In seinem Urteil „Vorsicht Falle“ hat der BGH mit einer Leitsatzentscheidung zum Wettbewerbsrecht (UWG) entschieden. Ist die Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber erwirkten Urteils über unlautere Geschäftsmethoden erlaubt – oder ist dies eine unlautere Herabsetzung?
„Vorsicht Falle“ – der Sachverhalt
Der Beklagte hatte sich seit 2013 gegen die Geschäftsmethode des Klägers gewandt, der sich mit der Gewinnung von Anzeigenkunden für seine Publikationen befasst, unter anderem auch mit einem Auftritt unter der Firma „POLIZEI-aktuell“ in Werbeanrufen und Werbung für Anzeigenaufträge unter der Bezeichnung „Redaktion POLIZEI-aktuell“. Der Beklagte erwirkte im September 2013 eine Verurteilung durch das LG Bochum, mit dem die Klägerin diese Geschäftspraktik zu unterlassen habe.
2018 dann informierte der Beklagte auf seiner Homepage über diese Geschäftspraktik. Unter dem Menüpunkt „Vorsicht Falle“ und der dortigen Rubrik „Anzeigenvermittlung“ warnte der Beklagte vor unlauteren Methoden von unseriösen Verlagen bei der Anzeigenwerbung – und veröffentlichte u. a. darin auch das gegen die Klägerin erwirkte Urteil des LG Bochum.
Die Klägerin sieht in ihrer namentlichen Nennung im Zusammenhang mit der Wiedergabe des Urteilstenors eine unlautere Herabsetzung.
Veröffentlichung des Urteils erlaubt – oder unlautere Herabsetzung?
Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Art und Weise der Urteilsveröffentlichung auf der Internetseite des Beklagten in ihrem Gesamtzusammenhang nicht zu einer unlauteren Herabsetzung der Klägerin führt, entschied der BGH.
Die Revision machte erfolglos geltend, durch die namentliche Nennung der Klägerin werde sie in Zusammenhang mit weiteren im Textbeitrag angeführten Wettbewerbsverstößen gebracht, die sie nicht zu verantworten habe. Das Berufungsgericht und auch der BGH stellten stattdessen fest, der Verkehr erkenne anhand der Auflistung im Urteilstenor, welche konkreten unlauteren Handlungen die Klägerin begangen habe, und beziehe daher nicht sämtliche im Textbeitrag als unlauter angeführte Werbemethoden auf diese.
Wenn die angesprochenen Verkehrskreise ein schutzwürdiges Interesse an der Information über die untersagten unlauteren Geschäftsmethoden des Mitbewerbers haben, kann ein hinreichender Anlass für die Veröffentlichung eines gegen einen Mitbewerber erwirkten Urteils unter seiner namentlichen Nennung bestehen, urteilte der BGH als Leitsatzentscheidung – insbesondere um eine Aufklärung zu erreichen, um sonst drohende Nachteile bei geschäftlichen Entscheidungen von den Verkehrskreisen abzuwenden.
Namentliche Nennung erlaubt
Der BGH ergänzte, dass die namentliche Nennung der Klägerin im Zusammenhang mit den gerichtlich untersagten Wettbewerbshandlungen nicht zu einer unzulässigen Anprangerung führe. Etwaige Bedenken der potentiellen Anzeigenkunden hinsichtlich der geschäftlichen Seriosität der Klägerin beruhen auf den von ihr in der Vergangenheit angewandten und im Unterlassungstenor angeführten unlauteren Geschäftspraktiken, betonte das Gericht. Für den gewerblichen Anzeigenkunden sei es von Interesse, ob der Anbieter seine Marktstellung durch ein unseriöses Geschäftsgebaren in der Vergangenheit erreicht hat.
Die Klägerin hat die Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Ansehens hinzunehmen, machte der BGH deutlich, weil bei Abwägung der sich gegenüberstehenden Belange das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG geschützte Interesse der Klägerin an der Wahrung ihres Ansehens als Wirtschaftsunternehmen hinter dem durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit zurücktritt. Das Gericht betonte in diesem Zusammenhang, dass die Veröffentlichung des gegen die Klägerin ergangenen Urteils hat wahre Tatsachen zum Gegenstand habe – und wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 – I ZR 75/13, GRUR 2014, 904 Rn. 23 = WRP 2014, 1067 – Aufruf zur Kontokündigung; BGHZ 206, 289 Rn. 31; BGH, Urteil vom 18. Juni 2019 – VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196 Rn. 21).
Zwar diene die beanstandete Veröffentlichung der Gewinnung eigener Kunden der Beklagten, aber zugleich bedient diese Veröffentlichung ein anhaltendes Informationsinteresse der gewerblichen Anzeigenkunden.
Die Revision der Klägerin wurde daher vom BGH zurückgewiesen und das Urteil des Berufungsgerichts (OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.08.2020 – I-20 U 58/19) bestätigt.
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Quellen:
BGH „Vorsicht Falle“, UWG § 4, I ZR 167/20
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