Konnte Haribo aus seiner Wortmarke GOLDBÄREN Markenverletzung geltend machen gegen den „Lindt-Teddy“ – eine in Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur in 3D Form eines sitzenden Bären? Der BGH entschied darüber mit Leitsatzanmerkungen zu Ähnlichkeit durch 3D Gestaltung.
Zeichenähnlichkeit zwischen einer Wortmarke wie Haribos GOLDBÄREN und einer 3D Gestaltung wie dem „Gold-Teddy“ von Lindt ist nicht von vornherein ausgeschlossen, entschied der BGH 2018 mit Leitsatzanmerkungen (BGH ‚Goldbären‘, I Z R 105/14).
Ein spannender Markenstreit zwischen Größen der Zuckerwaren Hersteller: Sprüngli Lindt wurden von Haribo verklagt – und Haribo wiederum genießt Weltruhm mit seinem GOLDBÄREN aus Fruchtgummi, der sogar schon im Weltall war. Die US Astronautin C. Coleman nahm 2019 Haribo Fruchtgummi Bären tütenweise mit zur ISS. Jetzt in 2022 feiert Haribo Fruchtgummi den 100. Geburtstag des berühmten Fruchtgummis – wir gratulieren herzlich dazu!
Markenrechte haben beide Unternehmen an Bären bzw. Teddy
Die Beklagten Sprüngli Lindt (Schweiz) hatten 2004 den bekannten Goldhasen aus Schokolade als Europäische 3D Unionsmarke angemeldet, damals dreidimensionale Gemeinschaftsmarke genannt. Allerdings wurde die gewünschte Markeneintragung in allen Instanzen abgelehnt wegen fehlender Unterscheidungskraft: Hasen gehören zum typischen Formenschatz von Schokoladenwaren, vor allem als Osterhasen.
Zum Sortiment von Sprüngli Lindt gehört neben dem „Lindt Goldhase“ seit dem Jahr 2011 jedoch zudem eine ebenfalls in Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur in Form eines sitzenden Bären, die als „Lindt Teddy“ bezeichnet wird. Entsprechend ist das Schweizer Schokoladenunternehmen Inhaberin der deutschen Wort-Bild-Marke DE 371973 „Teddy“ (mit Priorität vom 14. April 1927) und auch der deutschen Wortmarke DE 2105373 „Teddy“ – unter anderem für Schokolade und Zuckerwaren.
Darauf wurde Haribo (Deutschland) aufmerksam, das deutsche Unternehmen für weltweit berühmtes Fruchtgummi – in Gestalt von Bären. Bereits 1922 wurde ein Fruchtgummi in mehreren Geschmacksrichtungen von Hans Riegel kreiert und hergestellt, in Bonn wurde das Familienunternehmen gegründet (die Anfangsbuchstaben ergeben den Firmennamen: Ha-Ri-Bo). Von Anfang an hatte das Haribo Fruchtgummi die Gestalt eines Bären, genauer gesagt eines Tanzbären. Seit 1960 führt Haribo unter der Bezeichnung GOLDBÄREN gelb – bzw. goldfarbene Gummibärchen.
Kraft Verkehrsdurchsetzung ist Haribo Markeninhaber der deutschen Wortmarken DE 974380 „Goldbären“ und auch der eingetragenen deutschen Wortmarke DE 974380 „Goldbären“ sowie DE 39922430 „Goldbär“ für Zuckerwaren, der deutschen Wortmarke DE 302011030914 „Gold-Teddy“ (eingetragen für Zuckerwaren, insbesondere Fruchtgummi, Schokolade und nichtmedizinische Kaugummis) und auch der abstrakten Farbmarke DE 302008038605 „Gold“ für Fruchtgummi. Außerdem ist Haribo auch Inhaber der für Schokolade und Zuckerwaren eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke EU 009423757.
Haribo sah daher durch den Lindt-Teddy seine Markenrechte verletzt und machte Unterlassungsansprüche gegen Sprüngli Lindt nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 bwz. nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geltend, wobei sich das Unternehmen vor allem auf die deutsche Wortmarke GOLDBÄREN berief Doch das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen (OLG Köln), dagegen wandte sich Haribo als Kläger an den BGH.
