Der EuG urteilte im Fall Puma gegen Puma-System über eine angeblich fehlerhafte Entscheidung der Beschwerdekammer. Im Kern ging es um die Frage, ob eine fremde Markeneintragung für sehr ferne Waren eine sehr berühmte Marke wie Puma verwässert – automatisch.
Im Juli 2017 wurde die Eintragung einer Unionsmarke für das Wortzeichen ‚Puma-System‘ veröffentlicht – eingetragen von der CAMäleon Produktionsautomatisierung GmbH (Deutschland) für für sehr ferne Waren und Dienstleistungen, nämlich Maschinen für die Be- und Verarbeitung von Holz und Metall sowie die entsprechende Software und Dienstleistungen. Zwar waren mit dieser Markeneintragung sehr ferne Waren und Dienstleistungen beansprucht worden als die von Puma SE (Deutschland) im Sportbereich beanspruchten, aber Puma erhob mit Berufung auf die eigene sehr berühmte ältere Marke Widerspruch gegen die Markeneintragung und machte Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.
Doch obwohl Ähnlichkeit zwischen den Marken festgestellt wurde, wies die Beschwerdekammer zu großen Teilen den Widerspruch von Puma ab; nur für wenige Waren aus der Nizza-Klasse 9 wurde dem Widerspruch stattgegeben.
Damit war Puma nicht einverstanden und klagte vor dem Europäischen Gericht (EuG) die Aufhebung der Entscheidung ein. Puma erhob den Vorwurf gegen die Beschwerdekammer, diese habe in ihrer Entscheidung den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Begründungspflicht verletzt, und zudem fehlerhaft entschieden in der Frage der Unterscheidungskraft und auch in der Frage, ob die Wertschätzung der älteren Marken in unlauterer Weise ausgenutzt wurde.
Dies wurde jetzt entschieden.
Fremde Markeneintragung für sehr ferne Waren / Dienstleistungen
Die Ähnlichkeit der Zeichen und die außergewöhnliche Bekanntheit der älteren Marken machten es nicht erforderlich, dass eine Verbindung zwischen den fraglichen Waren und Dienstleistungen bestehe, argumentierte Puma und verwies zudem auch auf Entscheidungen des EUIPO aus 2018 und 2019, in denen sogar ein Zusammenhang zwischen den gegenüberstehenden Marken anerkannt worden war.
Im vorliegenden Fall jedoch hatte die Beschwerdekammer entschieden, dass die Bekanntheit der älteren Marken und die Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen für sich genommen nicht ausreichten, um das Vorliegen einer der in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Arten von Beeinträchtigungen zu begründen.
Wurde Wertschätzung der älteren berühmten Marke ausgenutzt?
Der EuG betonte, dass Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 den Schutz einer bekannten Marke gegenüber jeder Anmeldung einer identischen oder ähnlichen Marke gewährleiste, die ihr Image beeinträchtigen könnte. Dies gelte sogar auch dann, bestätigte der EuG die Argumente von Puma, wenn die von der angemeldeten Marke erfassten Waren nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Marke eingetragen ist.
Allerdings müssen dafür drei kumulative Voraussetzungen vorliegen, ergänzte der EuG:
- dass die einander gegenüberstehenden Marken identisch oder ähnlich sein müssen,
- dass die ältere Widerspruchsmarke bekannt sein muss und
- dass die Gefahr bestehen muss, dass die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke unlauter ausgenutzt wird.
Entsprechend überprüfte der EuG diese Punkte und kam in Bezug auf die Ähnlichkeit der Marken auch tatsächlich zu einer anderen Entscheidung als die Beschwerdekammer. Die fraglichen Zeichen wiesen einen hohen Grad an Ähnlichkeit auf in klanglicher Hinsicht und auch in begrifflicher Hinsicht, urteilte der EuG.
EuG erkennt höheren Grad an Ähnlichkeit
Trotzdem führe dies nicht zur Aufhebung der Entscheidung, erklärte der EuG, denn eine genauere Feststellung der Ähnlichkeit der Zeichen habe keinen Einfluss auf das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung gehabt.
Entscheidung der Beschwerdekammer
Insbesondere habe die Beschwerdekammer sehr wohl unter Berücksichtigung der hohen Wertschätzung der älteren Marken festgestellt, dass die Benutzung der angemeldeten Marke ohne rechtfertigenden Grund die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der älteren Marken in unlauterer Weise ausnutzen würde in Bezug auf die aus Nizza-Klasse 9 genannten Waren, fasste der EuG zusammen. Für die anderen Waren und Dienstleistungen (der Nizza-Klassen 7, 16 und 42 und weitere Teile der Nizza-Klasse 9) hatte Puma nach Ansicht der Beschwerdekammer aber nicht dargelegt, warum eine Verbindung zwischen den Marken vorliegen könne für die Verbraucher. Die Verbraucher seien zwei völlig unterschiedliche Zielgruppen und hätten keinen Anknüpfungspunkt für eine Verbindung zwischen den Marken.
