Im Markenstreit um einen gepinselten Kreis als Unionsmarke für Wein gewann die Inhaberin der nationalen älteren Marke. Trotz Wortelement ORIGIUM 1944 der älteren Marke und verschiedener Farbigkeit wurde Verwechslungsgefahr vom EuG festgestellt.
Im Allgemeinen gilt, dass eine Wort-/Bildmarke – wie die nationale ältere Marke ORIGIUM 1944 – einen weniger starken Schutzbereich hat als eine gleichlautende Wortmarke. Da eine Bildmarke genauso geschützt ist, wie sie angemeldet wurde, werden bei einem Markenvergleich alle Elemente berücksichtigt, also die Kombination aus dem Wortelement und der Bilddarstellung.
Im vorliegenden Fall jedoch wurde die Wort-/Bildmarke geltend gemacht gegen eine reine Bildmarke, ohne Bezeichnung. Im Fokus stand also die Frage, ob das Wortelement ORIGIUM 1944 der älteren Marke als unterscheidungskräftig anzusehen war.
Der Sachverhalt
Im April 2018 hatte die Klägerin, die 1031023 B.C. Ltd (Kanada), einen gelben gepinselten Kreis als Unionsbildmarke angemeldet. Daraufhin erhob im Juli 2018 die Streithelferin, die Bodegas San Valero, S. Coop. (Spanien) Widerspruch gegen diese Markeneintragung. Sie verwies auf die eigene ältere nationale Bildmarke ORIGIUM 1944 – die einen schwarzen, aber ansonsten fast identischen gepinselten Kreis darstellt. Die Streitmarke wurde für die Ware „Wein“ der Nizza-Klasse 33 eingetragen, die nationale ältere Marke ORIGIUM 1944 für „Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere“ der Nizza-Klasse 33.
Lag also Verwechslungsgefahr vor, wie die Streithelferin geltend gemacht hatte? Die Beschwerdekammer hatte eine Verwechslungsgefahr bejaht, die Verbraucher würden die einander gegenüberstehenden Marken aufgrund ihrer zahlreichen ähnlichen Elemente verwechseln oder assoziieren. Diese Entscheidung fochte die Klägerin vor dem Europäischen Gericht (EuG) an, das am 12. Januar 2022 in dieser Sache entschied (T‑366/20).
Suchergebnisse in der Datenbank „TM View“ – zulässiger Nachweis?
Im Vergleich der Ähnlichkeiten der beiden Bildmarken hatte die Beschwerdekammer co-dominanten Charakter der Bild- und Wortelemente der älteren Marke festgestellt. Dabei hatten als Besonderheit mehrere Anlagen der Klageschrift nachweisen sollen, dass die spanischen Verbraucher lateinische Wörter verstehen. Denn wenn dies nachweisbar wäre, könnten den Wortelementen der älteren Marke eine größere Dominanz zugedacht werden.
Als Anlagen wurden vorgelegt jeweils ein Artikel über das Lexikon der spanischen Sprache und aus einem Ministerialerlass der spanischen Regierung über den obligatorischen Inhalt des „Baccalauréat“, das den Zugang zur Universität ermöglicht. Diese Anlagen akzeptierte das EuG jedoch nicht, da sie zum Zeitpunkt des Erlasses der Beschwerdekammer noch nicht vorgelegen hätten und daher neue Beweismittel darstellten.
Anders jedoch urteilte das EuG über eine weitere Anlage der Klageschrift, nämlich den Verweis auf die Ergebnisse einer Suche in der Datenbank „TM View“ des EUIPO. Obwohl sie erstmals vor dem EuG vorgelegt wurden, wurde die Vorlage dieser Ergebnisse als zulässig akzeptiert. Ergebnisse einer Suche in der Datenbank „TM View“ des EUIPO seien keine Beweismittel im eigentlichen Sinne, insbesondere im Sinne von Art. 85 der Verfahrensordnung des Gerichts, erläuterte das EuG. Vielmehr betreffen sie die Eintragungspraxis des EUIPO, und auf die dürfe sich ein Verfahrensbeteiligter beziehen (vgl. EuG Urteil vom Juli 2019, Gruppo Armonie/EUIPO (mo. da), T-264/18).
Doch ist das entscheidend für die Beurteilung in diesem Fall? Nicht wirklich.
