Den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen einen Wettbewerber des Arzneimittels gegen Brustkrebs hat das OLG Düsseldorf abgelehnt. Im Mittelpunkt steht die mögliche Patentverletzung eines Verwendungspatents mit dem Wirkstoff Fulvestrant.
Einstweilige Verfügung vom OLG abgelehnt
Das Klagepatent DE 601 13 975 T2 ist der deutsche Teil des europäischen Patents 1 272 195 B1 und wurde am 2. April 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 5. April 2000 angemeldet. Inhaberin des Klagepatents und Klägerin vor dem OLG Düsseldorf ist der internationale Pharmakonzern AstraZeneca AB. Die Klägerin hatte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einen Wettbewerber beantragt und stellte einen Anspruch auf Unterlassung und Feststellung eines Schadenersatz. Mit seinem Urteil vom Januar 2019 (2 U 28/18) lehnte dies das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf) ab.
Die Wirkung eines Verwendungspatents eines Stoffs erstrecke sich nicht nur auf die patentgeschützte Verwendung als solche, sondern erfasse bereits im Vorfeld liegende Handlungen, mit denen die dieser Stoff zu der geschützten Verwendung sinnfällig hergerichtet wird. Die sinnfällige Herrichtung müsse den patentgemäßen Gebrauch nicht als alleinigen und ausschließlichen Verwendungszweck vorgeben, er müsse aber zu derjenigen Verwendung gehört, zu der die Herrichtung anleitet, heißt es im Urteil zur Anlehnung der einstweiligen Verfügung. Weil dem so ist, könne auch in Fällen des herrichtungsfreien cross-label-use nicht nur ein solcher Gebrauch haftungsrelevant sein, der ausschließlich oder nahezu ausschließlich die patentgemäße Verwendung betrifft.
Das Vorbringen der Klägerin ergebe jedoch nicht, dass das streitbefangene Präparat der Beklagten aufgrund einer tatsächlichen Verschreibungspraxis in einem ausreichenden Umfang in solchen Fällen zum Einsatz kommt oder gekommen ist, bei denen die Krebspatientin zuvor palliativ erfolglos sowohl mit Tamoxifen als auch mit einem Aromataseinhibitor behandelt worden ist. Daher lehnte das OLG den Antrag auf einstweilige Verfügung ab.
Weitere Verfahren um das Klagepatent
In einem vorangegangen Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren wurde das Klagepatent im erteilten Umfang aufrechterhalten (Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des EPA vom 14. Februar 2013). Derzeit ist das Klagepatent aber auch Gegenstand eines Nichtigkeitsverfahrens vor dem Bundespatentgericht (BPatG); die Entscheidung steht noch aus. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat noch nicht über die dort anhängige Rechtfrage entschieden, ob die Haftung eines Generikaunternehmens auch unabhängig von einer sinnfälligen Herrichtung seines Präparates in Betracht kommen kann.
Das Klagepatent von AstraZeneca AB betrifft die „Verwendung von Fulvestrant in der Behandlung von resistentem Brustkrebs“ – . Die Klageansprüche daraus stützen sich auf den palliativen und adjuvanten Gesamteinsatz von Fulvestrant. In der eingetragenen deutschen Übersetzung hat Patentanspruch folgenden Wortlaut:
„Verwendung von Fulvestrant bei der Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug.“
OLG Düsseldorf lehnt Berufung auch ab
Das OLG Düsseldorf lehnte nicht nur den Antrag auf einstweilige Unterlassungverfügung ab sondern auch die zwei Berufungen gegen das Urteil des LG Düsseldorfs, in dem die mögliche Patentverletzung des Klagepatents zurückgewiesen wurde.
Das Landgericht Düsseldorf hatte das Klagebegehren von AtraZeneca abgelehnt, weil nicht mit der gebotenen Verlässlichkeit festgestellt werden könne, dass die angegriffene Ausführungsform in hinreichendem Umfang verwendet werde bei einer palliativen Therapie nach Fehlschlagen einer vorangegangenen Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen. In der Berufung machte die Klägerin geltend, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, nur eine palliative Vorbehandlung sei relevant. Denn die Beklagte hatte geltend gemacht, bei richtigem Verständnis des Klagepatents könne von einem Fehlschlagen der Vorbehandlung nur dann gesprochen werden, wenn die Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor angesichts eines manifesten Tumors palliativ – und nicht nur adjuvant – erfolgt sei. Das Originalpräparat der Klägerin verfüge aber über keine Zulassung für eine solche erfindungsgemäße Verwendung.
In seinem Urteil stellte das OLG Düsseldorf klar, dass erfindungsgemäß offen bleibe, ob zunächst mit Tamoxifen und anschließend mit einem Aromataseinhibitor behandelt oder in umgekehrter Reihenfolge vorgegangen wurde. Notwendige Bedingung jeder Patentbenutzung sei allerdings, dass die beiden Wirkstoffe sequenziell hintereinander – und nicht gleichzeitig nebeneinander – verabreicht wurden.
Bei der fehlgeschlagenen Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor, der sich die Fulvestrant-Patientin vorangehend unterzogen haben muss, habe es sich aber um eine palliative – und nicht nur um eine adjuvante – Brustkrebstherapie zu handeln, betonte das OLG. Denn in Bezug auf eine lediglich adjuvante Behandlung lasse sich vielfach überhaupt nicht beurteilen, ob sie „fehlgeschlagen“ ist. Daher könne sie auch nicht als „vorangegangene Behandlung“ gesehen werden.
Das Klagebegehren von AstraZeneca scheitere schon daran, dass die angegriffene Ausführungsform nicht für die patentgeschützte Verwendung sinnfällig hergerichtet sei, urteilte der OLG Düsseldorf und lehnte daher die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ab. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Ein Patentanspruch auf die Verwendung eines Stoffs zur Behandlung einer Krankheit habe die Eignung des Stoffes für einen bestimmten medizinischen Einsatzzweck und damit letztlich eine dem Stoff innewohnende Eigenschaft zum Gegenstand – unabhängig von der Frage, ob der Patentanspruch auf zweckgebundenen Stoffschutz, auf die Verwendung des Medikaments oder auf dessen Herrichtung zu einem bestimmten Verwendungszweck gerichtet ist (BGH, GRUR 2016, Pemetrexed, siehe auch „Patentverletzung durch adäquate Mittel“). Ein zweckgebundener Stoffschutz ist sowohl im deutschen Patentrecht wie auch im Europäischen Patentabkommen vorgesehen (§ 3.4 PatG und Art. 54.5 EPÜ).
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Quellen:
Urteil des OLG Düsseldorf 2 U 28/18, Einstweilige Verfügung
Urteil des OLG Düsseldorf 2 U 29/18, Ablehnung der Berufung
OLG Düsseldorf 2 U 27/18, Ablehnung der Berufung
Bild:
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