Das BVerfG lehnte zwar den Ausgangsfall ab, entschied aber dennoch wichtig für das Wettbewerbsrecht: die Prozessuale Waffengleichheit gilt auch im UWG. Ob dies auch für das Kennzeichenrecht gilt, ließ das BVerfG offen.
Im Mittelpunkt des Falls stand eine Dienstleistung im Dentalbereich, und zwar ein Abdruckset, um einen Abdruck des Gebisses zu nehmen. Durch einen Testkauf stellte die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens ein mutmaßliches Fehlverhalten der Beschwerdeführerin fest und mahnte diese unter anderem wegen vorgeblich fehlender Kennzeichnung mit „CE“-Kennzeichen ab. Zusätzlich erhob die Antragstellerin Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 8, 3, 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 9 Abs. 3, § 10 Abs. 2 und Abs. 4 MPG.
Die Beschwerdeführerin widersprach, und im weiteren Verlauf des Verfahrens erwirkte die Antragstellerin einen Erlass der angegriffenen einstweiligen Verfügung. Die Beschwerdeführerin wurde jedoch vor Erlass der angegriffenen Entscheidung nicht an dem gerichtlichen Verfahren beteiligt. Aus diesem Grund wurde eine Beschwerde vor dem Verfassungsgericht erhoben.
Der Fall berührte insofern sowohl das Urheberrecht als auch die Vorschriften des Medizinproduktegesetz.
Bundesverfassungsgericht nahm den Fall nicht an
Das Verfassungsgericht nahm den Fall zwar gar nicht zur Entscheidung an, weil er keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung habe. Eine wichtige Entscheidung traf das Gericht dennoch.
Die Maßstäbe zur prozessualen Waffengleichheit und des rechtlichen Gehörs im zivilrechtlichen Eilrechtsschutz gelten grundsätzlich auch im UWG, urteilte das BVerfG. Das wiederum hat viel Aussagekraft, denn erst im Juni 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass bei einem Einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich die Gegenseite anzuhören ist – wir berichteten.
Analog urteilte das BVerfG auch in diesem vorliegenden Fall (Az. 1 BvR 1379/20). Wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abweicht von den in der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsansprüchen, muss das Gericht den Gegner zwingend anhören. Denn es ist als ein Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit zu sehen, dass das Unterlassungsbegehren aus der vorprozessualen Abmahnung und der nachfolgend gestellte Verfügungsantrag nicht identisch sind, erläuterte das Gericht.
Ebenso sei es auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, wenn das Gericht dem Antragsteller Hinweise gebe, ohne die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis zu setzen.
Entsprechend wäre es verfassungsrechtlich geboten gewesen, die Beschwerdeführerin vor Erlass der einstweiligen Verfügung in den gleichen Kenntnisstand zu versetzen wie die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens, indem auch ihr die richterlichen Hinweise zeitnah mitgeteilt worden wären, erklärte das Gericht. Dies aber ist nicht geschehen.
Es könne jedoch keine einstmalige Verfügung gegen ohne Anhörung im Lauterkeitsrecht, urteilte das BVerfG. Das Lauterkeitsrecht ist in ein Teil des Wettbewerbsrechts in Deutschland, insbesondere das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb. Im Übrigen, ergänzte das Gericht noch, finde die Richtlinie 2004/48/EG Im Lauterkeitsrecht findet jedenfalls auf den hier einschlägigen Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG in Verbindung mit Vorschriften des Medizinproduktegesetzes keine Anwendung.
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