Anweisungen im Patentanspruch – für die Darstellung bestimmter Informationen ebenso wie für die Verarbeitung von Daten – sind nur patentfähig, wenn sie als technisches Mittel ein technisches Problem lösen. Die Wischgeste von Apple ist ebenfalls nicht patentfähig in DE, vor allem, weil die Technik schon bekannt war.
Grundsätzlich sind in einem Patentanspruch enthaltene Anweisungen für die Vermittlung bestimmter Inhalte ebenso so wenig patentfähig wie Anweisungen, die darauf abzielen, eine Datenverarbeitungsanlage in bestimmter Weise zu programmieren gemäß Art. 52 Abs. 2 Buchst. d, Abs. 3 EPÜ in Verbindung mit IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1.
Zur genauen Auslegung des Art. 52 EPÜ ist in der deutschen Rechtsprechung der letzten Jahre mehrfach geurteilt worden, so dass eine gewisse Rechtssicherheit vorliegt.
BGH zur Wischgeste von Apple
Das bekannteste Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) dazu betrifft die Wischgeste von Apple („Entsperrbild, X Z R 1 1 0 / 1 3) von 2015. Das europäische Patent von Apple EP 1964022 (mit Priorität vom 23.12.2005) beschreibt als ein computerimplementiertes Verfahren, dass ein Apple-Nutzer beim Entsperren an einem berührungssensitiven Touchscreen nicht nur über den Bildschirm wischen musste (die bekannte Wischgeste „Slide-to-Unlock“), sondern dafür auf dem Touchscreen auch einen kleinen Schieber eingeblendet bekommt.
Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich dabei jedoch um keine erfinderische Tätigkeit, denn die Wischgeste von Apple war durch Veröffentlichungen bereits vorher bekannt oder dem Fachmann naheliegend. Das vom schwedischen Hersteller Neonode vertriebene Mobiltelefon N1 hatte fast alle Merkmale der Apple Erfindung vorweggenommen. Der BGH erkannte aber an, dass Apples Erfindung über den durch das Neonode N1 bekannten Stand der Technik dadurch hinausging, dass der Entsperrvorgang die zusätzliche grafische Darstellung aufwies. Doch auch dies war keine erfinderische Tätigkeit. Denn die als Entgegenhaltung E7 vorgelegte Abhandlung „Touchscreen Toggle Design“ von Plaisant und Wallace beschreibt ein im Mai 1992 auf einer Konferenz vorgeführtes Video, das sich mit verschiedenen, für einen berührungsempfindlichen Bildschirm geeigneten virtuellen Schaltern zum Ein- und Ausschalten von Geräten befasste.
Da der Ausgangspunkt der Überlegungen eines Fachmanns das Mobiltelefon Neonode N1 sei, bei dem die Entsperrung durch eine Wischbewegung auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm erfolgt, sei der Schiebeschalter gegenüber allen anderen in der E7 offenbarten virtuellen Schaltern von vorrangigem Interesse, führte der BGH aus. Die Wischgeste von Apple weise keine erfinderische Tätigkeit auf.
Case Law: Anweisungen im Patentanspruch nach Art. 52 EPÜ
Anweisungen, die Informationen betreffen, die nach der erfindungsgemäßen Lehre wiedergegeben werden sollen, können die Patentfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der erfinderischen Tätigkeit nur insoweit stützen, als sie die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen. Die Rechtsprechung „Case law“ der letzten Jahre folgt dieser Prämisse des BGH.
„Fahrzeugnavigationssystem“ und „Wiedergabe topografischer Informationen“
Der BGH urteilte zu Anweisungen im Patentspruch in in zwei Fällen im Bereich von Navigationssystemen. Im Mittelpunkt des Falls „Wiedergabe topografischer Informationen“ (Az. X ZR 47/07) von 2010 stand die Auswahl einer für die Navigation eines Fahrzeugs zweckmäßigen Darstellung positionsbezogener topografischer Informationen. Der Gegenstand eines die Wiedergabe topografischer Informationen mittels eines technischen Geräts betreffenden Verfahrens sei nicht nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. c oder d EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn zumindest ein Teilaspekt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre ein technisches Problem bewältigt, hatte der BGH geurteilt. Allerdings sei eine verbesserte Auswahl bei der Wiedergabe topografischer Informationen eine nicht-technische Vorgabe und begründe keine erfinderische Tätigkeit, auch wenn die im Patentanspruch genannten Auswahlmittel zu der perspektivischen Darstellung von benutzerfreundlichen Einzelheiten und Verbesserungen bei der Informationswiedergabe beitrugen. In gleicher Weise wies das Gericht auch im Fall „Fahrzeugnavigationssystem“ (X ZR 27/12) eine verbesserte Auswahl in einem Navigationssystem für optische oder akustische Wiedergabe von Information als nicht patentfähig zurück.
„Bildstrom“: Anweisungen zur Informationswiedergabe
Anders dagegen urteilte der BGH im Fall „Bildstrom“ (X Z R 3 7 / 1 3). Anweisungen, die eine Informationswiedergabe betreffen, deren Präsentation dieser Informationen darauf gerichtet ist, die Wahrnehmung der gezeigten Informationen durch den Menschen in bestimmter Weise überhaupt erst zu ermöglichen, zu verbessern oder zweckmäßig zu gestalten, dienen der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln, urteilte der BGH über die im Mittelpunkt dieses Falls stehende visuelle Informationswiedergabe. Das entsprechende Streitpatent beschrieb ein Endoskop zum Aufnehmen und der Anzeige von zeitlich aufeinanderfolgenden Bildern sowie einen Mechanismus zur Auswahl von starren Bildern aus den Bildfolgen, sozusagen ein audiovisuelles Überwachungssystem für einen analogen Datenstrom, das diesen Bildstrom verbessert darstellen sollte. Dies wurde vom Gericht als Beitrag für die Lösung eines technischen Problems gesehen.
„Entsperrbild“: Wischgeste von Apple
Auch im Fall der Wischgeste von Apple differenzierte der BGH zwischen der eigentlichen Wischgeste und der zusätzlichen Bildschirmanzeige. Der in der Fingerbewegung liegende Steuerbefehl solle mit anderen Worten nicht nur die Entsperrung, sondern auch eine den Befehl und den Fortgang seiner Ausführung symbolisierende Anzeige auslösen, führte das Gericht aus. Dies sei eine technische Lösung des technischen Problems, dem Benutzer den Entsperrvorgang optisch kenntlich zu machen und damit die Bedienungssicherheit zu erhöhen.
Hingegen betreffe die Anweisung, diese Anzeige als Bewegung eines Entsperrbildes entlang eines angezeigten Pfades auf dem Bildschirm auszuführen, die inhaltliche Ausgestaltung der mit graphischen Mitteln gegebenen Information. Dies sei nicht-technisch und daher nicht patentfähig.
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Quellen:
Urteil des BGH „Entsperrbild“ X Z R 1 1 0 / 1 3
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