Vergütung oder Prämie für technischen Verbesserungsvorschlag zu zahlen? Entscheidend dafür ist, ob eine Monopolstellung des Arbeitgebers durch die Diensterfindung erreicht wird. Ist dies der Fall, muss eine Vergütung nach ArbEG erfolgen – wenn die Meldung der Erfindung ordnungsgemäß war. Eine Prämie kann nur für einfache technische Verbesserung gezahlt werden.
Oftmals liegen die Vorstellungen zu der Erfindervergütung zwischen Diensterfinder und Arbeitgeber weit auseinander; besonders ist dies der Fall, wenn die Erfindung als ein – qualifizierter ? – technischer Verbesserungsvorschlag in das Unternehmen eingebracht wird.
Denn anders als § 5 Abs. 1 ArbEG für die Meldung einer Diensterfindung enthält das ArbEG keine besonderen Anforderungen für die Mitteilung eines qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlags – dennoch soll dieser Vorschlag dem Arbeitgeber Wissen über das enthaltene faktische Monopol vermittelt werden. In der Praxis wird daher um die Mitteilung der Erfindung ebenso gestritten wie auch um die Höhe der Vergütung selbst.
Sachverhalt: kleine Prämie für technischen Verbesserungsvorschlag
In einem beachtenswerten Fall, der bereits 2013 durch die Schiedsstelle beurteilt wurde, war es durch eine technische Neuerung – eine Systemerweiterung – zu großen Einsparungen für den Arbeitgeber gekommen; ca. 90 % der Kosten einer vergleichbaren Industrieentwicklung in Höhe von 5,5 Mio. € konnten eingespart werden. Der Arbeitgeber zahlte dem angestellten Erfinder dafür eine einmalige Prämie in Höhe von 500 €. Der Erfinder war damit keineswegs einverstanden und argumentierte, sein technischer Verbesserungsvorschlag habe dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung gewährt wie ein gewerbliches Schutzrecht. Bei Ansatz eines Anteilsfaktors von 50 % stehe ihm daher ein Anspruch auf Vergütung in Höhe von 2,5 Mio. € zu gemäß § 20 Abs. 1 ArbEG.
Entscheidend für diesen Fall ist die Meldung der Erfindung, die Mitteilung über den technischen Verbesserungsvorschlag an den Arbeitgeber. Der Erfinder hatte den technischen Verbesserungsvorschlag zunächst als Konzept entworfen, das durch ein Konzeptpapier dokumentiert sei, das er im Jahre 2002 seinem Vorgesetzten übergeben habe, allerdings ohne sich eine Kopie zurückzubehalten. Der Arbeitgeber habe diese konzeptionelle Leistung dann ja auch im Oktober 2002 mit 500 € prämiert.
Ordnungsgemäße Mitteilung der technischen Neuerung
Dies wurde jedoch vor der Schiedsstelle nicht als Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Mitteilung der Erfindung anerkannt.
Eine ordnungsgemäße Mitteilung der technischen Neuerung als qualifizierter technischer Verbesserungsvorschlag muss gemäß § 22 Satz 2 ArbEG, § 43 Abs. 3 Satz 2 ArbEG n.F. gemeldet werden. Qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge sind daher dann schriftlich mitzuteilen, wenn kollektiv-rechtlich für Verbesserungsvorschläge Schriftform vorgeschrieben ist.
Schreiben Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag keine besondere Form vor, reicht im Übrigen auch eine mündliche Mitteilung grundsätzlich aus.
In jedem Fall muss ein Erfinder dem Arbeitgeber den qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag gesondert mitteilen und den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass er seinen Verbesserungsvorschlag für qualifiziert hält – und diese Behauptung muss auch nachvollziehbar für den Arbeitgeber sein.
Im Unternehmen aus dem vorliegenden Fall bestand schon seit 1962 die Regelung, dass alle Diensterfindungen in Schriftform zu übergeben seien, und zwar unverzüglich in zweifacher Ausfertigung mit den dazugehörigen Anlagen gemäß Formblatt.
