Ein Chinesischer VW-Käfer des Unternehmens Ora sorgt derzeit für Aufruhr. Ein neues Automodell des Chinesischen Herstellers Ora namens „Ballet Cat“ sieht quasi genauso aus wie der legendäre VW-Käfer. Darf Ora das so machen? Oder handelt sich um Design Klau und ein Plagiat? Und welche Rechte gelten in China?
Der VW-Käfer ist noch immer eins der meistgebauten Autos der Welt. Zudem ist es quasi Kult und weckt auch international Begeisterung. Auf den Straßen sieht man allerdings kaum noch VW-Käfer, denn VW ging natürlich mit der Zeit und entwickelte seinen Bestseller weiter – der VW Golf wurde sogar häufiger verkauft als der VW-Käfer.
Jetzt aber sorgt ein Chinesischer VW-Käfer für Aufruhr. Ein neues Automodell des Chinesischen Herstellers Ora namens „Ballet Cat“ sieht quasi genauso aus wie ein VW-Käfer. Darf Ora das so machen? Oder ist ein Chinesischer VW-Käfer ein Design Klau?
Chinesischer VW-Käfer
Dazu muss man zunächst mal schauen, welche IP Rechte VW überhaupt an dem berühmten Käfer Design erfolgreich geltend gemacht werden können in China. In Frage kommen hier Designrechte, Rechte aus einem Gebrauchsmuster oder auch Urheberrechte – und zu den letztgenannten gab es schon vor einem deutschen Gericht 2019 ein vielfach beachtetes Urteil.
2019: Urheberrecht an dem VW Käfer vor deutschem Gericht
Die Tochter und Erbin eines VW Konstrukteurs Erwin Komenda hatte eine Urheberrechtsentschädigung für den VW-Beetle eingeklagt. VW wehrte sich dagegen und argumentierte, der Ur-Käfer stehe gar nicht unter Urheberschutz, da dessen Gestaltung technisch bedingt gewesen sei.
Die Klägerin machte geltend, das Design ihres Vaters setze sich noch heute in dem VW-Beetle fort.
Letztlich war ihre Klage gegen VW jedoch vergeblich (Urheberrechtsverletzung VW-Beetle, Az. 9 O 3006/17). Das mit diesem Fall befasste Landgericht Braunschweig überprüfte, ob der ab 2014 gebaute VW-Beetle eine Bearbeitung (§ 23 UrhG) oder eine freie Benutzung (§ 24 UrhG) der aus den 1930er Jahren stammenden Modelle darstellt. Das Gericht stellte jedoch erhebliche Unterschiede im Design fest und sah keinerlei Übereinstimmung im Gesamteindruck.
Könnte die Klägerin nun auch in China Urheberrechte geltend machen? Im Prinzip ja, auch im Chinesischen Recht sind Urheberrechte verankert. Allerdings haben sie nur eine Laufzeit von 50 Jahre, nicht von 70 Jahren nach Tod des Urhebers wie im Deutschen Urheberrecht (§ 64 UrhG). Das Design des legendären VW Käfers wurde in den 1930ger Jahren gezeichnet; und der Designer und Urheber starb im August 1966. Im Fall des Ora Automodells greifen diese Urheberrechte also ohnehin nicht mehr in China.
Chinesischer Design Klau? Zu einfach gedacht
Wenn nun aber getitelt wird „Frecher Design Klau aus China“, ist das zu einfach gedacht. Es muss auch berücksichtigt werden, dass die meisten westlichen Autobauer ein Joint-Venture mit Chinesischen Unternehmen eingegangen sind. Der Autohersteller Ora z. B. ist ein Joint Venture-Partner von BMW.
Auch ist das Automodell von Ora nicht das erste, dass sich an dem legendären VW Käfer orientiert. Auf der Shanghai Auto Show im April 2021 hatte bereits die Elektroauto-Marke Euler unter Great Wall Motors ein neues Elektroauto vorgestellt – ein Automodell namens „Punk-Katze“, das einem Volkswagen Käfer ebenfalls extrem ähnlich sieht.
