Kommt es zu einer Abtretung und Übertragung des Schutzrechts einer Diensterfindung – des Patents oder der Patentanmeldung – , wird allen Miterfindern einzeln die Übertragung des Schutzrechts angeboten. Wenn nur einer von zwei Miterfindern Interesse hat, stehen ihm ab dann sämtliche Vergütungsansprüche zu?
Diese Frage ist besonders wichtig, wenn der Arbeitgeber ein nicht ausschließliches Benutzungsrecht für die Zeit nach der Übertragung des Schutzrechts nutzt, das gemäß § 16 (3) ArbEG zu vergüten ist. Die Schiedsstelle hat dies bereits 2017 eindeutig beantwortet: Ansprüche des nicht übernehmenden Miterfinders gehen auf den übernehmenden Miterfinder nur für den Zeitraum bis zur Übertragung des Patents über.
Der Sachverhalt
In diesem umfangreichen Streitfall um eine Arbeitnehmererfindung (Arb.Erf. 21/15) war ein wichtiger Aspekt die Abtretung und Übertragung der Patentanmeldung zu einer innerbetrieblich genutzten Diensterfindung, die von den beiden Arbeitnehmererfindern in gleichen Teilen zu je 50 % gemacht wurde. Einer der beiden Miterfinder war Antragsteller vor der Schiedsstelle.
Ob einem von zwei Miterfindern sämtliche Vergütungsansprüche zustehen, wenn der andere Miterfinder kein Interesse an einer Übertragung des Patents hat, ist besonders wichtig, wenn der Arbeitgeber ein nicht ausschließliches Benutzungsrecht für die Zeit nach der Übertragung des Patents nutzt, das gemäß § 16 (3) ArbEG zu vergüten ist.
Der Arbeitgeber hatte im Sommer 2013 den beiden Miterfindern korrekterweise mitgeteilt, dass er die Patentanmeldung nicht weiterverfolgen werde, und hatte den beiden Erfindern die Übernahme dieser Diensterfindung angeboten gemäß § 16 Abs. 1 ArbEG. Der Antragsteller nahm das Angebot an und forderte die Übertragung der Patentanmeldung, sein Miterfinder teilte den Arbeitgeber dagegen schriftlich mit, dass er kein Interesse an der Übertragung habe. Am 15. Oktober 2013 wurde das Schutzrecht vollständig an den Antragsteller übertragen, wobei sich der Arbeitgeber ein nichtausschließliches Benutzungsrecht der Erfindung nach § 16 Abs. 3 ArbEG sicherte.
Abtretung des Miterfinders erst nach Übertragung des Schutzrechts
Erst im März 2014 übertrug- ebenfalls mit einer schriftlichen Erklärung – der zweite Miterfinder sämtliche eigene Ansprüche im Zusammenhang mit der Diensterfindung an seinen Miterfinder, den Antragsteller. Daher ging der Antragsteller vor der Schiedsstelle davon aus, dass ihm sämtliche Ansprüche aus der Diensterfindung zustehen und ihm der gesamte Erfindungswert zuzurechnen sei. Der Arbeitgeber dagegen war der Ansicht, dass die Abtretungserklärung des Miterfinders keine Relevanz habe für Vergütungsansprüche des Antragstellers.
Die Schiedsstelle bestätigte die Sichtweise des Arbeitgebers und formulierte einen nicht offiziellen Leitsatz dazu. Ein übernahmewilliger Miterfinder tritt bezüglich der Ansprüche des nicht übernehmenden Miterfinders nur für den Zeitraum bis zur Übertragung gemäß § 398 S. 2 BGB an dessen Stelle, erklärte die Schiedsstelle. Bis zu der Übertragung bestanden Ansprüche des nicht übernehmenden Miterfinders auf Vergütung der Diensterfindung nach § 9 ArbEG.
