Fränkischer Wein wird in einer bekannten Flaschenform verkauft, die an alte Weinbeutel erinnert. Diese prägende Flaschenform sollte als 3D Unionsmarke geschützt werden, doch das Europäische Gericht lehnte den Markenschutz für die Designer Flaschenform ab.
Angemeldet wurde die Designer Flaschenform für Wein vom Fränkischen Weinbauverband e. V. mit Sitz in Würzburg (Deutschland). Die bauchige Flaschenform wurde explizit als Design entworfen, ist über die Region hinaus bekannt und wird sogar in der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 als Flaschenform fränkischer Weine gezeigt.
Dennoch wurde die Eintragung der gewünschten 3D Unionsmarke von allen Ämtern abgelehnt und nun auch von dem Europäischen Gericht (EuG). Der Designer Flaschenform fehle es an der nötigen Unterscheidungskraft, urteilte der EuG. Angemeldet wurde die Marke in den Nizza-Klassen 21, 32 und 33 (u. a. für Flaschen, Wein, Biere, Sekt und diverse andere Getränke).
Unterscheidungskraft von 3D Marken in der Rechtsprechung
Nach ständiger Rechtsprechung sind die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von 3D Marken, die in der Form der Ware selbst bestehen, zwar in der theoretischen Lehre keine anderen als die für die übrigen Markenkategorien geltenden, führte der EuG aus. Anders sei es aber möglicherweise bei einer dreidimensionalen Marke, die im Erscheinungsbild der Ware selbst besteht. Denn wenn grafische oder Wortelemente fehlen, schließen Durchschnittsverbraucher aus der Form der Waren oder der Form ihrer Verpackung gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren.
Daher kann es schwieriger sein, die Unterscheidungskraft einer solchen dreidimensionalen Marke nachzuweisen als die einer Wort- oder Bildmarke. Entscheidend ist daher, ob ein Verbraucher besondere Aufmerksamkeit aufwenden muss, um diese Ware von der Ware anderer Unternehmen zu unterscheiden. Ist das der Fall, ist die Unterscheidungskraft im Sinne des Herkunftsnachweises nicht ausreichend. Für ein flüssiges Produkt in einer Flasche ist Unterscheidungskraft besonders schwierig zu erreichen, denn- wie auch der EuG in seinem Urteil erläuterte – ist die Aufmachung eines flüssigen Produkts ein zwingendes Vertriebserfordernis, aber lediglich als Portionierungsfunktion.
Unter solchen Umständen besitze nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllen kann, Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, erklärte der EuG.
Insbesondere in einem Fall wie dem vorliegenden- dass die Verpackung der Ware ihre Form verleiht und für die Prüfung der Anmeldung der Form der Ware gleichzusetzen ist – könne maßgeblich sein, was im Bereich der Verpackung von Waren gleicher Art und für dieselben Verbraucher gelte. Der Durchschnittsverbraucher, der keine Marktstudie durchführt, wisse nicht zwingend im Voraus, dass nur ein einziges Unternehmen eine bestimmte Ware in einer bestimmten Art von Verpackung vermarktet.
Ungewöhnliche Designer Flaschenform – als s/w Darstellung angemeldet
Klägerin aus Würzburg machte geltend, der Aufmerksamkeitsgrad des maßgeblichen Publikums sei hoch, da die Hersteller und Abfüllbetriebe alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke Fachkreise seien und die Aufmerksamkeit beim Erwerb von Wein des Durchschnittsverbrauchers durchschnittlich bis sogar hoch sei. Vor allem aber verwies die Klägerin darauf, dass die angemeldete Marke das Kriterium der erheblichen Abweichung durch ihre äußerst markanten Merkmale erfülle, nämlich eine abgeplattete bauchige Form in Form eines flach gedrückten Ellipsoids sowie ein kurzer Flaschenhals im Vergleich zum Flaschenkörper. Dadurch entstehe sogar eine andere Haptik.