Nach dieser Messe wurde auch VW direkt von Journalisten gefragt, wie VW damit umgehen werde. VW kündigte an, man werde prüfen, ob durch das Automodell „Punk Katze“ Gebrauchsmuster- oder Designrechte von VW verletzt werden; man behalte sich das Recht vor, notwendige Maßnahmen zu ergreifen.
Doch statt VW wurde zunächst einmal Great Wall Motors aktiv in dieser Sache. Die Chinesen stellten am 3. Juni 2021 zwei Anträge auf Eintragung von Europäischen Gemeinschaftsgeschmacksmustern (GGM) in Bezug auf das Design ihres Automodells ein, und diese wurden auch bereits am 11. Juni bestätigt (Nr. 008562102-0002). Priorität auf diese Designeintragungen wurden geltend gemacht aus dem Chinesischen Designschutz (Nr. 202130179603.3) vom 31. März 2021. Und bisher liegen laut Dateneinsicht des EUIPO noch keine Klagen gegen diese Designeintragungen vor – obwohl sie VW sicher nicht entgangen sind.
Chinesischer VW-Käfer – unlauterer Wettbewerb?
Grundsätzlich kann bei unfairen Geschäftspraktiken auch ein Verstoß gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) geltend gemacht werden, auch dieses Recht kann sowohl nach Europäischem Recht als auch nach Chinesischem Recht angerufen werden.
Aber ein rechtliches Vorgehen wegen unlauterem Wettbewerb erfordert zunächst einmal, dass tatsächlich eine Rechtsverletzung von IP Rechten vorliegt. In der Chinesischen Auslegung zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wird betont, dass eine Partei sich auf den Art. 2 dieses Gesetzes nur berufen kann, wenn sie auch beweisen kann, dass eine die Interessen des Unternehmens schädigende Handlung die Ordnung des Marktwettbewerbs stört.
Das aber kann nur dann vorliegen, wenn VW ältere IP Rechte an dem VW Käfer geltend macht.
Rechte an dem VW-Käfer aus einem Gebrauchsmuster?
Ein Gebrauchsmuster wird oft „kleiner Bruder des Patents“ genannt – weil es ein ungeprüftes Schutzrecht für technische Erfindungen ist mit einer maximalen Laufzeit von 10 Jahren. VW müsste daher ein Gebrauchsmuster eingetragen haben lassen, dass einen Teil des VW Käfer Modells schützt – aber vor allem durch den technischen Aspekt. Es ist nicht wahrscheinlich, dass VW sich jetzt gut auf dieses IP Recht berufen kann – wegen der kurzen maximalen Laufzeit und auch, weil es kein starkes Schutzrecht ist.
Fazit
Designrecht und Urheberrechte sind nicht zu verwechseln mit Markenrechten: Markenrechte könnten im Prinzip unendlich lange aufrechterhalten werden, denn der Schutzanspruch kann beliebig oft verlängert werden. Auch kann Schutz beansprucht werden als Marke, die nicht durch eine Markenanmeldung, sondern durch allgemeine Benutzung und Bekanntheit einer Marke entstanden ist. Ein Design – wie ein Automodell oder eine berühmte Schuhmarke – ist aber nicht so leicht als Marke zu schützen, wie große Urteile zu Formmarken zeigen.
Unendliche Laufzeit haben dagegen weder Design- noch Urheberrechte. Europäische Designrechte haben eine maximale Laufzeit von 25 Jahren, und auch Urheberrechte enden, in Deutschland 70 Jahren nach Tod des Urhebers.
Möchten auch Sie ein Design schützen oder verteidigen?
Unsere Anwälte verfügen über langjährige Expertise im Designrecht und Patentrecht sowie im gesamten Gewerblichen Rechtsschutz und sind berechtigt, Sie vor jedem Gericht zu vertreten – in Deutschland und auch international. Zudem verfügt unser Team auch über Landes- und Sprachkenntnisse in China – und natürlich über das Chinesische IP Recht.
Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt auf.
Quelle:
Designanmeldung ‚VW-Käfer-Design‘ von Great Wall Motors
Bild:
Schreiben Sie einen Kommentar