Die Verfahrensordnung der Beschwerdekammer des EPA wurde bisher unter anderem dazu verwendet, um Einreichungen von Parteien als verspätet und nicht als glaubhaft abzulehnen. Ein neuer Entwurf liegt nun vor – die Verfahrensordnung soll überarbeitet werden.
Überarbeitung der Verfahrensordnung berührt viele Bereiche
Die vorgeschlagene Überarbeitung der Verfahrensordnung hat zum Ziel, die Effizienz und Vorhersehbarkeit der Beschwerdeverfahren vor den Beschwerdekammern des EPA zu verbessern. Die vorgeschlagenen Änderungen der Verfahrensordnung betreffen insbesondere
- die Konsolidierung von Verfahren (Art. 10)
- Beweismittel auf der Grundlage des Verfahrens (Art. 12)
- Änderungen im Beschwerdeverfahren über die Änderung der Rechtssache einer Partei (Art. 13)
- die mündliche Verhandlung (Art. 15); vorgesehen ist eine (verlängerbare) dreimonatige Frist für die schriftliche Entscheidung nach der mündlichen Verhandlung. Im Einzelfall ist eine verkürzte Begründung möglich. Gleichzeitig sollte eine dritte Person als Protokollführer benannt werden, das kein Mitglied der Kammer ist. Das Protokoll kann auf diese Weise schnell viel umfassender werden, als dies jetzt der Fall ist.
Neue Beweismittel im neuen Entwurf des Verfahrens
Wenn neue Beweismittel im erstinstanzlichen Verfahren hätten eingereicht werden können und sollen, ist nach dem jetzigen Entwurf den etwaigen neuen Beweismitteln die Zulassung zu verweigern. Ausnahmen hiervon wären, wenn es sich um eine unerwartete Entscheidung der ersten Instanz oder um neue Beweismittel oder Argumente der anderen Partei handelte. Man kann sich vorstellen, dass dies auch gezielt im Prozess genutzt würde. Neue Beweismittel sollten es einem Gegner jedoch nicht ermöglichen, in der Beschwerdephase einen neuen Widerspruch einzulegen.
Die Verfahrensordnung in Bezug auf neue Beweismittel ist daher weniger problematisch, wenn eine potentielle Ausnahme oder Abgrenzung in der Anmeldung offenbart ist (disclosed disclaimer). Schwierig wird die Situtuation aber, sobald keine explizite oder implizite Offenbarung vorliegt (undisclosed disclaimer) (zur bisherigen Rechtsprechung zum Thema Disclaimer: Nicht offenbarter Disclaimer „Phosphatidylcholin“: zulässige Erweiterung? BGH sagt jein.).
Mehr Effizienz durch die Überarbeitung?
Ist die angedachte Überarbeitung geeignet, die Beschwerdeverfahren vor den Beschwerdekammern des EPA zu verbessern?
Das ist nicht sicher. Insbesondere besteht die Gefahr, dass die Streitigkeitkeiten im Beschwerdeverfahren auf verfahrensrechtliche Fragen verlagert werden könnten – ohne Effizienzgewinne. Denn die vorgeschlagenen Änderungen würden die Möglichkeiten der Parteien einschränken, im Laufe des Beschwerdeverfahrens und sogar zu Beginn des Beschwerdeverfahrens weitere Anträge zu stellen. Dies könnte aber dazu führen, dass sowohl die erste Instanz als auch die nachfolgenden Beschwerdeverfahren mit vorsorglichen Eingaben überlastet würden.
Die Überarbeitung der Verfahrensordnung berücksichtigt auch das Anliegen von Verfahrensteilnehmern, Rückstände abzubauen. Der jetzt vorliegende Entwurf beantwortet diesen Wunsch mit weniger Zeitaufwand pro Fall und mit mehr summarischen Entscheidungen. Gewünscht war aber wohl eher eine sorgfältige Fallbetrachtung mit entsprechendem ausreichendem Personalbestand in der Beschwerdekammer.
Noch ist nichts entschieden, bis zum Mai 2018 wurde eine Nutzerbefragung vom EPA durchgeführt, deren Ergebnisse sicherlich noch weitere Änderungen im Erstentwurf zur Überarbeitung nach sich ziehen werden.
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