Arbeitgeber sollten unabhängig vom Bestehen einer Rechtspflicht auch nach der Aufgabe eines Patents eine Vergütung für die tatsächliche Nutzung an den Arbeitnehmererfinder bezahlen, soweit diese innerhalb der Höchstschutzdauer des Patents erfolgt – im Fall des Verzichts auf Pflichten zur Information über die Schutzrechtsaufgabeabsicht nach § 16 ArbEG.
Der Sachverhalt
Im Mittelpunkt des Schiedsstellenverfahrens standen drei von der Antragsgegnerin und Arbeitgeberin benutzte Diensterfindungen, an welchen der Diensterfinder und Antragsteller mit unterschiedlichen Miterfinderanteilen beteiligt ist. Die Antragsgegnerin hatte für diese Diensterfindung Patente erhalten und die erfindungsgemäße Lehre benutzt.
Hinsichtlich der Berechnung der daraus resultierenden Arbeitnehmererfindervergütung war zwischen den Beteiligten streitig, ob bei der Ermittlung des Erfindungswerts ein sogenannter Relevanzfaktor Berücksichtigung finden darf.
Zusätzlich war bei einer der Erfindungen streitig, ob die Antragsgegnerin auch nach dem 1. Oktober 2009 Vergütung aufgrund von Benutzungshandlungen schuldete. Denn für diese Erfindung hatte der Arbeitnehmererfinder seine Arbeitgeberin von den Pflichten zur Information über die Schutzrechtsaufgabeabsicht nach § 16 ArbEG entbunden, gegen die Zahlung einer Prämie. Die Arbeitgeberin hatte in der Folge die Patentanmeldung durch Zahlung der Jahresgebühren nicht aufrecht erhalten, das Patent war daher zum 1. Oktober 2009 erloschen – ohne dass der Arbeitnehmererfinder davon in Kenntnis gesetzt wurde. Gleichwohl nutzte die Arbeitgeberin das umstrittene Patent weiter im eigenen Betrieb.
Relevanzfaktor im Erfindungswert
Die Schiedsstelle sieht die Berücksichtigung eines Relevanzfaktors bei der Ermittlung des Erfindungswerts grundsätzlich als zulässig und regelmäßig auch als geboten an, kann sich vorliegend aufgrund mangelnder Detailkenntnisse jedoch nicht konkret zu dessen Höhe äußern.
Die tatsächliche Verwertung einer Erfindung sind die Benutzung im eigenen Betrieb, die Lizenzierung oder der Verkauf der Diensterfindung. Wenn ein Arbeitgeber wie im vorliegenden Fall Diensterfindungen im eigenen Betrieb benutzt, sei der geldwerte Vorteil das, was der Arbeitgeber einem freien Erfinder für die Nutzung der geschützten technischen Lehre zahlen müsste, wenn ihm das Recht zur Nutzung der technischen Lehre nicht im Rahmen der §§ 5 – 7 ArbEG durch seinen Arbeitnehmer vermittelt worden wäre, erinnerte die Schiedsstelle.
Für die Ermittlung dieses geldwerten Vorteils komme in diesem Fall vor allem die Ermittlung mit der Methode der Lizenzanalogie in Betracht (Nutzen Sie auch gerne unseren Kalkulator zur Berechnung der Erfindervergütung).
In der praktischen Umsetzung ergibt sich allerdings das Problem, dass die gehandelten Kaufgegenstände regelmäßig nicht inhaltsgleich sind mit zu deren Herstellung benutzten Erfindungen, denn die am Markt gehandelten Wirtschaftsgüter sind oft von hoher technischen Komplexität. Es gelte also zu klären, zu welchem Anteil die Erfindung das vertriebene Endprodukt prägt, erläuterte die Schiedsstelle. Der von der Antragsgegnerin verwendete Begriff „Relevanzfaktor“ ist hierzu ein Synonym, das üblicherweise in der Methode der Lizenzanalogie verwendet wird.