ORIGIUM 1944: Gründungsdatum auf Weinetiketten üblich
Die Beschwerdekammer hatte festgestellt, dass der Hauptunterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen in dem Fehlen eines Wortelements in der angemeldeten Marke liege, dass dieser Unterschied jedoch nicht die Ähnlichkeit der Zeichen beseitige.
Das EuG bestätigte diese Entscheidung. Selbst wenn man annimmt, dass ein Teil der spanischsprachigen Verkehrskreise in der Europäischen Union „Origium“ als „Ursprung“ und die Wortkombination „Origium 1944“ als eine Information zum Gründungsdatum des Weinguts wahrnimmt, mache eine solche Erwägung diesen Bestandteil weder dominierend noch unterscheidungskräftig, erklärte das EuG. Es sei durchaus üblich in der Weinbranche, das Gründungsdatum ihres Weinguts auf den Etiketten von Weinflaschen anzugeben; insofern könnte „Origium 1944“ allenfalls als rein beschreibend gesehen werden und daher als schwach oder sogar sehr schwach unterscheidungskräftig. Das wiederum schließt nahezu aus, dass es sich um ein dominantes Element handelt.
Doch nur wenn alle anderen Bestandteile einer Marke zu vernachlässigen sind, kann die Beurteilung der Ähnlichkeit allein auf der Grundlage des dominierenden Bestandteils erfolgen, erklärte das Gericht. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Ähnlichkeit? Mit und ohne ORIGIUM 1944
Ohnehin sind Marken in der Prüfung von Verwechslungsgefahr jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen – was nach Aussage des EuG allerdings nicht ausschließt, dass ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können. Der allerdings sei im vorliegenden Fall durch die pinselhafte Gestaltung der Bildelemente gekennzeichnet, die beide in ähnlich große Kreise gezeichnet wurden.
Vergeblich argumentierte die Klägerin, dass die unterschiedliche Farbegestaltung als unterscheidungskräftige Unterschiede hätten gelten müssen.
Die ältere Marke ist in Schwarz-Weiß gestaltet – und ohne Farbanspruch eingetragen. Die angemeldete Marke wiederum ist in einer Gold-Grau-Kombination dargestellt. Allerdings seien die Farbunterschiede im Gesamteindruck nicht besonders relevant, entschied das EuG, die Merkmale durch den gepinselten Kreis beider Marken würden überwiegen. Verbraucher könnten die Farben als Variationen wahrnehmen.
Und der Vergleich einer reinen Bildmarke mit einer Bildmarke, die ein Wortelement enthalte, ist in klanglicher Hinsicht gar nicht möglich, ergänzte das EuG.
Spanien – Land großer Weinliebhaber
Im Übrigen stellte das EuG fest, dass nach gefestigter Rechtsprechung Weine für die breite Öffentlichkeit bestimmt sind – die zudem als normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig gelten. Es sei daher von einem durchschnittlichen Maß an Aufmerksamkeit auszugehen.
Vergeblich machte die Klägerin geltend, da Spanien ein Land sei, das für seine Gastronomie und vor allem für seine Weine bekannt sei, seien die spanischen Verbraucher große Weinliebhaber mit entsprechend hoher Aufmerksamkeit. Das EuG wies dieses Argument zurück. Die Tatsache, dass der Durchschnittsverbraucher beim Kauf dieser Art von Waren die verschiedenen Elemente auf dem Etikett einer Weinflasche prüfen wird, bedeute nicht, dass sein Aufmerksamkeitsgrad besonders hoch ist. Der Verbraucher werde beim Kauf einer Flasche Wein den verschiedenen Merkmalen des Weins und nicht unbedingt der Marke besondere Aufmerksamkeit schenken, entschied das EuG und verwies auf ein entsprechendes das EuG Urteil von 2011, [ROSALIA DE CASTRO], T-421/10.
Schlussendlich entschied das EuG, dass Zeichen in visueller Hinsicht einen mittleren Ähnlichkeitsgrad aufweisen und in begrifflicher Hinsicht identisch, jedenfalls aber hochgradig ähnlich sind.
Die Beschwerdekammer habe daher völlig zurecht festgestellt, dass Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen vorliegt. Die Klage wurde vollständig abgewiesen und die angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer bestätigt.
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Quellen:
EuG Unionsmarke ‚ohne ORIGIUM 1944‘ , T‑366/20
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