Eine äquivalente Patentverletzung liegt laut OLG Frankfurt nicht vor bei nachträglich eingeschränktem Patentanspruch – auch wenn durch die Einbeziehung der angegriffenen abgewandelten Ausführungsform ein Schutzumfang entsteht, der dem ursprünglichen Anspruch entspricht.
Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln
Eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln ist in der Regel zu verneinen, wenn die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist. Allerdings findet dieser Grundsatz nur dann Anwendung, wenn das als äquivalent in Betracht gezogene Mittel in der Patentschrift ausdrücklich offenbart ist, hat der BGH in seiner Entscheidung V-förmige Führungsanordnung von 2016 festgelegt (X ZR 76/14). Auch das Streichen eines Disclaimers, wonach auch andere Ausführungen als die beanspruchte bevorzugte Ausführungsform denkbar sind, führt demnach nicht dazu, dass solche anderen Ausführungen als äquivalente Verletzungsformen ausscheiden.
Äquivalente Verletzung
Vor dem OLG Frankfurt wurde der interessante Fall diskutiert über eine Äquivalente Verletzung bei nachträglich eingeschränktem Patentanspruch. Die Parteien stritten über Ansprüche der Beklagten aus Schutzrechtsverletzungen und Schadensersatzansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit einer angeblich unberechtigten Abnehmerverwarnung. Klägerin und die Beklagte vertreiben sogenannte Penisextensionsvorrichtungen, deren Anwendung zu einer langfristigen Penisverlängerung führen soll. Die Beklagte meldete auf diese Vorrichtung ein Gebrauchsmuster an und unter Inanspruchnahme dessen Priorität zudem ein Europäisches Patent.
Nach einer Nichtigkeitsklage gegen dieses Patent schränkte die Beklagte den Patentanspruch ein. Zudem nahm die Beklagte mit einer Widerklage die Klägerin auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch. Die Widerklage war vorrangig auf das Streitdesign, hilfsweise auf § 4 Nr. 3 UWG und auf das europäische Patent gestützt. Allerdings wies das erstinstanzliche Landgericht Frankfurt die Widerklage zurück. Gegen diese Beurteilung wendete sich die Beklagte mit der Berufung, und so kam der Fall vor das OLG Frankfurt.
OLG Frankfurt: Äquivalente Verletzung bei nachträglich eingeschränktem Patentanspruch
Und das Oberlandesgericht entschied mit einem Leitsatz über eine Äquivalente Verletzung bei nachträglich eingeschränktem Patentanspruch.
Eine äquivalente Patentverletzung liege demnach nicht vor, wenn die Einbeziehung der angegriffenen abgewandelten Ausführungsform in den Schutzbereich dazu führen würde, dass der nachträglich eingeschränkte Patentanspruch im Ergebnis einen Schutzumfang erhält, der dem ursprünglichen Anspruch entspricht.
Die Bindung an die Schutzfähigkeit des eingetragenen Designs hindere das Verletzungsgericht nicht, eine Verletzung des Klagedesigns mit der Begründung zu verneinen, dass Klagedesign und angegriffene Ausführungsform nur hinsichtlich ausschließlich technisch bedingter Merkmale übereinstimmen, urteilte das OLG Frankfurt.
Voraussetzung dafür sei lediglich, dass das Klagedesign jedenfalls nicht in jeder Hinsicht identisch übernommen worden ist, präzisierte das Gericht.
Spannungsfeld zwischen Design- und Patentrecht
Im Spannungsfeld zwischen Design- und Patentrecht gibt es immer wieder Rechtsstreitigkeiten, die vor Gericht entschieden werden. Ein ganz wesentliches Urteil ist die DOCERAM Entscheidung des EuGH, demnach die Erscheinungsmerkmale eines eingetragenen Designs bereits dann als ausschließlich technisch bedingt zu sehen sind, wenn sie bei objektiver Beurteilung mit dem Ziel gewählt wurden, die technische Funktion des Erzeugnisses zu erfüllen. Ein sogenannter „ästhetischer Überschuss“ – also visuell oder gestalterisch motivierte Überlegungen – dürfen für die Entscheidung für dieses Merkmal keine Rolle gespielt haben.
Das OLG Frankfurt ergänzte jetzt, dass als Indiz für eine ausschließlich technische Bedingtheit von Merkmalen auch darin zu sehen ist, dass die technische Funktion dieser Merkmale in einer Patentschrift unter Verwendung einer dem Design im Wesentlichen entsprechenden Zeichnung beschrieben wird. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 DesignG enthält nicht nur einen Schutzausschussgrund für das Design in seiner Gesamtheit, sondern auch einen „Schutzerschwerungsgrund“ in dem Sinne, dass ausschliesslich technisch bedingte Merkmale bei der Beurteilung von Schutzfähigkeit und Schutzumfang des Designs ausgeblendet werden müssen.
Eine äquivalente Patentverletzung liege nicht vor, entschied schlussendlich das OLG Frankfurt als Leitsatz, wenn die Einbeziehung der angegriffenen abgewandelten Ausführungsform in den Schutzbereich dazu führen würde, dass der nachträglich eingeschränkte Patentanspruch im Ergebnis einen Schutzumfang erhält, der dem ursprünglichen Anspruch entspricht.
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Quelle:
Urteil OLG Frankfurt – 6 U 206/16
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