Einzelhändlern kann untersagt werden, Luxusartikel über Onlinehandelsplattformen zu verkaufen. Das Oberlandesgericht Frankfurt gab im gestrigen Urteil der Klage von Coty Germany GmbH statt.
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht eine Änderung der Vertriebsverträge von 2012. Autorisierte Händler sind demnach zwar berechtigt, Vertragswaren im Internet anzubieten und zu verkaufen. Die Vertriebsverträge schreiben aber vor, dass dies nur unter der Bedingung gilt, wenn dabei der Luxuscharakter der Produkte gewahrt bleibt. Die erkennbare Einschaltung eines Drittunternehmens, das nicht autorisierter Einzelhändler ist, ist ausdrücklich nicht erlaubt. Diese geänderte Klausel unterzeichnete die die beklagte Parfümerie Akzente nicht. Daher klagte Coty Germany vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gegen diesen autorisierten Händler. Die Parfümerie Akzente sollte daran gehindert werden, Vertragswaren über die Handelsplattform amazon.de zu vertreiben.
Das OLG hatte zunächst mit Beschluss vom 19.04.2016 dem EuGH Fragen zum europäischen Wettbewerbsrecht vorgelegt. Diese hatte der EuGH mit Urteil vom 06.12.2017 (C-230/16) beantwortet – wir berichteten. Auf Basis der Auslegungsvorgaben des EuGH ist das OLG Frankfurt zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin von der Beklagten verlangen könne, die streitigen Markenprodukte nicht über „amazon.de“ zu vertreiben. Reine Werbekooperationen, bei denen der Kunde auf den Internetshop der Beklagten geleitet werde, seien davon allerdings nicht erfasst und weiterhin zulässig.
Selektives Vertriebssystem
Die Internet-Zusatzvereinbarung sei Bestandteil eines von der Klägerin unterhaltenen sog. qualitativen selektiven Vertriebssystems, stellte das OLG klar. Qualitative selektive Vertriebsvereinbarungen seien nach der Rechtsprechung des EuGH zulässig, „wenn die Auswahl der Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt, die einheitlich … festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet werden, wenn die Eigenschaften des fraglichen Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität … ein solches Vertriebsnetz erfordern und sofern die festgelegten Kriterien schließlich nicht über das erforderliche Maß hinausgehen“.
Der EuGH habe im Rahmen des Vorlageverfahrens klargestellt, „dass auch die Sicherstellung des Luxusimages von Waren, deren Qualität nicht allein auf ihren materiellen Eigenschaften beruht, sondern auch auf ihrem Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstattung verleiht, die Einrichtung eines selektiven Vertriebssystems rechtfertigen kann“. Um „in Anbetracht ihrer Eigenschaften und ihres Wesens die Qualität von Luxuswaren zu wahren“, könne mithin auch zur Sicherstellung einer hochwertigen Art der Darbietung die Errichtung eines selektiven Vertriebssystems erforderlich sein. Den hier zu beurteilenden Markenprodukten komme ein Luxusimage zu. Dies wäre bei freier Zulassung der Einschaltung von Drittunternehmen wie „amazon.de“ gefährdet.
Zweifelhaft sei lediglich, ob das Verbot jeglicher „Verkaufskooperation mit einer nach außen erkennbaren anderen Drittplattform ohne Rücksicht auf deren konkrete Ausgestaltung in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel“ stehe. Es seien auch vertragliche Klauseln für den Internetvertrieb vorstellbar, die weniger in die Wettbewerbsfreiheit des Händlers eingriffen. Letztlich habe aber bereits der EuGH hinsichtlich dieser konkreten Klausel die Verhältnismäßigkeit bejaht.
Das Oberlandesgericht hatte für den Fall den EuGH angerufen, um zu klären, ob das von Coty gewünschte Verbot mit dem Wettbewerbsrecht der Union vereinbar sei. Denn Selektive Verkaufssysteme müssen auch in Hinsicht des Kartellrechts geprüft werden (Art. 101 Abs. 1 AEUV). Und um ein solches handelt sich das selektive System von Coty Germany. Der EuGH hatte in seinem Urteil deutlich gemacht, dass das selektive System von Coty Germany keinen Verstoß wider das EU Wettbewerbsrecht darstelle.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH die Zulassung der Revision begehren.
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Quellen:
Pressemitteilung OLG Frankfurt
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