Eine der Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Verfügung ist das Vorliegen von Dringlichkeit. Das OLG Braunschweig urteilte jetzt in so einem Fall: Kein Aufleben der Dringlichkeit bei Wiederholung von Äußerungen im Internet. Zudem präzisierte das Gericht die Fristen für Dringlichkeit gemäß Rechtsprechung.
In dem Fall vor dem OLG Braunschweig ging es um die Unterlassung vermeintlich ehrenverletzender Äußerungen. Mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung wollte die Antragstellerin bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) mit Erlass einer einstweiligen Verfügung dem Antragsgegner untersagen lassen, die fünf Äußerungen zu verbreiten. Zudem wollte sie dem Antragsgegner insgesamt untersagen lassen, sich auf eine streitgegenständlichen Internetseite über sie zu äußern.
Doch der Antrag wurde abgelehnt – weil die Dringlichkeit fehlte, der sogenannte Verfügungsgrund.
Dringlichkeit – nach UWG und nach MarkenG
Dringlichkeit ist quasi per se gegeben beim Erlass einer einstweiligen Verfügung, denn es gehört zu den allgemeinen Voraussetzungen an den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass die Angelegenheit dringlich ist (der sogenannte Verfügungsgrund). Liegt keine Dringlichkeit vor, wird das Gericht Rechteinhaber*innen auf ein Klageverfahren verweisen, welches unter Umständen Jahre dauert.
Dazu muss man wissen: Nach Wettbewerbsrecht (UWG) reicht bereits die Vermutung der Dringlichkeit als Verfügungsgrund aus (§ 12 Absatz 2 UWG), nach Markenrecht jedoch nicht. Entsprechend kann nach UWG eine generelle Eilbedürftigkeit geltend gemacht werden für den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dagegen muss die Dringlichkeit in Markenangelegenheiten durch einen umfassenden Tatsachenvortrag begründet werden.
Dringlichkeit kann widerlegt sein
Per se liegt allerdings keine Dringlichkeit vor, wenn die Verletzungshandlung zwischenzeitlich beendet wurde.
Ebenso kann auch das Verhalten des Antragstellers die Dringlichkeit widerlegen. Insbesondere entfällt die Dringlichkeit laut BGH Entscheidung von 1999 (I ZB 7/99 ) dadurch, dass mit der Rechtsverfolgung zu lange gewartet wird.
Das aber war vorliegend der Fall, denn der Antragsgegner hatte die streitgegenständlichen Äußerungen bereits etwa neun Monate, bevor der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt wurde, getätigt.
Das OLG Braunschweig ließ dabei offen, ob eine Monatsfrist zwischen Kenntnis vom Verstoß und Antragstellung bei einstweiligen Verfügungen zu Grunde zu legen ist (so geschehen im Urteil von 2018, OLG Nürnberg (3 W 2064/18)). Ebenso wenig wollte sich das Gericht zu den Urteilen des OLG Stuttgart (2010, 4 U 106/10) und des Hanseatisches OLG (2019 – 3 U 105/18) äußern, demnach aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände noch Fristen von 6 bis 8 Wochen dringlichkeitsunschädlich sein können.
Neun Monate sind auf jeden Fall zu lange, nach Ablauf mehrerer Wochen nach Kenntnisnahme von der Rechtsverletzung sei Dringlichkeit nicht mehr gegeben, entschied das OLG Braunschweig, da die Betroffene durch ihre Untätigkeit manifestiert, dass sie die Angelegenheit nicht für eilbedürftig hält.
Kein Aufleben der Dringlichkeit bei Wiederholung im Internet
Im vorliegenden Fall hatte der Antragsgegner die ihm vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin übersandte Unterlassungserklärung auf der streitgegenständlichen Internetseite veröffentlicht und die Äußerungen damit wiederholt. Dies aber bewirkt kein Aufleben der Dringlichkeit, urteilte das OLG Braunschweig. Denn durch diese Veröffentlichung realisierte sich die bereits seit Monaten bestehende konkrete Gefahr der jederzeitigen Wiederholung, deren Beseitigung die Antragstellerin während des Ablaufs von mehr als neun Monaten nicht für dringlich erachtet hatte.
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