Der jahrelange Rechtsstreit um den Löschungsantrag gegen die Farbmarke ‚Juristen-NJW-Orange‘ wurde jetzt vor dem BGH entschieden. Bemerkenswert ist dies vor allem, weil es sich um eine Abkehr des BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Beweislast handelt.
Die Farbmarke ‚Juristen-Orange‘ wird für die Neue Juristische Wochenschrift verwendet, die bekannteste Fachzeitschrift für Juristen, und steht seit 2009 unter Markenschutz. Im Oktober 2015 wurde die Löschung dieser Farbmarke beantragt, im Wesentlichen wegen fehlender Unterscheidungskraft, allerdings vergeblich.
Der Löschungsantrag gegen das ‚Juristen-Orange‘ war sowohl vom deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als auch vor dem Bundespatentgericht (BPatG) gescheitert. Das BPatG – die letzte gerichtliche Instanz – entschied 2020, es sei davon auszugehen, dass die Farbe Orange der strittigen Farbmarke sich infolge ihrer ständigen Abbildung für ‚Juristische Fachzeitschriften‘ in den relevanten juristischen Verkehrskreisen durchgesetzt habe – auch wenn sich das nicht zweifelsfrei nachweisen lasse.
Eine Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG lasse sich für die herkunftshinweisende Verwendung der abstrakten Farbe auf dem Gebiet der juristischen Fachzeitschriften nicht grundsätzlich feststellen, führte das BPatG aus. Auch werde kein Bezug zwischen der jeweiligen Farbe und dem herausgebenden Beck Verlag, etwa im Sinne einer klassischen Hausfarbe hergestellt.
Das ‚Juristen-Orange‘ kennt quasi jeder
Da aber in Deutschland die „Neue Juristische Wochenschrift“ seit vielen Jahren die führende Fachzeitschrift sei, komme kein Jurist an ihr vorbei, hatte das BPatG festgestellt. Daher sah das Bundespatentgericht eine Durchsetzung der als Marke eingetragenen Farbe „Orange“ für die Waren „Juristische Fachzeitschriften“ in den maßgeblichen Verkehrskreisen als nahegelegen und verwies auf die vorgelegten Unterlagen und die dem Gericht bekannten Umstände – gemeint war damit die Abbildung der strittigen Farbmarke in den Fachzeitschriften des Gerichts und auch die Präsenz in der Werbung.
Allerdings ließ sich die Verkehrsdurchsetzung nicht zweifelsfrei feststellen, urteilte das BPatG schlussendlich und verwies zudem auf die ungeklärte Rechtsfrage nach der Feststellungslast. Anders gesagt: gingen die Zweifel über den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen zu Lasten der Antragstellerin des Löschungsantrags?
Beweislast der Verkehrsdurchsetzung
Dies wurde jetzt von dem Bundesgerichtshof (BGH) höchstrichterlich entschieden (I ZB 16/20). Anders als das BPatG sah der BGH die Beweislast in Bezug auf Verkehrsdurchsetzung beim herausgebenden Beck Verlag, der ja der Markeninhaber der strittigen Farbmarke ‚Juristen-NJW-Orange‘ ist. Dieser müsse nun ergänzende Nachweise für die Verkehrsdurchsetzung erbringen und gegebenenfalls auch weitere Beweise vorlegen, insbesondere ein demoskopisches Gutachten. Alternativ kann der Beck-Verlag auch die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens beantragen, um die Verkehrsdurchsetzung des NJW-Orange zweifelsfrei nachzuweisen.
Bemerkenswert ist diese BGH Entscheidung vor allem, weil es sich um eine vollständige Umkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung handelt. Ausdrücklich greift der BGH damit die europäische Rechtsprechung auf. Denn der EuGH hat bereits mehrfach – zuletzt im vielbeachteten Urteil Ferrari [testarossa] von 2020 (C:2020:854) – entschieden, dass der Markeninhaber einer Unionsmarke die Beweislast dafür trägt, dass die Marke im Sinne dieser Bestimmung „ernsthaft benutzt“ worden ist bzw. muss er diejenigen Umstände nachweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergibt. In seinem Ferrari Urteil von 2020 betonte der EuGH zudem, dass die Frage der Beweislast für die ernsthafte Benutzung im Rahmen eines die Löschung einer Marke betreffenden Verfahrens nicht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten falle.
Nun also hat der BGH diese Vorgabe umgesetzt und hat seine bisherige Rechtsprechung zugunsten dem EU Recht aufgegeben: Die Beweislast für die Berechtigung des Fortbestands einer Marke liegt von nun an auch in Deutschland beim Markeninhaber.
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Quelle für Text und Bild:
BGH Urteil ‚NJW-Orange‘, I ZB 16/20
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