Auch der BGH wies die Klage von Haribo weitestgehend zurück. Das Berufungsgericht habe mit Recht angenommen, dass die von der Klägerin in erster Linie auf die Wortmarke DE 974380 GOLDBÄREN (Klagemarke1) gestützten Unterlassungsansprüche weder nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 noch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründet sind.
Die Warenähnlichkeit führe nicht zur Begründung der Unterlassungsansprüche, erläuterte das BGH, selbst wenn man Berührungspunkte der Streitmarken im Vertrieb und die funktionelle Ergänzung der Waren berücksichtigt. Allerdings hatte das Berufungsgericht maßgeblich darauf abgestellt, für welche Waren die Klagemarke tatsächlich benutzt wird. Das bemängelte der BGH.
Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit der Klagemarke GOLDBÄREN
Für die Frage der Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit sei bei eingetragenen Marken grundsätzlich auf die Waren oder Dienstleistungen abzustellen, für die die Marke eingetragen ist, erklärte das Gericht. Und da die Klagemarke GOLDBÄREN ohne einschränkende Zusätze für den weiten Oberbegriff „Zuckerwaren“ eingetragen ist, sei grundsätzlich hierauf abzustellen. Es sei daher – anders als das Berufungsgericht entschieden hatte – von überdurchschnittlicher Warenähnlichkeit auszugehen.
Dies führe aber nicht zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, ergänzte der BGH, markenrechtliche Ansprüche scheiden auch bei Annahme einer überdurchschnittlichen Warenähnlichkeit aus. Denn scheidet ein auf die Klagemarke gestützter Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG mangels Ähnlichkeit mit den kollidierenden Produktgestaltungen aus, kommt selbst bei gesteigerter Kennzeichnungskraft dieser Marke und – unterstellter – überdurchschnittlicher Warenähnlichkeit oder Warenidentität ein Verwechslungsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht.
Zeichenähnlichkeit zwischen Wortmarke GOLDBÄREN und einer 3D Gestaltung
Und eine Ähnlichkeit zwischen GOLDBÄREN als Wortmarke für Fruchtgummi und der dreidimensionalen Gestaltung der Goldfolie eingewickelte Schokoladenfigur „Lindt-Teddy“ stellte der BGH nicht fest, sondern stellte im Gegenteil mehrere Leitsätze auf in Bezug auf Zeichenähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung.
Diese darf demnach nämlich
- nicht über die Ähnlichkeit im Sinngehalt ein Motivschutz begründet werden
- sich weder in klanglicher noch in bildlicher Hinsicht ergeben
- sich nicht auf die Produktform beziehen, für die der Markeninhaber die Wortmarke nutzt
Eine uferlose Ausweitung des Schutzbereichs einer Wortmarke mit der Folge einer umfassenden Monopolisierung von Warengestaltungen soll ausgeschlossen werden, erläuterte der BGH.
Die begriffliche Ähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung sei nur dann anzunehmen, ergänzte das Gericht, wenn die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung ist. Hierzu ist laut BGH erforderlich, dass sich die Benennung der beanstandeten Gestaltung mit dem Markenwort für den Verkehr aufdrängt, ohne dass hierfür mehrere gedankliche Zwischenschritte notwendig sind und ohne dass es andere Bezeichnungen für die dreidimensionale Gestaltung gibt, die gleich naheliegend sind.
Das aber sei vorliegend nicht der Fall, entschied der BGH, und wies die Klage von Haribo in Bezug auf die Wortmarke GOLDBÄREN zurück.
Das Berufungsurteil sei allerdings aufzuheben, soweit die auf die Farbmarke „Gold“ DE 302008048605 gestützte Klage abgewiesen worden ist, ergänzte der BGH. Das auf die Revision der Klägerin das angegriffene Urteil sei hinsichtlich der Abweisung der auf die Farbmarke „Gold“ gestützten Klage aufzuheben, da diese Farbmarke gar nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens war.
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Quellen:
BGH ‚Goldbären‘, I Z R 1 0 5 / 1 4
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