Mehrere 3D Marken der Form einer Champagner Flasche standen sich in der Frage von Verwechslungsgefahr vor dem EuG gegenüber. Auch nicht unterscheidungskräftige Elemente der Ähnlichkeit müssen für Prüfung der Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden, urteilte das Europäische Gericht.
Form einer Champagner Flasche: mehrfach als 3 D Marke geschützt
Die Munich Accessories GmbH (Deutschland) hatte 2017 unter der Bezeichnung „JC JEAN CALL Champagne“ insgesamt drei verschiedene Champagner Flaschen je als eine 3 D Marke angemeldet. Gegen alle drei 3D Marken legte die Klägerin, die Ace of Spades Holdings LLC (USA) Widerspruch ein und machte Verwechslungsgefahr geltend mit drei eigenen 3D Marken der Form einer Champagner Flasche, in den Farben Gold, Schwarz und Rosa und Schwarz.
Um jede dieser drei Markenanmeldungen der Munich Accessoires führte die Klage vor den EuG, und in allen drei Fällen wurde mit dem gleichen Urteil entschieden. Wir fassen daher alle drei Klagen Verwechslungsgefahr von Formen einer Champagner Flasche in diesem Beitrag zusammen (EU:T:2020:593, EU:T:2020:594, EU:T:2020:595).
Angefochtene Entscheidung: eindeutig unähnliche 3D Marken
Die Widerspruchskammer wie auch die Beschwerdekammer hatten den Widerspruch der Klägerin Ace of Spades Holdings zurückgewiesen. Die angefochtenen drei Marken seien eindeutig unähnlich im Vergleich zu den älteren Marken der Klägerin.
Ähnlichkeiten und Unterschiede der 3 D Marken
Als nicht unterscheidungskräftig angesehenen Elemente, die die Streitmarken gemeinsam hatten, wurden die Farben der Flaschen und folgende Form Elemente genannt: die sich nach unten erweiternde Flaschenform ohne Schultern, der mit einer schwarzen Folie überzogene Korken, das Etikett mit einem Bildelement in Höhe des Flaschenhalses und die Silberfolie, die die gesamte Flasche bedeckt. Die nicht unterscheidungskräftigen Ähnlichkeiten hätten geringe Wirkung; gleichwohl stufte die Beschwerdekammer diese Elemente nicht als zu vernachlässigend ein.
In der Entscheidung wurden aber vor allem die Unterschiede ausgeführt. Die Streitmarken unterschieden sich in einer Reihe von Elementen, nämlich in der Form der Flasche, die bei der älteren Marke sichtbar gedrungener sei, in dem Zwischenteil zwischen dem Flaschenkörper und dem Verschluss und in dem stark verzierten Etikett der angemeldeten Marke. Daher, begründete die Beschwerdekammer, seien die Streitmarken als eindeutig unähnlich zu sehen, es liege keine Verwechslungsgefahr vor.
Nicht unterscheidungskräftige Elemente sind zu berücksichtigen
Die Klägerin focht diese Entscheidung vor dem Europäischen Gericht (EuG) an – und hatte jetzt damit Erfolg.
Der EuG entschied, dass die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler gemacht habe, indem sie entschied, dass nicht unterscheidungskräftige Elemente, die die Streitmarken gemeinsam hatten, keinen Einfluss auf den Gesamteindruck hätten. Selbst wenn Elemente nicht unterscheidungskräftig sind, sind es dennoch Ähnlichkeitspunkte, die berücksichtigt werden müssen. Dies gilt sogar dann, wenn sie nur einen sehr geringen Einfluss auf Gesamteindruck hätten. Der EuG entschied daher, die Beschwerdekammer hätte feststellen müssen, dass die Streitmarken insgesamt bildlich ähnlich seien.
Sogar geringe Ähnlichkeiten müssen berücksichtigt werden
Das Gericht führte sogar noch genauer aus, wie die Beschwerdekammer die geringen Ähnlichkeiten hätte berücksichtigen müssen:
Die Beschwerdekammer hätte zwischen dem Grad der visuellen Gesamtähnlichkeit dieser Marken unterscheiden können, führte der EuG aus. Dazu hätte man die Anzahl von ähnlichen Elementen ins Verhältnis setzen können zu der Gesamtzahl aller Elemente. Zudem hätte die Beschwerdekammer berücksichtigen müssen, ob die Kombination dieser Elemente mehr oder weniger ungewöhnlich war.
Angefochtene Entscheidung zum Teil aufgehoben
Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, zwar in allen drei Klagen um die drei Markenanmeldungen für die Form einer Champagner Flasche, soweit die Beschwerdekammer den Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zurückgewiesen hat, urteilte der EuG.
Dies bedeutet aber nicht, dass mit diesem Urteil die Verwechslungsgefahr grundsätzlich vom EuG bestätigt wurde. Das Gericht betonte stattdessen, dass eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr gar nicht vorgenommen worden ist durch die Beschwerdekammer, da sie ja irrtümlich festgestellt hat, dass die streitigen Zeichen nicht ähnlich seien.
Fazit
Das Urteil liefert interessante Aspekte für alle, die eine Entscheidung der Beschwerdekammern anfechten möchten oder eine solcher Anfechtung gegenüberstehen. In der eigentlichen Entscheidung der Verwechslungsgefahr konnte jedoch leider zurecht kein Urteil gesprochen werden.
Gleichwohl hat der EuG gerade in Bezug auf das auffällig gestaltete Etikett der angegriffenen 3D Marken ‚ Champagner Flasche ‘ eine Einordnung gegeben: das Bildelement, das aus einem Etikett und einem miteinander verbundenen Muster von Verzierungen in Form eines blattähnlichen Elements besteht, sei überwiegend dekorativ zu bewerten, und keineswegs ungewöhnlich, erläuterte der EuG. Dasselbe gelte auch für das ähnliche Element, das auf dem Etikett am Flaschenhals erscheint.
Dies passt zu der jüngsten Entscheidung des EuG zu einer Flaschenform mit Etikett: kaum Unterscheidungskraft ist durch das Etikett zu erreichen.
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Quellen:
Drei Urteile des EuG ‚ Champagner Flasche ‚; EU:T:2020:593, EU:T:2020:594, EU:T:2020:595
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