Der US Supreme Court hat einen jahrelangen Rechtsstreit um den Java-API Code in Android Betriebssystemen beendet: in Google vs. Oracle entschied das US Gericht zu Gunsten von Google – und mit wichtiger Rechtsprechung zum Urheberrecht von Codierung. Der Java-API Code fällt unter Fair Use, urteilte das Gericht.
Der Fall Google vs. Oracle (GOOGLE LLC v. ORACLE AMERICA, INC., No. 18–956) um das Kopieren von mehr als 11.000 Zeilen Code wurde gestern vom US Supreme Court nach jahrelangem Rechtsstreit beendet.
Im Jahr 2010 hatte Oracle Google wegen Urheberrechtsverletzungen verklagt und warf Google vor, unberechtigt kopierten Computer Code in seinem Android Betriebssystem zu verwenden. Google habe sein Urheberrecht verletzt, indem es für 37 Pakete sowohl den wörtlichen Deklarationscode als auch die nicht-literarische Organisationsstruktur (SSO) der API kopierte.
Diese Java-API von Oracle wird im Übrigen nicht nur von Google, sondern weit verbreitet von Programmierern genutzt.
Komplexer und langwieriger Rechtsstreit
Es folgte ein komplexer und langwieriger Rechtsstreit vor den US Gerichten. Google beantragte in diesem Rechtsstreit bereits 2015 beim Supreme Court ein sogenanntes „writ of certiorari“, um die Entscheidung des Federal Circuit zur Urheberrechtsfähigkeit des Java-API Code von Oracle überprüfen zu lassen, wurde damals aber abgewiesen. Jetzt jedoch stellte Google diesen Antrag erneut – und mit Erfolg.
Es ging dabei vor dem US Supreme Court um die zwei Fragen, ob die Nutzung des Java-API Code von Oracle dessen Urheberrecht verletzt – und wenn ja, ob dies unter die Regelungen des Fair Use (der fairen Nutzung) einzuordnen ist und daher keine Verletzung von Urheberrecht darstellt.
Um es gleich vorwegzunehmen: ob Code urheberrechtsfähig ist, diese Frage wurde vom Supreme Court ausdrücklich nicht entschieden im gestrigen Urteil, stattdessen aber die Frage nach dem Fair Use für den Java-API Code von Oracle.
Nutzung des Java-API Code von Oracle: Fair Use?
Das Prinzip von Fair Use ist ein Teil des aktuellen US Urheberrechts (Copyright Act), das ohnehin nicht eindeutig zum Schutz von Code dienen kann. Denn zum einen sieht das Gesetz vor, dass sich der Urheberrechtsschutz insbesondere nicht auf „eine Idee, ein Verfahren, ein Prozess, ein System, eine Betriebsmethode, ein Konzept, ein Prinzip oder eine Entdeckung …“ beziehen soll ( 17 U. S. C. §102(b)).
Zudem sieht das Gesetz vor, dass ein Urheberrechtsinhaber eine andere Person nicht daran hindern darf, ein urheberrechtlich geschütztes Werk als ‚Fair Use‘ zu nutzen (17 U.S. Code § 107).
Die Tatsache, dass Computerprogramme in erster Linie funktional sind, mache es schwierig, die traditionellen Konzepte des Urheberrechts für diese Technologie anzuwenden, erläuterte der Supreme Court in seiner gestrigen Entscheidung. Die Doktrin der „fairen Nutzung“ sei flexibel und berücksichtige Änderungen in der Technologie. Auch biete es Kontrolle, führte das Gericht aus, um das Urheberrechtsmonopol für Computerprogramme in seinen rechtmäßigen Grenzen zu halten.
US Supreme Court: Nutzung des Java-API Code ist Fair Use
Der US Supreme Court urteilte, dass Googles Kopieren der API zur Neuimplementierung einer Benutzeroberfläche eine faire Nutzung dieses Code Materials darstellt. Damit hob der Supreme Court das gegenteilig lautende Urteil des Vorinstanzlichen Gerichts auf. Die Anwendung der Prinzipien der Präzedenzfälle des Gerichtshofs und des Kongresses Kodifizierung der Fair-Use-Doktrin durch den Kongress auf das eindeutige urheberrechtlich geschützte Werk lasse keinen anderen Schluss zu. Der Supreme Court betonte, dass Google nur den Code verwendet habe, der benötigt wurde, um den Nutzern ein neues und transformatives Programm bieten zu können. Dies ist insofern eine wichtige Feststellung, als Zweck und Charakter der Nutzung zu berücksichtigen sind bei der Beurteilung von Fair Use.
Das Gericht hob schließlich auch noch besonders hervor, dass dieses Urteil nicht seine frühere Rechtsprechung zu Fair Use aufhebt.
Keine einstimmige Entscheidung des Supreme Court
Das Urteil war keine einstimmige Entscheidung des Supreme Court. Insbesondere Richter Clarence Thomas distanzierte sich von dem Urteil und führte seine Kritikpunkte auch aus: das Kopieren durch Google sei sowohl qualitativ als auch quantitativ erheblich gewesen. Zudem wiesen drei der vier gesetzlichen Fair-Use-Faktoren gegen Google, meint Richter Thomas.
Diese vier Faktoren sind: der Zweck und Charakter der Nutzung; die Art des urheberrechtlich geschützten Werks; die Menge/ Umfang und Wesentlichkeit des verwendeten Teils im Verhältnis zum urheberrechtlich geschützten Werk und die Auswirkung der Nutzung auf den potenziellen Markt.
Allerdings dürfte gerade „der Markt“ eine wichtige Rolle für das Urteil gespielt haben: die Durchsetzung von Oracles Urheberrecht hier zuzulassen, hätte Konsequenzen bedeutet für weltweite Programmierung – auch über Google und Android hinaus. Zudem hätte ein Urteil gegen Google ohnehin ein wirtschaftliches Beben ausgelöst: Android wird inzwischen in schätzungsweise 70 % aller Smartphones weltweit eingesetzt, und der Schadensersatz hätte in die Milliarden gehen können.
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Quellen:
Urteil des US Supreme Court: Google vs. Oracle
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