Zum ersten Mal seit der Reform des Markenrechts, mit dem u. a. Hörmarken eingeführt wurden, urteilte das Europäische Gericht im Fall einer Hörmarke. Die Hörmarke „Dosen Plopp“ sei ohne Unterscheidungskraft, urteilte der EuG – mit interessanten Aspekten der Rechtsprechung in Bezug auf eine Hörmarke.
Hörmarke „Dosen Plopp“ – Öffnen einer Getränkedose
Bei der angemeldeten und umstrittenen Hörmarke „Dosen Plopp“ handelt es sich um ein Hörzeichen, das an den Klang erinnert, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von etwa einer Sekunde ohne Geräusch und einem Prickeln von etwa neun Sekunden. Bei der Anmeldung legte die Markenanmelderin und Klägerin, die Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG (Deutschland) eine Audiodatei vor mit einer kleinen Abfolge von Geräuschen – und einer gezielten Stille. Schutz für die Hörmarke „Dosen Plopp“ wurde beantragt für Waren der Nizza-Klassen 6 („Bahälter“), 29 („Milchgetränke“), 30 („Getränke mit Kaffee“) und alkoholische Getränke sowie Bier (die Klassen 32 und 33).
Das zuständige Markenamt lehnte die Markeineintragung der Hörmarke jedoch ab wegen fehlender Kennzeichnungskraft für eine betriebliche Herkunft, eine Grundvorausssetzung einer jeder Marke.
Auch die daraufhin angerufene Beschwerdekammer bestätigte diese Ansicht. Die die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Klangmarken seien keine anderen als die für andere Kategorien von Marken geltenden, stellte die Beschwerdekammer fest. Außerdem sei die breite Öffentlichkeit nicht notwendigerweise daran gewöhnt, einen Klang als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft von ungeöffneten Getränkeverpackungen und verpackten Getränken anzusehen.
Gegen diese Entscheidung klagte der deutsche Verpackungshersteller vor dem Europäischen Gericht (EuG). Und so gibt es jetzt ein erstes Europäischen Urteil seit der Reform des Markenrechts in 2017 in Bezug auf eine Hörmarke – mit interessanten Aspekten über das „Dosen Plopp“ hinaus.
Interessante Aspekte im EuG Urteil der Hörmarke „Dosen Plopp“
Muss ein Klang, um als Marke eingetragen werden zu können, eine gewisse Resonanz bzw. einen gewissen Wiedererkennungswert haben?
Und gab die Hörmarke einen der Nutzung der beanspruchten Waren inhärenten Klang wieder (also ein typisches Geräusch), so dass die maßgeblichen Verkehrskreise diese Marke als funktionelles Element und als Hinweis auf die Eigenschaften der in Rede stehenden Waren sahen?
Überhaupt stellt sich auch die Frage, ob ein Klang, der erst beim Öffnen einer Verpackung entsteht, die Kaufentscheidung beeinflusst; die Beschwerdekammer verneinte dies.
Und nicht zuletzt: muss eine Hörmarke mit einem inhärenten Klang „erheblich“ von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweichen – wie es in der Rechtsprechung ein etabliertes Kriterium für dreidimensionale Marken ist, die das äußere Erscheinungsbild einer Ware oder ihrer Verpackung darstellen?
EuG: Kriterien für Unterscheidungskraft einer Hörmarke
Zunächst einmal bestätigte der EuG, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Hörmarke keine anderen sind als die für die übrigen Markenkategorien; denn Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 unterscheidet nicht zwischen diesen verschiedenen Kategorien.
Entsprechend muss ein Klang, der als Hörmarke geschützt wird, eine gewisse Resonanz aufweisen, urteilte das Gericht – und nicht bloß als funktionaler Bestandteil oder als Indikator ohne wesenseigene Merkmale. In jedem Fall müssen die Verbraucher durch die Hörmarke eine Verbindung zu deren betrieblichen Herkunft herstellen.
In Bezug auf die Hörmarke „Dosen Plopp“ stellte der EuG zwei Merkmale der Marke fest, nämlich die etwa eine Sekunde lang dauernde Geräuschlosigkeit und den etwa neun Sekunden lang dauernden Klang des Prickelns von Perlen. Jedoch können nach Ansicht des Gerichts derartige Nuancen im Verhältnis zu den klassischen Klängen, die Getränke beim Öffnen erzeugen, im vorliegenden Fall nicht ausreichen für den Nachweis der erforderlichen Resonanz. Die Hörmarke gebe also keinen Hinweis auf betriebliche Herkunft.
Hörmarke nicht analog zu 3D Marke, die Ware oder Verpackung darstellt
Allerdings rügte der EuG die Begründung der Beschwerdekammer. Diese hatte der Hörmarke „Dosen Plopp“ die erforderliche Resonanz abgesprochen und dies mit der „außergewöhnlichen Einfachheit“ und „Alltäglichkeit“ dieser Notenfolge begründet. Diese Begründung beruht jedoch auf der Rechtsprechung dreidimensionale Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen, erklärte der EuG.
Das aber sei nicht richtig im Hinblick auf eine Hörmarke. Eine Wort‑, Bild ‑ oder Hörmarke bestehe auch durchaus aus einem Zeichen, das vom Erscheinungsbild oder der Form der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist. Der EuG verwies auf das höchstrichterliche EuGH Urteil Wajos von 2019, in dem auch der EuGH auf diesen Umstand aufmerksam gemachte hatte. Daher, entschied jetzt der EuG, könne die Rechtsprechung für dreidimensionale Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen, grundsätzlich nicht auf Hörmarken angewandt werden.
Klang erst beim Öffnen der Verpackung – Einfluss auf Kaufentscheidung?
Auch in einem weiteren Punkt der Begründung irrte die Beschwerdekammer, stellte der EuG fest. Wenn der Klang erst beim Konsum des fraglichen Produkts und damit erst nach dessen Erwerb ertöne, könne er den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Orientierung bei ihrer Kaufentscheidung dienen, hatte die Beschwerdekammer erklärt.
Doch der EuG widersprach. Die meisten Waren sind an sich geräuschlos und erzeugen nur dann einen Klang, wenn sie konsumiert werden, erläuterte das Gericht. Die bloße Tatsache, dass ein Klang nur dann zu hören ist, wenn ein Produkt konsumiert wird, bedeute nicht, dass die Verwendung von Klängen zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft eines Produkts auf einem bestimmten Markt unüblich ist. Dies habe im Übrigen keinen entscheidenden Einfluss auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung, ergänzte der EuG.
EuG bestätigt Entscheidung der Beschwerdekammer – trotz Rechtsfehler
Allerdings seien die Rechtsfehler der Beschwerdekammer nicht geeignet, ihre gesamte Entscheidung als fehlerhaft anzusehen, stellte der EuG fest. Denn aus der Gesamtbetrachtung der Begründung gehe klar hervor, dass sich die Beschwerdekammer nicht ausschließlich auf die zu dreidimensionalen Marken entwickelte Rechtsprechung gestützt hat, erklärte das EuG. Zurecht sei entschieden worden, dass es der Hörmarke an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt.
Der EuG wies die Klage des deutschen Verpackungsherstellers vollständig ab.
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Quellen:
EuG Urteil Hörmarke „Dosen Plopp“, EU:T:2021:420
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