Der EuGH hat heute das Urteil zu Gileads AIDS-Blockbuster TRUVADA® gesprochen. Es geht um die delikate Festlegung der Kriterien, wann ein Wirkstoff eines Arzneimittels „durch ein gültiges Grundpatent geschützt ist“ und damit über eine wichtige Entscheidung für ESZ.
ESZ im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand der Rechtsbestand des ergänzenden Schutzzertifikats (ESZ)für das Kombinationsarzneimittel und Blockbuster Aids-Präparat TRUVADA®, welches zur HIV-Behandlung und zur Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zugelassen ist. Es als bisher einziges Medikament auch zur Prävention vor der Ansteckung mit HIV zugelassen, und gilt daher auch als Schlüsselmedikament für die Volksgesundheit in Bezug auf HIV Infektion. Es wurde 2017 auch für Generika-Hersteller zugelassen.
Gegen die generische Zulassung des Aids-Blockbusters wehrte sich Gilead vor dem Gericht. Das amerikanische Pharmaunternehmen sieht seinen Patentschutz, der durch ein ESZ geschützt sei, von den Generikaherstellern verletzt. Denn Truvada® kombiniert die Wirkstoffe Tenofovirdisoproxil und Emtricitabin. Der Wirkstoff Emtricitabin wird auch durch das Grundpatent geschützt. Strittig aber ist, ob auch die Wirkstoffkombination mit Emtricitabin patentrechtlich geschützt ist, denn auf diese Kombination bezieht sich das angegriffene ESZ von Gilead.
Generalanwalt plädierte für enge Auslegung
Dem heutigen Urteil vorangegangen war bereits Ende April der Schlussantrag des Generalwalts Melchior Wathelet über die Auslegung von Art. 3 der Verordnung Nr. 469/2009, der dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) empfahl, dass Schutzzertifikate für Wirkstoffe, die nicht im Wortlaut des Grundpatents genannt sind, nicht erteilt werden sollten. Vielmehr müsse jeder Wirkstoff „am Prioritätstag des Patents im Wortlaut der Patentansprüche spezifisch und genau identifizierbar sein“.
Das heutige Urteil des EuGH
Der EuGH bestätigte diese Auslegung in seinem heutigen Urteil. Ein Produkt, das aus mehreren Wirkstoffen mit kombinierter Wirkung bestehe, sei „durch ein gültiges Basispatent“ im Sinne dieser Bestimmung geschützt, auch wenn die Kombination von Wirkstoffen, aus denen dieses Produkt besteht, in den Ansprüchen des Basispatents nicht ausdrücklich erwähnt wird, sich diese Ansprüche aber notwendigerweise und spezifisch auf diese Kombination beziehen.
Ein Wirkstoff, der einer in den Ansprüchen eines erteilten europäischen Grundpatents enthaltenen funktionellen Definition entspricht, kann als durch dieses Patent geschützt angesehen werden –wenn sich die Ansprüche auf diesen Wirkstoff beziehen. Dies sei durch das nationale vorlegende Gericht zu prüfen.
Zu diesem Zweck muss aus der Sicht eines Fachmanns und auf der Grundlage des Standes der Technik am Anmeldetag oder Prioritätstag des Grundpatents folgendes gelten:
- die Kombination dieser Wirkstoffe muss unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen dieses Patents notwendigerweise unter die von diesem Patent erfundene Erfindung fallen und
- jeder dieser Wirkstoffe muss unter Berücksichtigung aller in diesem Patent enthaltenen Informationen spezifisch identifizierbar sein.
Mit diesem Urteil verliert Gilead sein Schutzzertifikat für Truvada nicht nur wie vorläufig in Deutschland (siehe Info-Blog: Gilead verliert Patentschutz für Aids-Blockbuster TRUVADA®), sondern wird es wahrscheinlich europaweit verlieren. Denn das britische Patentgericht hatte das Gericht in Luxemburg um klare Auslegung der Verordnung gebeten. Der eigentliche Patentstreit wird auch vor dem britischen Gericht zu Ende geführt werden.
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Quelle:
Curia Europe, EU:C:2018:585: Teva Gilead
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