Schwarzwälder Schinken darf auch außerhalb vom Schwarzwald geschnitten und verpackt werden, urteilte der BGH final im jahrelangen Verpackungsstreit um Schwarzwälder Schinken. Dieses Urteil verband der BGH mit einer Leitsatzentscheidung zu geschützten geografischen Angaben.
Schwarzwälder Schinken darf auch dann Schwarzwälder Schinken heißen, wenn er nicht im Schwarzwald geschnitten und verpackt wurde, urteilte der Bundesgerichtshof im Verpackungsstreit um Schwarzwälder Schinken bereits im September 2020 (Beschluss vom 3. September 2020 – I ZB 72/19). Jetzt nun wurde diese Entscheidung bekannt gemacht.
Verpackungsstreit Schwarzwälder Schinken seit 2005
Der Rechtsstreit, mit dem der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller sein international bekanntes Produkt unter stärkeren Herstellungsschutz stellen wollte (als geschützte geografische Angabe für das Erzeugergebiet), wurde seit 2005 durch viele Instanzen geführt.
Im Dezember 2018 wurde er auch bereits vor dem höchsten europäischen Gericht (EuGH) verhandelt. Der EuGH hatte geurteilt, dass Schwarzwälder Schinken im Schwarzwald geschnitten und verpackt werden müsse – wie der Schutzverband forderte – wenn dies ein erforderliches und verhältnismäßiges Mittel zur Qualitätssicherung sei. Zu dieser Prüfung und Entscheidung wurde der Fall an die nationalen Gerichte in Deutschland zurückverwiesen.
Hierzu urteilte dann in 2019 das Bundespatentgericht (BPatG), dass für eine Qualitätssicherung des Schwarzwälder Schinken nicht erforderlich ist, dass er ausschließlich im Schwarzwald geschnitten und verpackt wird. Als produktspezifische Maßnahmen für Schwarzwälder Schinken sah das BPatG nur zwei Maßnahmen an, nämlich die für diesen Schinken geltende Begrenzung der Scheibendicke auf maximal 1,3 mm und eine obligatorische Zwischenreinigung/Desinfektion der Schneideanlage. Beides sei jedoch auch andernorts als im Herkunftsgebiet durchführbar und auch jederzeit überprüfbar.
BGH beendet den Fall Schwarzwälder Schinken jetzt final
Dennoch wurde Revision zugelassen, und so wurde der Fall auch dem BGH vorgelegt, der mit seinem Beschluss I ZB 72/19 diesen Rechtsstreit nun final beendet. Schwarzwälder Schinken muss nicht im Schwarzwald geschnitten sein, urteilte der BGH, und verband dieses Urteil mit einer Leitsatzentscheidung zu einer geschützten geografischen Angabe.
Leitsatzentscheidung ‚ Schwarzwälder Schinken ‘
Nach dieser Leitsatzentscheidung ‚ Schwarzwälder Schinken ‘ kann eine Änderung der Spezifikation, die eine Zuerkennung einer geschützten geografischen Angabe an ein bestimmtes Erzeugungsgebiet bindet, wenn einer von drei Rechtfertigungsgründen gegeben ist: Qualitätswahrung oder Ursprungsgewährleistung oder Kontrollgewährleistung.
Bei der Prüfung der Qualitätswahrung ist entscheidend, ob die Begrenzung auf die Herkunftsregion produktspezifisch erforderlich und gerechtfertigt ist. Nur wenn dieses Erfordernis bei einer Verarbeitung außerhalb des Erzeugungsgebiets im Vergleich zu anderen vergleichbaren Erzeugnissen erhöhten Risiken ausgesetzt wäre, ist das Erfordernis gerechtfertigt.
Und auch die Aufmachung (hier: das Schneiden und Verpacken) im Erzeugungsgebiet sieht der BGH nur dann als gerechtfertigt an, wenn die Spezifikation zur Gewährleistung des Ursprungs des Erzeugnisses Kontrollen vorsieht, die effektiver nur im Erzeugungsgebiet geleistet werden können.
Das gilt laut BGH auf für die Aufmachung eines von einer geschützten geografischen Angabe erfassten Erzeugnisses, wenn die Kontrollen die Spezifikation für diese geschützte geografische Angabe gewährleisten, und die andernorts zu weniger Garantie für Qualität und Echtheit führen würden.
BGH bestätigt das Urteil des BPatG von 2019
Das aber liege im Fall Schwarzwälder Schinken nicht vor, entschied der BGH und bestätigte das angefochtene Urteil das BPatG. Die besondere Missbrauchskontrolle, die der Schutzverband für seinen neuen Schutzstatus geltend machte, setze nach den Feststellungen des Bundespatengerichts – anders als die in der Spezifikation für die geschützte Ursprungsbezeichnung „Prosciutto di Parma“ vorgesehenen Kontrollen in Bezug auf Echtheit, Qualität, Hygiene und Etikettierung des Produkts – keinerlei produktspezifisches Fachwissen voraus.
Damit bezieht sich der BGH auf maßgebliche EuGH Urteile, in denen der EuGH die Verpackungsfrage restriktiv ausgelegt hatte. In den Rechtssachen „Proscuitto di Parma“ sowie „Grana Padano“ (Urteil v. 20.05.2003, Rs. C-108/01 und C-469/00) ließ der EuGH die Verarbeitungsschritte des Aufschneidens und Verpackens durch Vorgaben in der Spezifikation nur in der Herkunftsregion zu.
Dies aber sei im Fall Schwarzwälder Schinken anders gelagert, entschied der BGH. Kontrollen in Bezug auf Echtheit, Qualität, Hygiene und Etikettierung können für Schwarzwälder Schinken nicht weniger effektiv auch außerhalb des Herkunftsgebiets vorgenommen werden und bieten außerdem keine effektive Echtheitsgewähr.
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Quellen:
Urteil des BGH Schwarzwälder Schinken, I ZB 72/19
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