Der BGH hat mit seinem kürzlichen Urteil „Fesoterodinhydrogenfumarat“ die Erfordernisse an die Meldung einer Diensterfindung präzisiert. Zudem entschied der BGH, dass durch Assignment kein Scheingeschäft vorliegt, wenn dadurch eine beidseitig gewünschte Anmeldung von Schutzrechten möglich wird.
In diesem interessanten Fall „Fesoterodinhydrogenfumarat“ (X ZR 148/17) führte der Bundesgerichtshof (BGH) die Erfordernisse an die Meldung einer Diensterfindung im Detail und als Leitsatzentscheidungen aus.
Gemäß § 5 ArbEG ist ein Arbeitnehmer nicht nur gefordert, sondern sogar verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Diensterfindung unverzüglich mitzuteilen. Der Diensterfinder hat dabei kein Wahlrecht, ob er seinem Arbeitgeber eine Diensterfindung unter Beachtung der Anforderungen des § 5 ArbEG oder einen betrieblichen Verbesserungsvorschlag oder -ergebnis meldet. Dies führt in der Praxis immer wieder zu Streitfällen wie auch vorliegend.
Sachverhalt: die Meldung der Diensterfindung
Im vorliegenden Fall war der Kläger ein Apotheker, der als Angestellter eine Erfindung für Arzneimittelzusammensetzungen mit Fesoterodin „Fesoterodinhydrogenfumarat“ machte. Wie in einem solchen Fall üblich, waren mehrere Mitarbeiter und auch Abteilungen des Unternehmens daran beteiligt.
Der Kläger übermittelte dem damaligen Leiter der Patentabteilung im Januar 2005 ein Schreiben über die Erfindung „Fesoterodinhydrogenfumarat“ und erläuterte darin den Gegenstand der Erfindung, Hintergrund und das Zustandekommen. Er beschrieb verschiedene Formulierungskonzepte, Verfahren und Darreichungsformen.
Unter der Überschrift „Patentaspekte“ führte er aus, in welchem Umfang sich aus der Entwicklungsarbeit patentierbare Sachverhalte ableiten ließen, bedürfe sorgfältiger Prüfung. An der Entwicklung seien die Arbeitsgruppen „Formulierung“ und „Analytik“ beteiligt. Für die Gruppe „Formulierung“, der er selbst angehörte, schlug der Kläger einen prozentualen Erfinderanteil vor.
Erst im April 2015 wurde der Kläger vom Unternehmen aufgefordert, eine Erfindungsmeldung unter Verwendung des im Unternehmen gebräuchlichen Formblatts zu machen; dem kam er innerhalb weniger Tage nach. Das Unternehmen nahm die Erfindung voll in Anspruch und meldete Schutzrechte darauf an.
Erfindungsmeldung durch Schreiben oder durch Formblatt?
Strittig war zwischen dem Kläger und dem Unternehmen der Zeitpunkt der Erfindungsmeldung: galt das Schreiben vom Januar oder erst das Formblatt im April?
Dies ist eine wichtige Frage sowohl für die Vergütung der Diensterfindung als auch in Bezug auf weitere abgetretene Ansprüche einer der beteiligten Mitarbeiterinnen. Vor allem aber wurden im vorliegenden Fall für die Erfindung auch Schutzrechte in den U.S.A. angemeldet, hier ging es auch um die Forderung des Klägers, gegenüber dem US-amerikanischen Patentamt in die Umschreibung des Patents und der Patentanmeldung als Mitinhaber eingetragen zu werden.
Berufungsgericht muss erneut entscheiden
Das Berufungsgericht hatte das Schreiben vom Januar als eine gesonderte schriftliche Erfindungsmeldung nach § 5 Abs. 1 ArbNErfG aF als erfüllt gesehen und sich in der Begründung darauf bezogen, dass der Kläger sich ja auf fertige Erkenntnisse bezog, ergo kein Zwischenergebnis vorlag, und vor allem dass er seinen eigenen Anteil als Miterfinder sowie auch die ebenso beteiligten Miterfinder genannt hatte.
Der BGH entschied dagegen, die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts sei nicht tragfähig. Insbesondere hätte das Berufungsgericht sich damit auseinandersetzen müssen, dass der Kläger selbst eine sorgfältige Prüfung der patentierbaren Sachverhalte vorschlug. Eine solche Passage in der Meldung einer Diensterfindung stehe dem vom Berufungsgericht gefundenen Ergebnis zwar nicht zwingend entgegen, führte der BGH aus. Im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung (§ 286 ZPO) hätte sich das Berufungsgericht aber mit ihnen befassen und begründen müssen, weshalb es die von ihm herangezogenen Passagen des Schreibens als ausschlaggebend erachtet.
