Der Bundesrat hat als letzte Instanz der Gesetzgebung das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ beschlossen- das Gesetz tritt noch in diesem Jahr in Kraft: ein wesentliches Update des UWG 2020 vor allem in Bezug auf Rechtsverletzungen der Informationspflicht im Internet sowie gegen missbräuchliche Abmahnungen.
Lange wurde es vorbereitet, inzwischen hat es auch die letzte gesetzgeberische Hürde genommen: das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ wurde vom Bundestag am 10. September 2020 und nachfolgend auch bereits vom Bundesrat beschlossen, am 9. Oktober 2020. Dies war die letzte Hürde in der Gesetzgebung, voraussichtlich wird das Gesetz also noch in 2020 in Kraft treten, spätestens dann Anfang 2021.
Update vom 2. Dezember 2020: UWG Anpassung 2020 in Kraft!
Das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ wurde am 1. Dezember 2020 im Bundesanzeiger veröffentlicht und ist dementsprechend seit dem 2. Dezember 2020 in Kraft.
Ziel ist die Eindämmung von missbräuchlichen Abmahnungen und die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands für Rechtsverstöße im Internet.
Durch dieses Gesetz wird das bisherige Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein Update erhalten zum UWG 2020 – mit wesentlichen Änderungen vor allem gegen den Missbrauch durch Abmahnungen sowie in Bezug auf Rechtsverletzungen der Informationspflicht im Internet.
UWG 2020 – wesentliche Änderungen
Das Update des UWG 2020 bringt vor allem Änderungen den gegen den Missbrauch durch Abmahnungen – vor allem für alle wettbewerbsrechtlichen Verletzungen durch das Internet. Folgende Regeln werden dafür in das UWG eingefügt oder geändert:
Verstoß gegen Kennzeichenpflicht im Internet: Kein Erstattungsanspruch für Abmahnkosten
In das UWG wird ein neuer § 13 Abs. 4 eingefügt, demnach ein Erstattungsanspruch für Abmahnkosten zukünftig ausgeschlossen ist für abgemahnte Verstöße wegen Kennzeichnungspflichten im Internet.
Dies umfasst alle Verstöße im Internet, die vor allem durch Einführungen des TMG und der DSGVO für viele – vor allem für Kleinunternehmen und Verbände – unübersehbar wurden: Verletzungen der Impressumspflicht (§ 5 TMG), der Informationspflichten im Fernabsatz, der Pflicht zur Widerrufsbelehrung und – besonders wichtig in jüngerer Zeit – der Pflichten aus der DSGVO. Es ist aber zu beachten, dass der Erstattungsanspruch für Abmahnkosten wegen Verstoß gegen die DSGVO in neuer Fassung des UWG nur für kleine Unternehmen und Verbände ausgeschlossen ist, nicht aber für größere Unternehmen.
Die Abmahnkosten wiederum entstehen folgendermaßen: ein Mitbewerber kann gemäß § 12 UWG – ohne Vorwarnung – einen Rechtsanwalt beauftragen, der dann in seinem Namen gegenüber dem wettbewerbswidrig handelnden Konkurrenten eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ausspricht. Die Kosten – dies sind die Abmahnkosten – einer berechtigten Abmahnung muss der abgemahnte Mitbewerber tragen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG).
Dies also soll mit neuer Fassung des UWG nicht mehr möglich sein bei Verstößen gegen Kennzeichnungspflichten im Internet.
Keine Vertragsstrafen gegen Kleinunternehmen bei Verstoß im Internet
Gleiches gilt im Übrigen auch für Vertragsstrafen: Für Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet und datenschutzrechtliche Informationspflichten nach der DSGVO und BDSG dürfen von kleinen Unternehmen (mit weniger als 100 Mitarbeitern) keine Vertragsstrafen mehr eingefordert gemäß dem zukünftigen § 13 a II UWG.
Schutz vor missbräuchlichen Abmahnungen
Kurz gesagt: es darf bei weitem nicht mehr jeder abmahnen. Denn grundsätzlich wird die Legitimierung zur Abmahnung eingeschränkt, sowohl der Mitbewerber auch diejenige der Verbände. Mitbewerber müssen beispielsweise nachweisen, dass sie wirklich als Mitbewerber am Markt auftreten (§ 8 III Nr. 1 UWG in neuer Fassung) mit konkreten Verkaufszahlen. Zudem dürfen auch Wirtschaftsverbände und Wettbewerbsverbände nach dem beschlossenen Gesetz nur noch abmahnen, wenn sie vom Bundesamt für Justiz überprüft worden und dort in entsprechenden Listen legitimiert sind als klagebefugt.