Die Schiedsstelle sah sich aufgrund der technischen Komplexität nicht in der Position, den Relevanzfaktor konkret benennen zu können, empfahl aber den Vorschlag der Arbeitgeberin als sachgerechten Lösungsweg, eine Gesamtbetrachtung des Produktportfolios und des darauf bezogenen Schutzrechtsportfolios unter Zugrundelegung eines Relevanzfaktors anzustellen.
Benutzung der Erfindung nach Erlöschen des Patents
Grundsätzlich war die Arbeitgeberin nach dem Erlöschen des Patents nicht mehr vergütungspflichtig, da sie über keine Monopolstellung mehr verfügte und ihr deshalb bei der Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre auch kein geldwerter Vorteil in Form von ersparten Lizenzgebühren mehr zugeflossen sei, präzisierte die Schiedsstelle. Rechtlich ist ja auch durch die erfolgte Offenlegung und nachfolgende Aufgabe des Patents eine Nachahmung der erfindungsgemäßen Lehre für jedermann möglich.
Allerdings sind aus Sicht der Schiedsstelle gleichwohl zwei Aspekte von Bedeutung, die für eine Weiterführung der Vergütung für die Benutzung der Diensterfindung nach Erlöschen des Patents, aber vor Ablauf der Höchstschutzdauer sprechen könnten.
- Durch Verzicht auf die Pflicht zur Information über die Schutzrechtsaufgabeabsicht nach § 16 ArbEG ersparen sich Arbeitgeber einen nicht unerheblichen und teuren Verwaltungsaufwand. Sie sind aber auf die Einwilligung des Arbeitnehmererfinders und dessen guten Willen angewiesen, der sicherlich höher ausfällt, wenn ihm im Rahmen der Höchstschutzdauer die Erfindervergütung gewährt wird.
- Der Antragsteller hat auf seine Rechte nach § 16 ArbEG gegen Zahlung einer Prämie verzichtet. Fraglich sei, ob diese Prämie eine pauschale Vergütungsregelung darstellt und die zugrundeliegende Vereinbarung damit der Unbilligkeitskontrolle des § 23 ArbEG zugänglich ist. Diese Rechtsfrage sei bislang durch die Rechtsprechung nicht abschließend entschieden.
Verkürzung der Vergütung des Diensterfinders interpretierbar
Biete ein Sachverhalt Hinweise darauf, dass ein Arbeitgeber die frühzeitige Befreiung von der Verpflichtung aus § 16 ArbEG zum Anlass nimmt, Patente ohne Rücksicht auf eine bestehende Nutzung fallen zu lassen, so führe dies zu einer Verkürzung der Vergütung des Arbeitnehmers, betont die Schiedsstelle. Dieser hätte selbst für den Fall, dass der Arbeitgeber ihm das Schutzrecht überträgt, nach § 16 ArbEG Abs. 3 regelmäßig einen weitergeltenden Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber aufgrund dessen Benutzungshandlungen. Die Prämie könnte daher als Gegenleistung für die Verkürzung des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers gesehen werden, die dann auch den Charakter einer vereinbarten Pauschalvergütung zeige, führte die Schiedsstelle aus. Voraussetzung für die dann mögliche Prüfung der Prämie auf Unbilligkeitskontrolle des § 23 ArbEG sei allerdings, dass bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Prämie die Weiternutzung trotz Schutzrechtsaufgabe für Arbeitnehmer und Arbeitgeber erkennbar gewesen sei.
Denkbar wäre auch ein möglicher Anpassungsanspruch auf Basis § 12 Abs. 6 ArbEG, wonach eine andere Vergütungsregelung verlangt werden kann, wenn sich die Umstände nachträglich wesentlich ändern. Eine solche Prüfung würde aber den Verwaltungsaufwand weit übersteigen gegenüber dem, der mit der Verpflichtung des § 16 ArbEG verbunden ist.
Daher empfahl die Schiedsstelle der Arbeitgeberin, unabhängig vom Bestehen einer Rechtspflicht auch im Falle des Verzichts auf § 16 ArbEG und der Aufgabe des Patents eine Vergütung für die tatsächliche Nutzung zu bezahlen, soweit diese innerhalb der Höchstschutzdauer des Patents erfolgt.
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