Die Frage, ob das Schreiben vom Januar 2005 die Anforderungen an eine Erfindungsmeldung erfüllt, bedürfe daher der erneuten tatrichterlichen Würdigung, urteilte der BGH, und verwies diese Entscheidung an das Berufungsgericht.
BGH Leitsätze zur Meldung einer Diensterfindung
In Bezug auf die Auslegung des § 5 ArbEG entschied der BGH zudem als Leitsätze:
- Gemäß Abs. 1 soll dem Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer unterschriebene Meldung im Original zugehen. Es muss kenntlich gemacht sein, dass es sich um die Meldung einer Erfindung handelt. Darüber hinaus gehende Vorgaben in Bezug auf die Adressierung oder die Übermittlung der Meldung an den Arbeitgeber ergeben sich aus dieser Vorschrift jedoch nicht.
- Sind mehrere Mitarbeiter an einer Erfindung beteiligt, genügt gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 ArbNErfG aF, ein Hinweis an den Arbeitgeber, dass Miterfinder beteiligt waren und wie diese und deren Anteile ermittelt werden können. Miterfinder aus seinem eigenen Verantwortungsbereich sollte ein Diensterfinder konkret benennen. Hinsichtlich der Beteiligung von Mitarbeitern aus anderen Bereichen des Unternehmens genügt dagegen grundsätzlich die Angabe der betreffenden Organisationseinheit.
- Die Meldung einer Diensterfindung kann auch eine Zusammenfassung von verschiedenen Formulierungskonzepte, Verfahren und Darreichungsformen enthalten – solange diese dasselbe technische Problem betreffen und auf einem gemeinsamen Lösungsansatz beruhen und die Erfindungsmeldung in der Fülle des innerbetrieblichen Schriftverkehrs als solche erkennbar ist. Andernfalls ist eine gesonderte Meldung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF erforderlich.
Übertragung des Erfindungsanteils durch Assignment- Scheingeschäft abhängig vom Zweck
In einem zweiten wichtigen Aspekt dieses Falls ging es um die Übertragung des Erfindungsanteils durch Assignment und die Frage, ob dies ein Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB ist. Der Kläger hatte am 20. November 2007 eine von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorformulierte Vereinbarung zur Übertragung der Rechte an den streitgegenständlichen Erfindungen (Assignment) unterzeichnet.
Wenn dies den Zweck hatte, die Anmeldung von Schutzrechten in den Vereinigten Staaten zu ermöglichen wie im vorliegenden Fall, könne eine solche Übertragungsvereinbarung nicht als Scheingeschäft angesehen werden, urteilte der BGH. Diesen Zweck konnten die Parteien nur durch eine wirksame Erklärung erreichen, nach deutschem Recht ist dies als Einvernehmen für die vereinbarte Rechtsfolge zu sehen, entschied der BGH.
Rückübertragung der abgetretenen Rechte möglich
Allerdings ist der zum Zwecke der Anmeldung erforderliche dingliche Übertragungsakt zu unterscheiden von dem schuldrechtlichen Grundverhältnis, auf dem er beruht, ergänzte das Gericht. Denn stellt sich später heraus, dass die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen wurde, kann der Arbeitnehmer gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückübertragung der abgetretenen Rechte und die Übertragung der durch die erfolgte Übertragung erreichte Schutzrechtspositionen des Arbeitgebers verlangen. Dies sei im Übrigen unabhängig davon, ob sich die Wirksamkeit der Übertragung nach deutschem oder nach amerikanischem Recht richtet, fügte BGH hinzu.
Selbst wenn eine Rechtsübertragung danach wirksam war, stehe dies Ansprüchen des Arbeitnehmers auf (Rück-)Übertragung nicht entgegen, erläuterte der BGH, solange beide Seiten davon ausgegangen sind, dass die Rechte an der Erfindung nach deutschem Recht und Arbeitnehmererfinderrecht schon kraft Inanspruchnahme auf den Arbeitgeber übergegangen sind. Beide Seiten wissen und wollen in solchen Fällen, dass die zur Anmeldung eines US-Patents erforderliche Rechtsstellung auf den Arbeitgeber übergeht. Hier sei daher das erforderliche Erklärungsbewusstsein gegeben– entgegen einer verbreiteten Auffassung beispielsweise des OLG Düsseldorf und des OLG Frankfurt, fügte der BGH explizit hinzu.
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Quellen:
BGH Urteil X ZR 148/17, Fesoterodinhydrogenfumarat
Bild:
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