Abmahnwelle verboten
Auch ein neuer § 8b wird in das UWG eingefügt, der allgemein missbräuchliche Abmahnungen eindämmen soll. So sind Abmahnungen zukünftig verboten, wenn eine erhebliche Anzahl von Abmahnungen gegen die immer gleichen Verstöße ausgesprochen werden, sogenannte Abmahnwellen (§ 8b Abs. 2 Nr. 2 UWG). Ebenso sind Abmahnungen verboten, die einen unangemessen hohen Gegenstandswert oder eine überhöhte Vertragsstrafe fordern.
Grundsätzlich kann man nach UWG in neuer Fassung auch selbst Gegenforderungen stellen, wenn man eine missbräuchliche Abmahnung erhalten hat. Sprechen Sie uns gerne an in einem solchen Fall.
Reduzierung der Höhe der Vertragsstrafen
Wenn eine Vertragsstrafe Abmahnung ausgesprochen wird, diese jedoch unangemessen hoch angesetzt ist, kann sie zukünftig auf eine angemessene Höhe reduziert werden. Bisher konnte ein Schuldner keine gerichtliche Herabsetzung beantragen wegen § 348 HGB, das nun kein Hindernis mehr darstellt. Denn nach § 13a IV und V UWG kann eine Vertragsstrafe auf angemessene Höhe reduziert werden, selbst dann, wenn eine bestimmte Höhe der Vertragsstrafe fest vereinbart wurde.
Ganz grundsätzlich werden mit jetzigem Update des UWG Vertragsstrafen ohnehin auf max. 1.000 Euro begrenzt für alle kleinen Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern (§ 13a II UWG).
Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstandes“ für Verstöße im Internet
Wettbewerbsrechtliche Rechtsverletzungen im Internet konnte man bisher gemäß § 32 ZPO am „Deliktsort“ gerichtlich geltend machen. In der Praxis wurde dies „fliegender Gerichtsstand“ genannt, da jeder Ort und jedes Gericht frei ausgewählt werden konnte – die Internetseite war schließlich überall abrufbar, der Verstoß fand also überall statt.
Dies wird nun durch § 14 II 3 UWG nicht mehr möglich sein. Demnach muss ein Kläger wettbewerbsrechtliche Verstöße im Internet grundsätzlich geltend machen an dem für den Sitz des Beklagten zuständigen Gericht.
Aktivlegitimation von Wirtschaftsverbänden erst ab 01.12.2021
Darüber hinaus sind nach dem neuen Gesetz Wirtschaftsverbände und Vereine nur noch unter der Voraussetzung aktivlegitimiert, wenn sie in einer „Liste qualifizierten Wirtschaftsverbände“ eingetragen sind; eine solche Liste wird durch das Bundesamt für Justiz geführt. Für das Eintragen in diese Liste sind objektive Kriterien zu erfüllen, im wesentlichen:
- eine Mindestanzahl von 75 Unternehmen müssen dem Verband/Verein als Mitglieder angehören
- und die Tätigkeit des Verbands/Vereins darf nicht primär darauf gerichtet sein, Einnahmen aus den Abmahnungen zu erzielen.
Bis zum Inkrafttreten dieser Aktivlegitimation von Wirtschaftsverbänden und -Vereinen vergeht noch etwas Zeit. Denn diese Neuregelung tritt abweichend vom übrigen Gesetz erst am 1. Dezember 2021 in Kraft. Durch diese Übergangsfrist soll den Wirtschaftsverbänden und Wirtschaftsvereinen die Möglichkeit gegeben werden, sich in die Liste eintragen zu lassen, ohne sofort die Klagebefugnis zu verlieren.
Fazit
Wie jedes Gesetz geben die neuen Änderungen und Erweiterungen des UWG eine Richtung vor, berücksichtigen aber bei Weitem nicht alle Fallkonstellationen.
Die Gesetzänderungen gehen zwar auf die Verstöße im Internet in Bezug auf das TMG und die DSGVO ein, nicht aber auf die vielfältigen Informationspflichten, die schon alleine für Online Shops bestehen und wirklich relevant sind für Verbrauchersicherheit. Pflicht zur Kennzeichnung von Lebensmitteln sei hier genannt, ebenso die Pflicht zur Kennzeichnung von geografisch geschützten Produkten und natürlich die Kennzeichnungspflichten für Arzneien und Pharmaprodukte.
Gelten all diese Verstöße auch als Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet? Letzten Endes wird dies erst durch Gerichtsverfahren konkret beantwortet sein.
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Quellen:
Bundesrat: Bundesrat billigt Gesetz gegen missbräuchliches Abmahnwesen
BMJV: Gesetzentwurf „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“
Bild:
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