Vor dem Europäischen Gericht wurde über eine angefochtene Farbmarke entschieden, die eine Farbkombination aus zwei Farben zeigt- das erinnert an das Urteil Red Bull. Entscheidend war die Frage, ob es sich um eine systematische Anordnung der Farben in der Farbmarke handelt.
Eine Farbmarke ist laut Markenrecht ein Zeichen, dass aus einer form- und konturlosen Farbe oder auch aus einer Farbkombination besteht. Handelt es sich um eine Farbkombination, muss die Markenanmeldung eine Beschreibung der räumliche und einheitlichen Anordnung der betreffenden Farben enthalten und auch das Verhältnis der betreffenden Farben zueinander (gemäß Urteil Heidelberger Bauchemie von 2004 ((C 49/02, EU:C:2004)).
Dies traf auf die Sachlage im vorliegenden Fall zu. Markenanmelder und Klägerin vor dem Europäischen Gericht ist die Andreas Stihl AG & Co. KG (Deutschland). Das Unternehmen meldete 2008 eine Europäische Farbmarke an, die 2011 veröffentlicht wurde. Die Farbmarke zeigt eine Farbkombination aus Orange und Grau; beansprucht wurden die Waren „Kettensägen“ der Nizza-Klasse 7.
Im Jahr 2015 stellte die Streithelferin, die Giro Travel Company (Rumänien), einen Antrag auf Nichtigerklärung der Farbmarke. Mit Erfolg: in der angefochtenen Entscheidung der Beschwerdekammer wurde dem Antrag stattgegeben und die Farbmarke für nichtig erklärt. Die grafische Darstellung der Farbmarke lasse mehrere Kombinationen der beiden Farben zu, begründete die Beschwerdekammer, und die Beschreibung der Marke liefere auch keine nötige Präzision in Bezug auf die systematische Anordnung.
Gegen diese Entscheidung klagte die Andreas Stihl AG & Co. KG vor dem Europäischen Gericht (EuG), das jetzt in dieser Sache urteilte.
Farbmarke – Pflicht zu Klarheit und Genauigkeit
Das Gericht erinnerte zunächst an Grundforderung an jegliche Marken: alle Wirtschaftsteilnehmer müssen in der Lage sein, mit Klarheit und Genauigkeit von den Eintragungen oder Anmeldungen ihrer tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerber Kenntnis zu nehmen, betonte das Gericht. Daher muss eine grafische Darstellung im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 40/94 den Schutzbereich genau identifizieren.
Daraus ergibt sich, dass eine grafische Darstellung, die aus zwei oder mehr abstrakt bezeichneten Farben ohne Konturen besteht, systematisch geordnet sein muss, indem die betreffenden Farben in vorgegebener und einheitlicher Weise einander zugeordnet werden – und dies hatte auch bereits das höchste Europäische Gericht (EuGH) im viel beachteten Fall Red Bull entschieden.
Ebenfalls wurde in den Verfahren um die Red Bull Farbkombination bereits gerichtlich entschieden, dass ihre die grafische Darstellung oder die begleitende Beschreibung die genauen Farbtöne der fraglichen Farben, die Verhältnisse und ihre räumliche Anordnung zeigen muss.
Allerdings, ergänzte der EuG, könne auch eine Farbkombination mit einer Beschreibung in Worten die geforderte grafische Darstellung im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 40/94 darstellen – sofern die Beschreibung klar, genau, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich und objektiv ist. Der EuG verwies dabei auf ein EuGH Urteil von 2003 (Libertel, C-104/01).
Systematische Anordnung der Farben?
In diesem Kontext prüfte das Gericht die Markendarstellung der angefochtenen Farbmarke. Demnach lag folgende Markendarstellung vor: die Kombination der Farben Orange (RAL 2010) und Grau (RAL 7035) wurde zusammen mit der folgenden Beschreibung gezeigt: „Die Farbe Orange wird auf der Oberseite des Gehäuses der Kettensäge und die Farbe Grau auf der Unterseite des Gehäuses der Kettensäge aufgebracht“.
Insofern war es tatsächlich spannend, wie der EuG entscheiden würde. Denn die grafische Darstellung der angefochtenen Farbmarke zeigte eine horizontale Anordnung der beiden Farben Orange und Grau übereinander – und lediglich der Beschreibungstext sah das Aufbringen auf eine Kettensäge vor.
Entsprechend wägte der EuG ab. Zwar weise das durch zwei Identifizierungscodes definierte Muster der beiden Farben als solches keine Konturen auf, die ihm eine bestimmte Form verleihen, stellte das Gericht fest – und dies würde die Nichtigkeit der Farbmarke bestätigen.
Jedoch heiße es in der zur Markenanmeldung gehörenden Beschreibung, dass die Marke die Form eines Teils einer bestimmten Ware, nämlich eines Kettensägengehäuses, annimmt, betonte der EuG (vergleichen Sie hierzu gerne das EuGH Urteil Louboutin). Zudem gehe aus der Beschreibung der streitigen Marke hervor, dass die Farbkombination, die Gegenstand des fraglichen Schutzes ist, nicht irgendeine Form eines Kettensägengehäuses annimmt, sondern die Form eines Gehäuses, das sichtbar in zwei Teile, einen oberen und einen unteren, unterteilt ist.
Diese in der Beschreibung der streitigen Marke enthaltene Klarstellung setze den Formen, die das Kettensägengehäuse annehmen kann, eine größere Grenze, urteilte der EuG. Folglich bestehe die grafische Darstellung nicht in einem bloßen Nebeneinander von zwei oder mehr Farben ohne Form oder Konturen und ohne systematische Anordnung.
Außerdem habe Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken von Kettensägen unmittelbar miteinander zu vergleichen; er muss sich also auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat. Daraus folgt nach Ansicht der EuG, dass der Verbraucher lediglich ein Kettensägengehäuse mit zwei Teilen, nämlich dem oberen in orangefarbener und dem unteren in grauer Farbe, beim Kauf erkennen muss – unabhängig von der genauen Form des Gehäuses.
Die geforderte Präzision und Einheitlichkeit der Markendarstellung sei also gegeben, urteilte der EuG schlussendlich und hob die Entscheidung der Beschwerdekammer und die dort festgestellte Nichtigkeit der Farbmarke vollständig auf.
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Quellen:
Urteil des EuG, Farbmarke Farbkombination, EU:T:2021:163
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