grundsätzliche Abschaffung der außergerichtlichen Streitbeilegung und strafbewehrter Unterlassungserklärung. Auch der Gesetzgeber habe an dem System der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung grundsätzlich festgehalten (§ 13 Abs. 1 UWG n. F.). Allerdings, erläuterte das OLG, habe er dieses Recht der Abmahnung und Unterwerfung einer vorsichtigen Umgestaltung unterworfen. Insbesondere werde die in § 13 Abs. 1 UWG n. F. genannte „angemessene Vertragsstrafe“ erstmals durch die Regelungen in § 13 a UWG n. F. konkretisiert.
Demnach sei die Regelung in § 13 Abs. 1 UWG in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG n. F. so zu verstehen, dass der Gläubiger den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben soll, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung beizulegen.
Eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen genügt daher bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 13a Abs. 2 UWG n. F. zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr, entschied das OLG Schleswig.
Rechtsvertretung vor Gericht gesucht?
Unsere Anwälte verfügen über langjährige Expertise im Patent- und Markenrecht sowie im gesamten Gewerblichen Rechtsschutz. Wir sind berechtigt, Sie vor jedem Amt und Gericht zu vertreten – in Deutschland und auch international.
Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt auf.
Quellen:
Bild:
geralt | pixabay | CCO License
Schreiben Sie einen Kommentar