Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt nur in Betracht, wenn die Rechtsbeschwerde erfolgsversprechend erscheint. Zudem präzisierte der BGH in seinem aktuellen Beschluss, in welchem Fall die Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Schiedsspruch keinem Rückgriff auf das ausländische Recht unterliegt.
Der BGH hat in seinem aktuellen Beschluss entschieden, dass die Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Schiedsspruch keinem Rückgriff auf das ausländische Recht unterlag, weil die Person des Antragsgegners der Vollstreckbarerklärung zweifelsfrei und eindeutig bestimmbar war und es keine getrennte juristische Einheit seiner Person in Abgrenzung zum bisher gemeldeten Gewerbe gab.
Vollstreckungsinteresse des Gläubigers von Vorrang
Zudem machte der BGH klar, dass eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nur in Betracht komme, wenn die Rechtsbeschwerde dagegen erfolgsversprechend erscheint. Nur dann könne dem Gläubiger zugemutet werden, mit der Vollstreckung zuzuwarten. Zwar könne das Beschwerdegericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfindet (§ 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO in entsprechender Anwendung von § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hierbei seien jedoch Interessen von Schuldner und Gläubiger gegeneinander abzuwägen, urteilte der BGH, und grundsätzlich sei dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers den Vorrang einzuräumen.
Bisherige Grundsätze des BGH zur Einstellung der Zwangsvollstreckung
Schon mehrfach wurden vor dem Bundesgerichtshof (BGH) die Grundsätze zur Zwangsvollstreckung und hier vor allem zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung geklärt. So hatte der BGH bereits 2016 in seinem Urteil zur Zwangsvollstreckung aus einem Patentverletzungsurteil festgestellt, dass eine Einstellung der Zwangsvollstreckung regelmäßig dann nicht in Betracht kommt, wenn das Klagepatent in einem nachfolgenden Urteil des Patentgerichts nur teilweise durch die Aufnahme beschränkender Merkmale in einen oder mehrere Patentansprüche für nichtig erklärt wurde. In seinem Urteil „Filterpatrone“ vom März 2019 präzisierte der BGH, dass Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht nach § 719 ZPO grundsätzlich einen Schutzantrag nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren voraussetze.
Sachlage: Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Schiedsspruch
In dem aktuell entschiedenen Beschluss I ZB 30/19 vom 17. Oktober 2019 urteilte der BGH über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Schiedsspruch. Hintergrund des Falls ist ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 28. März 2019 (I-4 Sch 7/18), in dem das OLG dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs vom 27. März 2017 stattgegeben hatte. Durch diesen Schiedsspruch wurde die „die Personengesellschaft D. DO. INDUSTRIE- UND HANDELSVERTRETUNG mit Sitz in Deutschland …, vertreten durch Do. I. D. “ zur Zahlung von 86.347,17 € für gelieferte Waren sowie von 14.931,60 € für Kosten des Schiedsgerichts verurteilt. Das Oberlandesgericht hatte diesen Beschluss für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Grundsätzlich folgt das Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche demjenigen für die Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche – soweit nicht gemäß den § 1061 Abs. 1, § 1064 Abs. 3 ZPO vorrangige Staatsverträge besondere Verfahrensregelungen treffen.
Natürliche Person – nach rumänischen Verfahrensrecht?
Diese „Personengesellschaft D. DO. INDUSTRIE- UND HANDELSVERTRETUNG mit Sitz in Deutschland …, vertreten durch Do. I. D. “ wurde zum Streitpunkt in der Frage der Einstellung der Zwangsvollstreckung. Denn der Antragsgegner der Vollstreckbarerklärung machte geltend, dass hinsichtlich seiner Person ein Rückgriff auf das ausländische Recht, in seinem Fall auf das rumänische Recht, notwendig gewesen sei. Denn eine natürliche Person verliert nach rumänischem Recht ihre Prozessfähigkeit durch eine Gewerbeabmeldung.
