Nichtigkeitsklage gegen ein Design für einen Röhrenheizkörper: Das Design wurde bereits vor der Neuheitsschonfrist veröffentlicht – ein klarer Fall von Design Offenbarung? Das BPatG urteilte mit interessanten Ausführungen zu § 5 DesignG.
Das strittige Heizkörper Design (Nr. 40 2013 004 752-0002) für einen Röhrenheizkörper wurde am 30. Oktober 2013 angemeldet und 2014 im Designregister eingetragen. Inhaberin ist die Mert Radiator GmbH (Deutschland). Die Designinhaberin machte geltend, ihr Geschäftsführer Herr Mert habe das angegriffene Design im Juli 2012 persönlich entwickelt und die Heizkörper mit dem angegriffenen Design von der Firma T… in der Türkei herstellen und nach Deutschland liefern lassen.
Doch die Firma T… habe bereits vor dem Anmeldetag unter der Produktbezeichnung „DIFTA“ designgemäße Heizkörper an verschiedene Firmen geliefert, so dass das angegriffene Design den Fachkreisen bereits bekannt gewesen sei. Zudem habe auch die Firma Mert Radiator von der Firma T… hergestellte und der Erscheinungsform des angegriffenen Designs entsprechende Heizkörper unter der Produktbezeichnung „BELLUNA“ vertrieben.
Mit diesen Argumenten wurde eine Nichtigkeitsklage gegen das geschützte Design Röhrenheizkörper erhoben, über die das Bundespatentgericht entschied (September 2020, 30 W (pat) 802/18). Die Klägerin machte geltend, das Design sei bereits offenbart gewesen und weise außerdem auch keine Eigenart auf.
Das BPatG urteilte darüber mit interessanten Ausführungen zu § 5 DesignG.
Bereits vor Anmeldung ausgeliefert – Design Offenbarung?
Die technische Zeichnung zum Heizkörper „DIFTA“ vom 02.04.2013 zeigte zwar das angegriffene Design noch vor dessen Anmeldetag, allerdings wiesen die zum Nachweis vorgelegten Rechnungen über die Lieferung des Heizkörpers „DIFTA“ nur zwei Firmen als Empfänger aus.
Dennoch sei Design dadurch nicht offenbart worden, urteilte das BPatG. Offenbarungshandlungen nur gegenüber zwei Firmen entfalteten nicht die für eine Offenbarung nach § 5 DesignG erforderliche Breitenwirkung, erläuterte das Gericht, denn auf dem Gebiet der Heiztechnik seien bekanntlich außerordentlich viele Firmen tätig.
Vor der Neuheitsschonfrist veröffentlicht – Design Offenbarung?
Bereits vor der Neuheitsschonfrist des § 6 DesignG (12 Monate vor der Designanmeldung) wurde das Design bereits veröffentlicht, was durch Rechnungen belegt wurde. Allerdings handelte es sich nach Ansicht des Gerichts um eine zur Durchführung des Auftrags notwendige Mitteilung des Designs.
Mitteilungen im Rahmen von Geschäftsbeziehungen sind jedoch als vertraulich anzusehen im Sinne von § 5 Satz 2 DesignG und ziehen keine für eine Offenbarung nach § 5 DesignG notwendige Kenntnismöglichkeit der Fachkreise nach sich. Daher liege auch hier keine Design Offenbarung vor, entschied das Gericht.
Dies gelte sogar dann, wenn das Design als Folge einer missbräuchlichen Handlung gegen den Entwerfer offenbart wurde, fügte das BPatG hinzu und verwies auf § 6 Satz 2 DesignG in Bezug auf die Design Offenbarung.
Auffällig ist in dieser Entscheidung des BPatG der Unterschied zu der Auslegung von Design Offenbarung durch jegliche Veröffentlichung im Internet, beispielsweise durch Online angebotene Produkte oder auch nur durch Produktplatzierung in einer Filmsequenz, die durch den BGH seit 2018 vorgegeben ist.
Röhrenheizkörper- ein Design mit Eigenart?
Auch den Einwand der Klägerin, einem Röhrenheizkörper fehle die nötige Eigenart, wies das Gericht zurück. Bei einem Röhrenheizkörper sei nicht nur ein Zu- und ein Abflussrohr technisch vorgegeben, sondern auch, dass die Heizrohre waagerecht verliefen. Die Musterdichte sei daher zum Anmeldetag des angegriffenen Designs eher groß gewesen, weil bereits zahlreiche andere Heizkörper bekannt gewesen seien, auf die ein Handtuch aufgeschoben werden konnte. Insgesamt liege daher die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers vorliegend eher im normalen bis niedrigen Bereich.
Ergo können auch weniger deutliche Unterscheide zum Formenschatz als bei höher Gestaltungsfreiheit die Eigenart des Designs begründen, und das sah das BPatG bei diesem Design gegeben. Insgesamt erwecke das angegriffene Design den Gesamteindruck eines offenen, stufigen und sehr luftigen Heizkörpers, urteilte das BPatG; zudem sei besonders, dass die Heizrohre in Vierergruppen gruppiert seien und die Länge der Heizrohre in jeder Gruppe von unten nach oben gleichmäßig abnehme.
Der auf die absoluten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Neuheit bzw. Eigenart (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 2, 3 DesignG) gestützte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit sei daher unbegründet, urteilte das Gericht.
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Quellen:
Urteil des BPatG ‚Design Röhrenheizkörper‘, 30 W (pat) 802/18
Bild:
Design Darstellung gemäß DPMA Register
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