Klägerin Tulliallan, Eigentümer der berühmten Luxuspassage Burlington Arcade in London, gewann gestern vor dem EuGH gegen die Burlington Fashion GmbH, bekannt durch die Burlington Socken. Der EuG hatte Bezug genommen auf das Praktiker Urteil von 2005, die Marken der Klägerin waren aber vorher eingetragen.
Das gestrige Urteil des EuGH (C:2020:151) über den Markenstreit um die die Marke Burlington setzt einen Schlusspunkt unter eine jahrelange Auseinandersetzung um den Markennamen Burlington. Klägerin Tulliallan Burlington Ltd, Eigentümer der berühmten Luxuspassage Burlington Arcade in London, hatte gegen die von der deutschen Burlington Fashion GmbH („BF“) eingereichte Anmeldung von drei separaten EU-Bildmarken mit dem Wort „Burlington“ und der EU-Wortmarke „BURLINGTON“ geklagt und sich auf die eigene Luxuspassage und seit 2003 geschützte Marke Burlington Arcade berufen.
Die betroffenen Marken wurden für unterschiedliche Nizza-Klassen eingetragen, die ältere Wort- und Bildmarke Burlington Arcade von Tulliallan für die Nizza-Klassen 35, 36 und 41, die Streitmarken Burlington dagegen in den Nizza-Klassen 3, 14, 18 und 24. Allerdings ist eine Verwechslungsgefahr auch zwischen Marken in unterschiedlichen Nizza-Klassen möglich, wird immer wieder in der Rechtsprechung entschieden.
Es handelt sich zudem bei beiden Parteien um Unternehmen, die seit Jahrzehnten den Markennamen Burlington verwenden: In Deutschland werden seit den 70ger Jahren und bis heute schottisch gemusterte Socken unter diesem Markenamen hergestellt, im UK wiederum ist die berühmte Luxuspassage Burlington Arcade in der Mitte von London ein Begriff für die dort gehandelten Luxusprodukte.
Klägerin Tulliallan sah dennoch die eigene ältere Marke als Begriff mit besonderer Unterscheidungskraft und machte neben der Verwechslungsgefahr auch die unlautere Ausnutzung der eigenen Reputation geltend (gemäß Artikel 8 Absatz 4 der EU Verordnung Nr. 207/2009).
Seit 2013 wurde dieser Rechtsstreit vor verschiedenen Instanzen verhandelt mit gegensätzlichen Urteilen, allerdings stärkte der Generalanwalt im Juni 2019 in seinem Schlussantrag die Marke Burlington Arcade.
Markenstreit Burlington Arcade vs. Burlington seit 2013
Insbesondere machte Klägerin Tulliallan vor dem EuGH geltend, dass der EuG in seinen Urteilen vom 6. Dezember 2017 Bezug nahm auf ein Urteil von 2005, Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte (C 418/02, EU:C:2005:425) – obwohl die eigenen älteren Marken alle bereits vor diesem Urteil, nämlich 2003 eingetragen worden waren.
Dies war insofern relevant, weil der EuG aus dem Praktiker Urteil folgerte, dass der Begriff „Einzelhandelsdienstleistungen“ in der Nizza-Klasse 35 auch Ladenpassagen und Einkaufszentren umfasse. Weil aber die ältere Marken von Tulliallan keine genaue Angabe zu den Waren enthalten, die in der Burlington Arcade verkauft werden, schließe dies jede Verbindung zwischen diesen Geschäften und den Waren der angefochtenen Marke von BF aus, hatte der EuG geurteilt. Denn die Burlington Socken der BF würden von Durchschnittsverbrauchern gekauft, die Waren der Klägerin wurden dagegen allgemein als „Luxuswaren“ definiert.
Ebenso wichtig ist, dass seit dem Praktiker Urteil von 2005 bei Einzelhandelsdienstleistungen die zum Verkauf angebotenen Waren präzise angegeben werden müssen.
Praktiker Urteil von 2005 gilt nicht für ältere Marken
Gestern nun entschied das höchste Europäische Gericht (EuGH) über den Markenstreit Burlington und gab der Klägerin Tulliallan recht. Der EuG hätte nicht auf das Urteil von 2005 Bezug nehmen dürfen, da die älteren Marken von Tulliallan vor dem Tag der Verkündung des Urteils Praktiker eingetragen wurden, urteilte der EuGH.
Dem Inhaber einer solchen älteren Marke müsse sein Recht auf Widerspruch gegen eine jüngere Markenanmeldung wahrnehmen können, ohne dass dieser Widerspruch schon dadurch scheitert, dass das Fehlen genauer Angaben zu den Waren geltend gemacht wird, erläuterte das Gericht. Zudem sei es auch möglich, durch einen Antrag auf Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke (im Sinne von Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009) die genauen Waren zu bestimmen, die von den Dienstleistungen abgedeckt werden, für die die ältere Marke benutzt wurde, und in der Prüfung des Widerspruchs nur diese Waren zu berücksichtigen, ergänzte der EuGH.
Das Urteil des EuGH im Sinne der Klägerin Tulliallan Burlington ist eine vollständige Niederlage der Streithelferin Burlington Fashion. Denn dieser Markenstreit wurde in mehreren Verfahren und durch mehrere Instanzen ausgetragen. Die dort getroffenen Entscheidungen und Urteile wurden insgesamt durch das Urteil des EuGH aufgehoben. Im Einzelnen aufgehoben sind alle Burlington Urteile des EuG vom 6. Dezember 2017 und auch die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 11.01.2016.
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Quelle für Text und Bild:
Urteil des EuGH ‚Burlington‘, EU:C:2020:151
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