Der BGH hat die Anforderungen präzisiert, mit denen die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Patentverletzungsurteil erreicht werden kann. Der Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht nach § 719 ZPO setzt grundsätzlich einen Schutzantrag nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren voraus.
In seinem Urteil „Filterpatrone“ (26.03.2019 (X ZR 171/18)) hat der Bundesgerichtshof (BGH) einmal mehr das Vorgehen präzisiert, um die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach einem Patentverletzungsurteil zu erreichen. Grundsätzlich ist ein Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht möglich, vorausgesetzt dass ein entsprechender Schutzantrag im Berufungsverfahren gestellt wird.
Schutzantrag im Berufungsverfahren
Oftmals wird angenommen, der Schutzantrag im Berufungsverfahren müsse sich auf § 719 Abs. 2 ZPO beziehen, demnach das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung anordnet – wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen erheblichen – im Wortlaut des § 719 „nicht zu ersetzenden Nachteil“ – bringen würde. Auch darf der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollsteckung kein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegenstehen.
Jedoch setzt der Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht nach § 719 ZPO grundsätzlich einen Schutzantrag nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren voraus. Dies wurde bereits im Urteil am 04.06.2008 (XII ZR 55/08) als Amtlicher Leitsatz des BGH geurteilt. Auch dürfe das Berufungsgericht den Schutzantrag nicht mit der pauschalen Begründung zurückweisen, die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung nach den §§ 707, 719 ZPO verdränge regelmäßig den Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO, stellte der BGH bereits 2008 klar. Denn der Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht nach § 719 ZPO setze grundsätzlich einen Schutzantrag nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren voraus.
Vollstreckungsschutz nach § 719 ZPO setzt grundsätzlich Schutzantrag nach § 712 ZPO voraus
In gleicher Weise urteilte der BGH im Urteil „Werkzeuggriff“ (25.09.2018 – X ZR 76/18) und auch jetzt wieder im Urteil „Filterpatrone“ (EP 1 986 760, Klagepatent) vom 26. März 2019. Die Beklagten hatten in dem Verfahren Filterpatrone eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil (X ZR 19/16) eingelegt, das die Beklagte zur Unterlassung einer Patentverletzung zwang. Ergänzend beantragten die Beklagten, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen – nach den §§ 719 Abs. 1, 707 ZPO. Darin könne aber ein Antrag nach § 712 ZPO wegen der unterschiedlichen Zielrichtung – nur einstweilige Einstellung nicht gesehen werden, urteilte der BGH. Der Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht nach § 719 ZPO setze grundsätzlich einen Schutzantrag nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren voraus. Ein Antrag nach § 712 Abs. 1 ZPO hätte zudem gemäß § 297 ZPO in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gestellt werden müssen.
„Unersetzbarer Nachteil“ durch Vollstreckung
Außerdem äußerte sich der BGH auch inhaltlich zu dem Einwand, mit dem die Beklagten einen „unersetzbaren Nachteil“ durch die Zwangsvollstreckung geltend machten. Die Beklagte waren besorgt, dass die Klägerin durch die Vollstreckung Kenntnis von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Beklagten erlangten könnte. Der Umstand, dass die Klägerin durch die Vollstreckung Kenntnis von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Beklagten erlangt, ergebe jedoch für sich gesehen keinen unersetzbaren Nachteil im Sinne von § 719 Abs. 2 ZPO, urteilte der BGH.
Wegen des vom Gesetz höher gewichteten Gläubigerinteresses seien im Anwendungsbereich von § 140 b PatG die mit der Auskunft und der Offenbarung verbundenen Nachteile für den Schuldner regelmäßig hinzunehmen, stellte der BGH klar. Dies werde auch nicht durch den Umstand beeinflusst, dass die Nachteile regelmäßig nicht zu ersetzen sind, sollte das Berufungsurteil aufgehoben werden. Eine Auskunftspflicht des Schuldner gelte auch dann, wenn das Patent bei Durchsetzung des Auskunftsanspruchs bereits abgelaufen ist, urteilte der BGH im Urteil Werkzeuggriff.
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Quellen:
BGH Urteil „Filterpatrone“ Einstweilige Einstellung einer Zwangsvollstreckung
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