Doch erst 2008 teilte der Erfinder dem Arbeitgeber seinen technischen Verbesserungsvorschlag in dieser erforderlichen Weise mit, daher habe er keinerlei Anspruch auf Vergütung vor diesem Zeitpunkt, erklärte die Schiedsstelle. Zudem spreche die „Leistungsprämie“ in Höhe von 500 € nicht für die Mitteilung eines qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 ArbEG, sondern vielmehr für einen einfachen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 2 ArbEG.
Qualifizierter technischer Verbesserungsvorschlag: Vergütung nach ArbEG
Denn nur ein einfacher Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 2 ArbEG kann mit einer Prämie oder mit einer Betriebsvereinbarung ausgezeichnet werden. Ein qualifizierter technischer Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 ArbEG muss dagegen nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz vom Arbeitgeber vergütet werden.
Keine Belehrungspflicht für den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber war im Übrigen nicht verpflichtet, den Diensterfinder über die sich aus dem ArbEG ergebenden Rechte und Pflichten zu unterrichten und zu belehren, fügte die Schiedsstelle hinzu. Das war insofern wichtig, als der Erfinder Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung einer Unterrichtungs- bzw. Belehrungspflicht geltend gemacht hatte.
Monopolstellung durch technischen Verbesserungsvorschlag
Weitere Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch auf den technischen Verbesserungsvorschlag aus § 20 Abs. 1 ArbEG ist, dass die technische Neuerung des Diensterfinders dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung wie ein gewerbliches Schutzrecht gewährt. Daher ist von Bedeutung, ob die der technische Verbesserungsvorschlag „in nahe liegender Weise“ letztlich Standardüberlegungen in diesem Industriebereich enthält. In dem Fall würde kein Vergütungsanspruch bestehen im Sinn einer Monopolstellung.
Im vorliegenden Fall war die Schiedsstelle der Auffassung, dass ein Fachmann, dem die Aufgabe gestellt worden wäre, die der Erfinder mit seiner technischen Verbesserung gelöst hat, zu der grundsätzlich gleichen Lösung gekommen wäre wie der Erfinder. Daher bestehe kein Vergütungsanspruch aus § 20 Abs. 1 ArbEG, urteilte die Schiedsstelle.
Es handele sich stattdessen um einen einfachen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 2 ArbEG. Dafür jedoch und auch für die Höhe der Prämierung eines einfachen technischen Verbesserungsvorschlags ist die Schiedsstelle nach § 28 ArbEG sachlich unzuständig.
Letztlich konnte der Erfinder also keine zusätzliche Vergütung oder Prämierung der überaus erfolgreichen technischen Verbesserung geltend machen.
In einem weiteren Schritt hätte hier möglicherweise Unbilligkeit einer Vereinbarung geltend gemacht werden können aufgrund der kleinen Prämie bei sehr hohen Einsparungen des Unternehmens. An die Unbilligkeit einer Vereinbarung gemäß § 23 ArbEG werden jedoch hohe Anforderungen gestellt, beispielsweise muss eine Unbilligkeit der Vereinbarung von Anfang anhaften.
Wie hoch wäre die Vergütung gewesen bei Monopolstellung?
Doch wie hoch wäre die Vergütung gewesen, wenn ein Vergütungsanspruch auf einen qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 ArbEG bestanden hätte? Die Schiedsstelle selbst führte diesen Gedanken aus.
Wenn es sich bei dieser Neuerung um einen qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag gemäß § 20 Abs. 1 ArbEG handeln würde, hätte zunächst der erfassbare betriebliche Nutzen nach RL Nr. 12 ermittelt werden müssen, ebenso auch der Anteil an der Erfindung durch den betriebsinternen Stand der Technik.
Der Wert eines qualifizierten Verbesserungsvorschlags entspricht zudem nicht der gesamten Differenz zwischen Kosten und Erträgen, denn der Arbeitgeber würde ja auch einem freien Erfinder nur einen Teil dieser Ersparnis zahlen. Insofern ist bei qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlägen ein Umrechnungsfaktor anzusetzen zwischen 1/16 und 1/6 des Bruttonutzens, also des um die konkreten Kostenpositionen bereits verminderten Nutzens. Im Regelfall ist dies ein Umrechnungsfaktor von 10 % (= 1/10) bis zu 2/15 (13,5 %) des Bruttonutzens.
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Quellen:
Entscheidung der Schiedsstelle, Arb.Erf. 20/10
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