In der heutigen Vorabentscheidung durch Schlussantrag des Generalanwalts des EuGH werden wichtige Fragen für graphische Marken geklärt. Eine Bildmarke kann gar nicht als Farbmarke angemeldet werden, und es gibt deutliche Unterschiede in der Unterscheidungskraft von Bild- und Farbmarken.
Es handelt sich heute um das nächste maßgebliche Urteil im Grenzbereich zwischen Farbmarke und Bildmarke nach dem sensationellen jahrelangen Markenstreit um die rote Sohle der berühmten Louboutin-Schuhe ( Louboutin siegreich im Streit um die berühmte rote Sohle ).
Sachverhalt
Der Fall begann vor fünf Jahren in Finnland, als im September 2012 von dem Getränkeunternehmen Oy Hartwell die Eintragung einer Farbkombination als Farbmarke (T201202718) für Waren der Klasse 32: Mineralwasser eintragen lassen wollte. Zur graphischen Darstellung reichte die Firma ein farbiges Bild ein, das ein blaues Band zeigt, dessen Ränder eine dünne graue Einfassung haben. In der zugehörigen Beschreibung wurde die Farbmarke mit den detaillierten Farbwerten gemäß eines international anerkannten Farbklassifizierungssystem(CYAN) versehen.
Die Markenanmeldung wurde vom finnischen Markenamt am 5. Juni 2013 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die angemeldete Marke nicht unterscheidungskräftig sei. In den Entscheidungsgründen wurde u. a. ausgeführt, dass für die Eintrag ein fundierter Nachweis nötig gewesen wäre, dass die angemeldeten Farben durch die dauerhafte und umfassende Benutzung in Bezug auf die beantragten Waren unterscheidungskräftig geworden seien.
Finnisches Vorabentscheidungsersuchen
Oy Hartwell klagte gegen diese Entscheidung. Das oberste finnische Verwaltungsgericht Korkein hallinto-oikeus legte daher dem EuGH den Fall zur Vorlagenentscheidung vor.
Im Kern geht es um die Frage: Ist die Marke ungeachtet ihrer Darstellung als Bild antragsgemäß als Farbmarke einzutragen, oder kann sie nur als Bildmarke eingetragen werden?
Und wenn sie als Farbmarke eintragbar ist, gäbe es dann Unterschiede in der Unterscheidungskraft und wäre ein zusätzlicher fundierter Nachweis für eine Benutzung der Farbe nötig?
Der Generalanwalt Saugmandsgaard setzte sich in seinem heutigen Schlussantrag detailliert mit diesen Fragen auseinander.
Definition der Farbmarke
Farbmarke ist ein Zeichen, dass aus einer form- und konturlosen Farbe oder Farbzusammenstellung als solcher besteht. Daher verleiht die Eintragung von Farbmarken einen sehr weiten Schutz (Libertel (C‑104/01, EU:C:2003:244)).
Während eine farbige Bildmarke tatsächlich genau und auch nur das Element zeigt, dessen Schutz beantragt wird, ist dies bei Farbmarken nicht der Fall. Eine Farbmarke, die aus einer einzigen Farbe besteht, kann daher nicht nur durch ein bloßes Farbmuster dargestellt werden, insbesondere weil ein Farbmuster sich mit der Zeit verändern kann. Eine Farbbeschreibung gemäß eines international anerkannten Farbklassifizierungssystem ist verpflichtend.
Für Farbmarken, die aus Zusammenstellungen von Farben bestehen, hat der Gerichtshof im Urteil Heidelberger Bauchemie ((C‑49/02, EU:C:2004) außerdem festgestellt, dass die Anmeldung einer Farbzusammenstellung für korrekte Genauigkeit zusätzlich eine systematische Anordnung enthalten muss, in der die betreffenden Farben in vorher festgelegter und beständiger Weise verbunden sind.
Generalanwalt sieht deutliche Unterschiede in Unterscheidungskraft
Wird eine Marke als Farbmarke angemeldet, seien bei der Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft die besonderen Merkmale von Farbmarken zu berücksichtigen, lautet sein Urteil. Das liege daran, dass eine Farbmarke selten von vornherein Unterscheidungskraft hat ( Zum Vergleich BGH-Beschluss: Sparkassen dürfen Farbmarke “Rot” behalten ), und zum anderen, dass ein Allgemeininteresse daran bestehe, dass die Verfügbarkeit der Farben für alle anderen Wirtschaftsteilnehmer nicht ungerechtfertigt beschränkt wird. Daher gebe es deutliche Unterschiede in der Unterscheidungskraft zwischen Bildmarke und Farbmarke, obwohl beide Marken im Sinne von Art. 2 der Richtlinie Richtlinie 2008/95 sind.
Eine Bildmarke als Farbmarke ist ein Widerspruch
Eine Markenanmeldung muss grundsätzlich widerspruchsfrei sein, da sich Öffentlichkeit als auch Mitbewerber an der Markeneinordnung orientieren und auch eine Bestimmung der Unterscheidungskraft nur bei eindeutiger Markenanmeldung möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt aber ein Widerspruch in der Markenanmeldung vor, da die verwendeten Konturen nicht geeignet seien zu zeigen, wie die Farbmarke auf den angegebenen Erzeugnissen angewendet werden soll. Denn wäre die angemeldete Marke grafisch in der gleichen Weise wie im Urteil zu den Louboutin Schuhen dargestellt, müsste die grafische Darstellung zeigen, wie die angemeldete Farbmarke auf den Wasserflaschen von Oy Hartwall aufgebracht ist. Die Darstellung zeigt aber keine Wasserflasche, sondern ein blaues Band, dessen Ränder eine dünne graue Einfassung haben.
Der Generalanwalt sieht daher Art. 2 der Richtlinie 2008/95 als dahin auszulegen, dass er der Eintragung einer Marke entgegensteht, wenn es aufgrund von Widersprüchen in der Anmeldung nicht möglich ist, den genauen Gegenstand des Schutzes, den der Antragsteller erlangen möchte, zu bestimmen. Dies sei vorliegend der Fall, wenn eine Marke als Farbmarke angemeldet wird, ihre grafische Darstellung aber eine Bildmarke zeige.
Fazit
Wenn der EuGH den heutigen Empfehlungen des Generalanwalts folgt, bedeutet das Urteil eine sehr sorgfältige Auswahl in der Markenanmeldung für eine Bild- und Farbenkombination – es muss eine Entscheidung „entweder-oder“. Denn seit der Markenrechtsneuordnung von 2017 ( Videos und Geräusche als EU-Marke: neue EU-Markenverordnung in Kraft ) gilt im Bereich der graphischen Marken, dass für eine EU Bildmarke keine Beschreibungen für die Farbdefinition mehr akzeptiert werden. Ist also die Farbe das wichtigste und identitätsstiftende Element in der eigenen Firmendarstellung, sollte eine Farbmarke beantragt werden – auch wenn eine Farbmarke schwierig zu schützen ist. Gleichzeitig dient diese Neuerung auf dem Allgemeininteresse, denn so ist eine größere Verfügbarkeit von Farben für die Allgemeinheit gewährleistet. Und dies betonte ja auch der Generalanwalt als wichtigen Aspekt in der Unterscheidungskraft von Farbmarken.
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