Die Mitübertragung des von dem nicht übernehmenden Miterfinder stammenden Schutzrechtsanteils an den übernahmewilligen Miterfinder jedoch ist eine Schenkung des Arbeitgebers an den übernahmewilligen Miterfinder, ergänzte die Schiedsstelle in einem zweiten nicht offiziellen Leitsatz.
Rückabwicklung zur ursprünglichen Rechtsposition
Dieser Aspekt des zweiten Leitsatzes ist besonders hervorzuheben, denn die Rechtslage dazu wird oft anders angenommen als sie ist. Einem Arbeitnehmererfinder steht im Rahmen einer Übergabe eines Patent oder einer Patentanmeldung gemäß § 16 ArbEG nur der Anteil an dem Patent bzw. der Patentanmeldung zu, der seinem ursprünglichen Miterfinderanteil und damit seiner ursprünglichen Rechtsposition entspricht. Denn es handelt sich ja um eine Rückabwicklung des durch das ArbEG vorgegebenen Rechteübergangs gemäß §§ 6, 7 ArbEG bei der Inanspruchnahme einer Diensterfindung. Deshalb fallen dem Arbeitnehmererfinder Anteile von Miterfindern auch dann nicht zu, wenn diese – wie im vorliegenden Fall – an der Übernahme des Patents bzw. der Patentanmeldung kein Interesse haben. Diese verbleiben zunächst im Eigentum des Arbeitgebers, führte die Schiedsstelle aus.
Dies gelte auch für das vorbehaltene nichtausschließliche Benutzungsrecht des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 3 ArbEG. Die für dieses Benutzungsrecht angemessene Vergütung unterliege deshalb den Berechnungsparametern des Anteilsfaktors und des Miterfinderanteils der ursprünglichen Rechtsposition, im vorliegenden Fall also bei 50 % Miterfinderanteil, erklärte die Schiedsstelle.
Kleiner Exkurs: Bruchteilsgemeinschaft
Miterfinder bilden gemäß § 741 BGB hinsichtlich ihrer individuellen Anteile an der erfindungsgemäßen Lehre eine sogenannte Bruchteilsgemeinschaft (nach § 742 BGB).
Möchte der Arbeitgeber also Alleinberechtigter an der Diensterfindung werden, muss er nach Meldung einer Diensterfindung (§ 5 ArbEG) jeden einzelnen Miterfinderanteil durch individuelle Inanspruchnahme dieses Miterfinderanteils gegenüber dem jeweiligen Erfinder auf sich überleiten.
Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch gerne unseren Beitrag: Verjährung, Bruchteilsgemeinschaft und frei gewordene Diensterfindung durch nicht ordnungsgemäße Anmeldung
Ansprüche aus ArbEG enden mit Übertragung des Schutzrechts
Im vorliegenden Fall hatte die Antragsgegnerin die Patentanmeldung zum 15. Oktober 2013 auf den Antragsteller übertragen, so dass damit dann auch die Vergütungsansprüche der Arbeitnehmererfinder aus § 9 ArbEG endeten, führte die Schiedsstelle aus. Gegenstand der Abtretung vom 28. März 2014 seien daher nur Forderungen aus § 9 ArbEG, soweit sie den Benutzungszeitraum von Oktober 2009 bis 15. Oktober 2013 betreffen.
Alle Ansprüche des Arbeitnehmererfinders und Antragstellers, die er aus der Abtretung geltend macht, seien nicht nach ArbEG geltend zu machen. Denn es handele sich dabei um Ansprüche, die der Antragsteller losgelöst von seiner Arbeitnehmereigenschaft aufgrund eines Abtretungsvertrag mit einem anderen Arbeitnehmer geltend macht, erläuterte die Schiedsstelle. Dafür sei die Schiedsstelle sachlich unzuständig, da sie für alle Streitfälle im Arbeitnehmerfindergesetz autorisiert und zuständig ist gemäß § 28 ArbEG.
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Quellen:
Entscheidung der Schiedsstelle Arb.Erf. 21/15
Bild:
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