Der Antragsgegner hatte argumentiert, er habe vor dem Oberlandesgericht vorgebracht, die D. Do. Industrie- und Handelsvertretung sei aufgrund der Abmeldung ihres Gewerbes in Deutschland nach rumänischem Verfahrensrecht nicht partei- und prozessfähig gewesen. Damit habe sich das OLG seiner Meinung nach nicht ausreichend auseinandergesetzt. Er forderte eine Prüfung seiner Verfahrensrüge und machte ein verfassungsrechtliches Bestimmtheitsgebot geltend.
Das Oberlandesgericht hielt die Rüge des Antragsgegners auch deshalb nicht für begründet erachtet, weil es sich bei dem Antragsgegner nicht um eine juristische, sondern um eine natürliche Person handelte. Das Oberlandesgericht hatte ausgeführt, Partei des Schiedsgerichtsverfahrens sei nicht die D. Do. Industrie- und Handelsvertretung als eine eigenständige juristische Person gewesen, sondern der Antragsgegner selbst, der lediglich unter seiner bis dahin genutzten Firma verklagt worden sei. Die Firma „D. Do. Industrie- und Handelsvertretung“ sei der Name, unter dem der Antragsgegner bis zur Abmeldung seines Gewerbes im Geschäftsverkehr aufgetreten sei (§ 17 Abs. 1 HGB), eine Personengesellschaft als von dem dahinterstehenden Antragsgegner getrennte juristische Einheit habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Das OLG hielt daher die Verfahrensrüge für nicht begründet.
BGH bestätigt Ausschluss des ausländischen Rechts
Der BGH wies die Beschwerde des Antragsgegners zurück. Das OLG Düsseldorf habe den Antragsgegner zurecht als natürliche Person und nicht als juristische Person erachtet, urteilte der BGH. Dass eine natürliche Person nach rumänischem Recht ihre Prozessfähigkeit durch eine Gewerbeabmeldung verliert, habe der Antragsgegner nicht geltend gemacht. Der Schiedsspruch hinsichtlich der Person des Antragsgegners war zweifelsfrei und eindeutig bestimmbar, denn es gebe keinen Zweifel daran, dass der Antragsgegner Beklagter im Schiedsverfahren war. Das Oberlandesgericht konnte den Schiedsspruch deshalb im Rahmen der Vollstreckbarerklärung klarstellend und ohne Rückgriff auf das ausländische Recht fassen, urteilte der BGH.
Anspruch auf rechtliches Gehör nur mit substantiierten Beweis
Zudem machte der Antragsgegner geltend, das Oberlandesgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es den zum Beweis seines Vorbringens, er habe im Rahmen des Schiedsverfahrens eine Gegenforderung in Höhe von insgesamt 55.193,29 € zur Aufrechnung gestellt, einen benannten Zeugen nicht vernommen habe. War das Beweisangebot hinreichend substantiiert? Der Antragsgegner sagt ja, das OLG Düsseldorf nein.
Der BGH wies auch diese Beschwerde des Antragsgegners zurück. Notwendiger Inhalt eines Beweisantrags ist die spezifizierte Bezeichnung der Tatsachen, welche bewiesen werden sollen – unter Berücksichtigung der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO), erklärte das Gericht. Hierbei sei vor allem auch die Gegenpartei zu beachten. Und in diesem Fall hatte die Antragstellerin detailliert zum Ablauf des Schiedsverfahrens vorgetragen und eine Aufrechnung durch den Antragsgegner bestritten. Daher war das Beweisangebot nicht hinreichend substantiiert, urteilte der BGH.
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG setze voraus, dass im Einzelfall das Vorbringen der Parteien überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder berücksichtigt wurde, erläuterte der BGH. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall, das OLG Düsseldorf habe durch seine Begründung die Verfahrensrüge zur Person des Antragsgegners geprüft und zurecht abgewiesen.
Benötigen Sie Unterstützung bei einer einstweiligen Verfügung oder einer Zwangsvollstreckung?
Unsere Anwälte beraten Sie gerne. Nehmen Sie bei Interesse noch heute Kontakt auf – nutzen Sie auch gerne unser Rückrufangebot!
Quelle:
Bild:
Schreiben Sie einen Kommentar