Das Gericht betonte jedoch, dass bei der Anmeldung lediglich vier schwarz-weiße Abbildungen ohne eine Beschreibung eingereicht wurden – und dass die Unterscheidungskraft der angemeldeten 3D Marke nur gemäß der eingereichten Darstellung zu beurteilen sei. Die Klägerin berief sich darauf, dass die Merkmale auch in der s/w Darstellung deutlich zu sehen seien, und nannte eine Tropfenform auf der Front mit scharfer Kante im Bereich hin zum Hals, eine Taillierung an der Seite, die sich über die Frontseite etwas wölbe, Seitenlinien, die von oben eher flach hin zum Hals liefen und ein „X“ bildeten, und eine leichte Griffmulde an der Unterseite.
Die angemeldete Marke unterscheide sich durch ihre besonderen Merkmale daher deutlich von üblichen Weinflaschen, erklärte der Fränkische Weinbauverband. Die angemeldete Marke sei im Laufe eines langen und schwierigen Prozesses von einem bekannten Designer ausgehend von der alten Bocksbeutel-Form und inspiriert durch die Motorhaube der E‑Klasse von Mercedes geschaffen worden und stelle in der Technologie des Herstellungsverfahrens keine einfache Flasche dar.
Urteil des EuG: keine ausreichende Unterscheidungskraft
Der EuG bestätigte zwar, dass Merkmale der Flaschenform auffällig seien, erkannte darin dennoch keine ausreichende Unterscheidungskraft an. Der EuG bestätigte die angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO. Die Beschwerdekammer hatte darauf hingewiesen, dass die Form einer gedrungenen, bauchigen und vorn und hinten abgeflachten Flasche, aus der die angemeldete Marke bestehe, eine traditionelle Grundform von Flaschen sei, die auf dem Weinmarkt massiv verwendet werde und die sogar in der Verordnung (EG) Nr. 607/2009 als vorgeschlagene Definition der Flaschenform dieses Weins und fränkischer Weine gezeigt werde.
Ist eine zusammengesetzte Marke nur aus Bestandteilen zusammengesetzt, die in Bezug auf die betreffenden Waren keine Unterscheidungskraft haben, sei im Allgemeinen darauf zu schließen, dass der Marke als Ganzes Unterscheidungskraft fehlt, führte der EuG aus. Dies könne nur dann widerlegt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte darauf hindeuten, dass die zusammengesetzte Marke insgesamt betrachtet mehr ist als die Summe ihrer Bestandteile – das aber sei vorliegend nicht der Fall. Zwar wiesen die Merkmale der Flaschenform eine gewisse Originalität auf – hier nannte das Gericht vor allem die eckige Gestaltung -, doch würde keines für sich genommen dem Durchschnittsverbraucher als Herkunftsnachweis auffallen. Denn letztlich sei die angemeldete Marke nicht mehr eine Flasche in Form eines Bocksbeutels mit einigen Änderungen, die jedoch von der der Branchennorm eines alten Bocksbeutels nicht erheblich abweiche, urteilte der EuG. Das Gericht wies die Klage des Fränkischen Weinbauverbands vollständig ab.
Fazit
Das Urteil unterscheidet sich von den letzten Entscheidungen des Europäischen Gerichts zu Flaschenformen und dafür angemeldeten 3D Unionsmarken. Sowohl einer goldbeschichteten Flaschenform (im Mai 2019) als auch einer Flaschenform mit einem Wulst (im Okt 2018) wurde vom EuG Markenschutz zugestanden. Der EuG hatte in diesen Urteilen ausgeführt, dass sich die Marktteilnehmer in der Lebensmittelbranche durch einen starken Wettbewerb auszeichnen. Gerade Getränkehersteller seien alle mit den technischen Zwängen bei der Verpackung der Waren für ihre Vermarktung konfrontiert und mit deren notwendigen Etikettierung. Es ist daher mit Spannung die weitere Rechtsprechung zu Flaschenformen als 3D Marke zu erwarten. Bislang sollten die gegensätzlichen Urteile für Markenanmeldungen und Anfechtungen in diesem Bereich genutzt werden. Sprechen Sie uns gerne an.
Jeder Fall wird von uns individuell und sorgfältig betrachtet. Nutzen Sie auch gerne einen unverbindlichen Rückruf-Termin mit uns!
Quellen:
Urteil des EuG EU:T:2019:677 „3D Marke Flaschenform“
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