Ende 2019 hatte das EPA die vielfach beachtete Patentanmeldung der KI Dabus abgelehnt. Diese Entscheidung wurde angefochten, doch jetzt – Ende 2021 – hat die Beschwerdekammer sie bestätigt. Die KI Dabus kann nicht Erfinder sein.
Der Patentanmelder und „Macher“ der KI DABUS ist Stephen Thaler (USA). Er beschäftigt sich bereits seit Jahrzehnten mit künstlichen neuralen Netzen, über die er seit 1997 unter dem Begriff “Creativity Machines®” veröffentlicht. In diesem Kontext hat Thaler ein solchen künstliches Netz DABUS genannt, wörtlich ein „Gerät zum autonomen Wiederholungsstichprobenverfahren des einheitlichen Empfindungsvermögens“ (engl.: Device autonomously bootstrapping uniform sensibility).
KI DABUS konzipiert eigenständig
Nach seiner Aussage geht die als Erfinder gemeldete KI DABUS weit über alle Erwartungen an solche Systeme hinaus. Die KI DABUS führe eigenständig kumulative Zyklen des Lernens und Verlernens ohne vorgegebenes Muster aus, so dass sehr komplexe Konzepte entstünden. Zwei solcher Konzepte meldete Thaler als Patente an, als Europäisches Patent und ebenso auch als Patente im UK und in den USA. Er selbst als Anmelder und Eigentümer sowie Programmierer von DABUS sei ein Abtretungsempfänger jeglicher durch die KI DABUS geschaffenen IP-Rechte.
Bisher wurden diese Patentanmeldungen jedoch abgewiesen, so auch vom EPA (wir berichteten). Denn ein in einer Patentanmeldung genannter Erfinder muss ein natürlicher Mensch sein; eine KI aber hat keine Persönlichkeitsrechte. Diese Entscheidung wurde angefochten von Stephen Thaler vor der Beschwerdekammer des EPA, die am 21. Dezember 2021 ihre Entscheidung (J 8/20 und J 9/20) veröffentlichte.
Die KI DABUS könne nicht als Erfinder im Sinne des EPÜ angesehen werden, da ein Erfinder eine rechtsfähige Person sein muss, entschied jetzt die Beschwerdekammer. Zumindest aus diesem Grund sei der Hauptantrag unzulässig.
Mündliche Verhandlung: KI DABUS und Erfinderbenennung
In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer hatte Thaler mit Verweisen auf nationale Gesetze/Entscheidungen von EPÜ- und Nicht-EPC-Staaten argumentiert. U. a. machte er geltend, dass das EPA die Erfinderbenennung gar nicht hätte prüfen dürfen (Art. 60 (3) und Regel 19 (1) EPÜ) und ebenso auch nicht, ob der Erfinder eine natürliche Person ist oder nicht.
Doch die Beschwerdekammer folgte dem nicht. Eine Erklärung über den Ursprung des Rechts auf das europäische Patent müsse nach Artikel 81 Satz 2 EPÜ mit Artikel 60 (1) EPÜ vereinbar sein. Und das EPA war für die Beurteilung zuständig, ob sich eine solche Erklärung auf einen Sachverhalt bezieht, der von Artikel 60 (1) EPÜ erfasst wird, entschied die Beschwerdekammer.
Artikel 60 (1) EPÜ wiederum besagt, das Recht auf ein europäisches Patent steht dem Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger zu. Entsprechend argumentierte Thaler, dass „Rechtsnachfolger“ nicht aus einer Übertragung entstehen muss, sondern sich auch aus dem Eigentum an DABUS ergeben kann. Da DABUS in der Lage sei, Erfindungen zu machen, würden seine Erfindungen auch seinem Eigentümer gehören, erklärte Thaler.
Zudem macht auch Stephen Thaler aufmerksam auf einen Widerspruch in der Praxis: während EP-Patente für alle Erfindungen erteilt werden, auch für Erfindungen, die von Künstlichen Intelligenzen (KI, engl. AI) stammen, soll eine KI nicht Erfinder sein dürfen?
Rechtsausübung und Persönlichkeitsrechte
Mit juristischen Feinheiten von Rechtsausübung und Persönlichkeitsrechten aber hatte sich bereits die Prüfstelle des EPA in ihrer DABUS Entscheidung von Ende 2019 eingehend beschäftigt. Nach Regel 19 (1) EPÜ muss die Benennung den Familiennamen, Vornamen und die vollständige Adresse des Erfinders enthalten. Namen, die natürlichen Personen gegeben werden, ermöglichen es ihnen, ihre Rechte auszuüben und eine Rechtspersönlichkeit zu sein, dies gelte auch für monoyme Personen. Namen von natürlichen Personen können jedoch nicht gleichsetzt werden mit Namen von Maschinen oder Dingen, hatte das EPA festgestellt, denn diese haben keine Persönlichkeitsrechte.
Beschwerdekammer: KI DABUS kann kein Erfinder sein
Die Beschwerdekammer jedenfalls bestätigte die Entscheidungen der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts, die Anmeldungen EP 18 275 163 und EP 18 275 174 zurückzuweisen, in denen ein künstliches Intelligenzsystem namens DABUS in den Anmeldeformularen als Erfinder benannt worden war.
Ebenso wies die Beschwerdekammer auch den Hilfsantrag zurück, wonach keine Person als Erfinder identifiziert worden war, sondern lediglich eine natürliche Person als „Inhaber und Schöpfer“ des künstlichen Intelligenzsystems DABUS mit dem Recht auf das europäische Patent angegeben wurde.
Die vollständige schriftliche Entscheidung mit einer ausführlichen Begründung wird den Beteiligten in der nächsten Zeit zugestellt und dann auch veröffentlicht werden; bisher veröffentlichte das EPA die Pressemitteilung vom 21. Dezember 2021 dazu, auf die wir in den Quellen verweisen.
DABUS ist zwar der prominenteste Fall um Erfinderrechte, aber vermutlich nur der erste. Denn Künstliche Intelligenz schreitet in großen Entwicklungsschritten voran (man denke z. B. an Beethovens 10. „KI“ Sinfonie), die immer wieder die Frage aufwerfen werden, wer eigentlich „schöpferisch“ an einer Erfindung oder an einem Werk gewirkt hat.
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Quellen:
EPA/EPO Pressemitteilung KI DABUS, vom 21. Dezember 2021
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