Wie bewertet dies der EuG?
Der Umstand, dass eine angemeldete Marke und eine ältere Marke ähnlich sind und dass die ältere Marke eine außergewöhnliche Bekanntheit genießt, reiche nicht automatisch aus, um das Bestehen einer Verbindung zwischen diesen Marken zu bejahen, entschied das Gericht, sondern dies sei immer eine Einzelfallentscheidung.
Tatsächlich aber habe die Beschwerdekammer im Rahmen ihrer Beurteilung, ob eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken besteht, eine unvollständige Prüfung der von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen vorgenommen, urteilte der EuG. Sie hatte nämlich ihre Prüfung auf die von der angemeldeten Marke erfassten hochspezialisierten, an Fachleute der Industrie gerichteten Waren konzentriert, erläuterte das Gericht, dabei jedoch außer Acht gelassen, dass die angefochtene Marke auch eine Reihe von Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 42 erfasst, die sich nicht ausschließlich an ein Fachpublikum richten, sondern auch die breite Öffentlichkeit betreffen.
Allerdings verwies Puma vergeblich auf vorhergehende Entscheidungen des EUIPO, mit denen sogar ein Zusammenhang zwischen den gegenüberstehenden Marken anerkannt worden war. Das sei vorliegend nicht relevant, urteilte der EuG, da sie Marken beträfen, die sich an ganz andere maßgebliche Verkehrskreise richteten (an die breite Öffentlichkeit gerichtet und dieselben Vertriebskanäle nutzend). Die Beschwerdekammer habe im vorliegenden Fall um die Markenanmeldung Puma-System die entscheidenden Gründe für ihre Schlussfolgerung hinsichtlich des fehlenden Zusammenhangs zwischen den älteren Marken und der angemeldeten Marke richtig dargelegt, soweit die angemeldete Marke für Waren bestimmt ist, die sich an Fachleute der Industrie richten.
Dennoch sei der höhere Grad an Ähnlichkeit zu berücksichtigen, die der EuG im Vergleich zur Beschwerdekammer feststellte. Auch habe die Beschwerdekammer das Vorbringen der Klägerin Puma nicht geprüft, wonach die Benutzung der angemeldeten Marke angesichts des ausschließlichen Charakters der älteren Marken deren Fähigkeit, ein einziges Unternehmen zu kennzeichnen, verwässern und ihnen ihre Attraktivität nehmen würde.
Urteil des EuG: Teilerfolg für Puma
In seinem schlussendlichen Urteil hob der EuG die Entscheidung der Beschwerdekammer zwar nicht vollständig auf, aber dennoch teilweise. Das Gericht erweiterte die Zurückweisung der angefochtenen Markeneintragung um einen wesentlich größeren Bereich als die wenigen Waren aus der Nizza-Klasse 9, für die das bisher galt. Kurz gesagt: der EuG gab der Klage von Puma recht in Bezug auf die von der angefochtenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 42, die auch die breite Öffentlichkeit betreffen.
Die angefochtene Entscheidung sei aufzuheben, urteilte der EuG, soweit sie den Widerspruch insoweit zurückgewiesen hat, als die angemeldete Marke folgende Waren und Dienstleistungen erfasst:
- „Motorschraubendreher“ in Klasse 7;
- „Computer-Hardware“, „Computer“, „Datenverarbeitungsgeräte und Computer“, „Computer-Peripheriegeräte“, „zur Verwendung mit Computern geeignete Peripheriegeräte“, „magnetische und optische Datenträger“, „Drucker für Computer“, „Wärmemessgeräte“ und „Messgeräte“ in Klasse 9;
- „Kataloge über Computersoftware“, „Bedienungsanleitungen für Computersoftware“, „Bedienungsanleitungen“, „Bedienungsanleitungen für Personalcomputer, Mobiltelefone und Palmtop-Computer“ und „Bücher“ in Klasse 16;
- „Aktualisierung und Wartung von Computersoftware und -programmen“, „Konfigurieren von Computerhardware mit Hilfe von Software“, „Konfigurieren von Computernetzwerken mit Hilfe von Software“, „Konfigurieren von Computersoftware“, „Beratung im Bereich Computerhardware und -software“ und „Technische Unterstützung für Computersoftware“ in Klasse 42.
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Quellen:
Urteil des EuG Puma gegen Puma-System, EU:T:2021:121
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