Lange wurde darauf gewartet, jetzt wurde es vom Bundeskabinett beschlossen: die Modernisierung des Patentrechts in Deutschland. Es enthält einige wesentliche Änderungen zu Patentverletzungsverfahren sowie in Bezug auf den Injunction Gap und präzisiert die Verhältnismäßigkeit bei Unterlassungsansprüchen.
Der Gesetzentwurf „Zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts“ wurde als Regierungsentwurf vorgelegt und vom Bundeskabinett am 28.10.2020 beschlossen. Üblicherweise tritt in der Folge ein solches Gesetz wenige Monate später tatsächlich in Kraft, also voraussichtlich im Frühjahr 2021.
Änderungen zu Patenverletzungsverfahren
Vor allem zwei Aspekte in der derzeitigen Praxis von Patentverletzungsverfahren soll das neue Gesetz zur Modernisierung des Patentrechts verbessern:
Unterlassungsansprüche müssen verhältnismäßig sein
zum einen sollen bei Unterlassungsansprüchen wegen Verletzungen von Patenten und Gebrauchsmuster zukünftig Verhältnismäßigkeitserwägungen berücksichtigt werden. Es wird dafür der bisherige § 139 PatG ergänzt und ausdrücklich in § 139 PatG geregelt, dass der Unterlassungsanspruch ausnahmsweise beschränkt werden kann, wenn die Inanspruchnahme auf Unterlassung aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte für den Verletzer oder Dritte führen würde. Analog wird gleiches für Gebrauchsmuster als Gesetz gefasst, hier als Änderung des § 24 Gebrauchsmustergesetz.
Frist für Verfahren beim BPatG- Beendigung des Injunction Gap?
Zum anderen sollen die Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht (BPatG) deutlich beschleunigt werden. Dies wurde seit Jahren von vielen Seiten erwartet, um den sogenannten „Injunction Gap“ zwischen Patentverletzungs- und Nichtigkeitsverfahren möglichst zu beenden.
In der bisherigen Praxis hat das Gericht in streitigen Verfahren im Regelfall einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Dies konnte bisher eine Verzögerung des Verfahrens bewirken, wenn die Parteien erst zur Vorbereitung des Termins oder im Termin vollständig vortragen – durchaus ein taktisches Element und auch als Element des Missbrauchs durch das dadurch mögliche Injunction Gap bekannt.
Die jetzt beschlossene Regelung geht in dieser Frage in die gewünschte Richtung.
Der Patentinhaber wird wie schon bisher mit der Zustellung der Nichtigkeitsklage aufgefordert, sich innerhalb eines Monats zu erklären. Neu eingeführt wird eine gesetzliche Frist zur Begründung des Widerspruchs von einem weiteren Monat.
Anschließend bleiben dem Gericht bis zu vier Monate, um das Vorbringen beider Parteien zu prüfen und den qualifizierten Hinweis vorzubereiten.
In § 83 PatG wird daher eine Frist eingeführt, in der das BPatG einen seinen Hinweisbeschluss an das Verletzungsgericht stellen muss: dies hat innerhalb von 6 Monaten zu geschehen. Das Bundespatentgericht erhält dazu die Befugnis, ein nach Fristablauf eingehendes Vorbringen der Parteien für den Hinweisbeschluss unberücksichtigt zu lassen.
Außerdem wird § 82 PatG ergänzt: es wird eine Pflicht zur unverzüglichen Klagezustellung eingefügt. Zudem wird mit § 82 PatG-E im Absatz 3 eine Fristregelung für die Nichtigkeitsverfahren geschaffen, wodurch die bisherige Fristsetzung durch das Bundespatentgericht entfällt. Die Frist beträgt insgesamt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der Klage an den Beklagten. Bisherige Praxis war die Festsetzung durch das BPatG von Schriftsatzfristen gemäß § 99 PatG in Verbindung mit §§ 273 ff. ZPO. Dies entfällt mit der Modernisierung des Patentrechts.
Verhältnismäßigkeit bei Unterlassungsansprüchen
In der genauen Bestimmung von Verhältnismäßigkeit bei Unterlassungsansprüchen geht der beschlossene Gesetzentwurf sowohl auf die besonderen Situationen von Lizenzverletzungen und lange Zeiträume von Forschung und Entwicklung ein.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gesetz mehrere Fallkonstellationen vorsieht, in denen eine ausnahmsweise Einschränkung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs aus Gründen der Verhältnismäßigkeit befürwortet wird. Dies ist der Fall, wenn
- der Verletzer lange Zeiträume in Forschung und Entwicklung investiert hat
- und auch, wenn bei Lizenzverletzungen Patentverwerter auftreten, besser bekannt als sogenannte Patent Trolle.
- Und ebenso auch bei komplexen Produkten, vor allem der Elektronik-, Telekommunikations-, IT- und Automobilindustrie.
Das Gesetz verzichtet daher bewusst auf konkrete Kriterien und verweist auf die Notwendigkeit von Einzelfallentscheidung.
Weitere Änderungen im Gewerblichen Rechtsschutz
Der Gesetzentwurf sieht noch viele weitere Änderungen – vielfach technische Anpassungen – und Anpassungen zur Modernisierung des Patentrechts vor (und sogar Anpassungen zum Markenrecht im Sinne des Madrider Abkommens.) Von diesen seien an dieser Stelle noch folgende Änderungen genannt:
Das Patentgesetz wird um einen Verweis ergänzt, dass für ergänzende Schutzzertifikate (SPC) ein – rückwirkender – Widerruf durch den Schutzrechtsinhaber selbst möglich sein soll (bisher konnte dies nur auf Antrag eines Dritten geschehen). Zusätzlich wird auch die Weiterbehandlung (analog § 123a PatG) für ergänzende Schutzzertifikate möglich. Dafür wird § 16a Absatz 2 PatG angepasst.
Der § 61 Absatz 1 PatG wird um einen neuen Satz 5 ergänzt: dies stellt klar, dass die Patentabteilung stets durch Beschluss (Feststellungsbeschluss) entscheidet, auch wenn das Patent erloschen ist und kein Rechtsschutzbedürfnis des Einsprechenden mehr an der Fortsetzung des Verfahrens besteht.
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Quellen:
PatG-E Gesetzentwurf zur Modernisierung des Patentrechts
Bild:
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