Wenn ein Arbeitgeber vor Ablauf der Schutzdauer einer Diensterfindung das Patent aufgeben möchte, hat er eine Informationspflicht gegenüber dem Arbeitnehmererfinder über seine Absicht. Sie gilt jedoch nicht mehr, wenn gegen eine Prämienzahlung diese Pflicht aufgehoben wurde.
In einem vor der Schiedsstelle des DPMA verhandelten Fall ging es um die Diensterfindung eines Chemikers. Der Arbeitgeber hatte die Diensterfindung zwar als Patent angemeldet, hatte sie aber unbenutzt als Vorratspatent belassen.
Der Arbeitgeber zahlte jahrelang die entsprechenden Gebühren, aber zahlte die 14. Jahresgebühr nicht mehr. Dadurch war das auf der Diensterfindung beruhende Patent vor Ablauf der Höchstschutzdauer erloschen. Grundsätzlich wäre der Arbeitgeber nach § 16 Abs. 1 ArbEG verpflichtet gewesen, dem Arbeitnehmererfinder seine Absicht mitzuteilen und ihm auf sein Verlangen hin das Patent auf seine Kosten zu übertragen. Im vorliegenden Fall war der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nicht nachgekommen.
Keine Ansprüche, wenn gegen Prämienzahlung abgegolten
Dennoch konnte der Arbeitnehmererfinder aus der Pflichtverletzung keine Ansprüche geltend machen. Denn der Arbeitnehmer hatte den Arbeitgeber gegen eine Prämienzahlung von dieser Verpflichtung entbunden. Dadurch erfolgte die Entscheidung, das Patent fallen zu lassen, ausschließlich im Rahmen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers und frei von der gesetzlichen Einschränkung des § 16 Abs. 1 ArbEG.
Wert der Diensterfindung: Vorratserfindungswert
Der Diensterfindung wurde ein sogenannter Vorratserfindungswert von 6.500 € zugebilligt. Denn ein Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine Diensterfindung zu benutzen, sie zu lizenzieren oder zu verkaufen. Er kann sie auch unbenutzt in seinem Portfolio als Vorratspatent belassen. Ein Arbeitgeber hat aus einem Vorratspatent keinerlei wirtschaftlichen Gewinn, kann aber einen wirtschaftlichen zukünftigen Nutzen erwarten. Einem Vorratspatent wird deshalb in ständiger Schiedsstellenpraxis ein festgelegter Jahreserfindungswert von 640 € bzw. bei zusätzlich bestehenden nicht verwerteten Auslandsschutzrechten von 770 € zugestanden.
Da der Arbeitnehmererfinder im vorliegenden Fall Miterfinder zu 12,5 % ist, entfällt auf ihn ein Erfindungswert von 812,50 €. Bei einem Anteilsfaktor von 18 % ergibt sich hieraus eine Vergütung von 146,25 €. Da der Arbeitgeber 150 € ausbezahlt hat, verbleibe kein weiterer Restanspruch des Antragstellers, stellte die Schiedsstelle klar.
Höhe des Vergütungsanspruchs nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit
Die Höhe des Vergütungsanspruchs richtet sich nach § 9 Abs. 2 ArbEG nach der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Diensterfindung und den Aufgaben und der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie dem Anteil des Betriebes am Zustandekommen der Diensterfindung. Die angemessene Arbeitnehmererfindervergütung nach § 9 Abs. 1 ArbEG ist somit das Produkt aus Erfindungswert x Anteilsfaktor.
Der Gesetzgeber hat mit dem Begriff „wirtschaftliche Verwertbarkeit“ aber auch Möglichkeiten der Verwertung einer Diensterfindung mitbedacht, die an sich im Betrieb bestehen, aber tatsächlich nicht ausgenutzt werden. Ein solcher Fall liegt mit einem Vorratspatent vor.
Aber da der Arbeitnehmererfinder das Recht auf Informationspflicht gegen Prämienzahlung verkauft hatte, kann er aus § 16 Abs. 1 ArbEG keine Ansprüche ableiten. Gleichwohl hätte eine Übertragung der Diensterfindung auf den Antragsteller den Streitfall möglicherweise zügiger beendet, gab die Schiedsstelle zu bedenken. Die Schiedsstelle ist nicht nur die zuständige behördliche Stelle für alle Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmererfinder gemäß § 29 ArbEG, sondern fungiert auch als Schlichtungsstelle.
Für den vorliegenden Fall rechnete die Schiedsstelle vor, welche Kosten und welchen Nutzen der Arbeitnehmererfinder bei einer Übertragung seiner Rechte erwarten hätte können. Denn dann wäre es an ihm gewesen, die Aufrechterhaltungsgebühren in Höhe von 910 € (14. Patentjahr), 1.060 € (15. Patentjahr), 1.230 € (16. Patentjahr), 1.410 € (17. Patentjahr), 1.590 € (18. Patentjahr), 1.760 € (19. Patentjahr) und 1.940 € (20. Patentjahr), insgesamt also 9.900 € selbst zu entrichten und von ihm für möglich gehaltene Lizenzvereinbarungen abzuschließen, führte die Schiedsstelle aus. Und dies mit der Situation, dass keine konkrete realisierbare Verwertungsmöglichkeiten in Aussicht gestanden hatten.
Die Schiedsstelle empfahl daher, den Streit beizulegen mit der bisher vom Arbeitgeber gezahlten Vergütung.
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Quellen:
Entscheidung der Schiedsstelle Arb.Erf. 05/15
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