Der BGH veröffentlichte heute sein Urteil zum Markenstreit um Ritter Sport: Ritter Sport behält Markenrecht an quadratischer Form. Seit Jahren wurde die quadratische Form der Ritter Sport Schokolade, die als Formmarke geschützt ist, von Konkurrent Milka angefochten.
3D Form der Ritter Sport Schokolade als Marke
Dreidimensionale Formen können grundsätzlich als Marke geschützt werden (als sogenannte Formmarken), jedoch aber nicht, wenn die Form eine „wesentliche Gebrauchseigenschaft“ der Ware darstellt – und wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Um diese Frage drehte sich das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
Schokoladenhersteller Ritter hat sich die berühmte quadratische Form seiner Ritter Sport Schokolade bereits seit 2001 als Marke (Nr. 398 69 970) schützen lassen. Seit Jahren wird diese Marke von Konkurrent Milka vor Gericht angefochten und beruft sich auf das Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Demnach wäre die quadratische Form das charakteristische Merkmal von Ritter Sport, das ‚die Art der Ware selbst bedingt‘.
Ist die quadratische Schokoladentafel von Ritter Sport also eine Verpackungsform, die durch die Art der Ware „Tafelschokolade“ selbst bedingt ist? Diese Form wird von Ritter Sport seit vielen Jahren beworben: ‚Quadratisch. Praktisch. Gut.‘ und als Kennzeichen der eigenen Marke gesehen.
Andererseits aber erleichtert die Form die Lagerung, den Transport und das Teilen der Schokolade. Und Tafelschokolade wird in aller Regel in rechteckiger Form angeboten; das Quadrat wiederum ist nur eine besondere Form des Rechtecks.
Stationen des Rechtsstreits
Nicht verwunderlich bei der eigentlich allgemeinen Form und angesichts der direkten Konkurrenten beliebter Schokoladenhersteller wurde dieser Rechtsstreit durch die Instanzen der deutschen Gerichte ausgetragen.
BGH urteilte bereits 2017 im Fall Ritter Sport
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits 2017 in einem vielbeachteten Urteil zu der quadratischen Form der Ritter Sport Schokolade in der Streitfrage geantwortet, ob die quadratische Form funktionell sei oder nicht.
Die quadratische Form der Schokoladentafel sei keine „wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade“, sondern stelle lediglich einen gestalterischen Aspekt dar, hatte der BGH 2017 geurteilt und der Ritter Sport Schokoladentafel vorerst ihren Markenschutz bestätigt. Zugleich wurde der Fall an das Bundespatentgericht zurückgewiesen, um zu entscheiden, ob die quadratische Form das charakteristische Merkmal von Ritter Sport ist, das ‚die Art der Ware selbst bedingt‘.
Marken-Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts
Entsprechend wurde dieser Fall im Dezember 2018 vor dem BPatG erneut verhandelt. Ritter Sport wurde darin Recht gegeben (25 W (pat) 79/14).
Zwar könne die Form der Verpackung der Form der Ware vollständig entsprechen oder ihr jedenfalls so nahe kommen, dass es gerechtfertigt sei, zwischen der Verpackungsform und der Warenform nicht zu unterscheiden, führte das Gericht 2018 aus und verwies auf ein entsprechendes Urteil Lindt-Goldhase des höchsten Europäischen Gerichts (EuGH).
Milka hatte sich in dieser Verhandlung jedoch gegen die Monopolisierung von Formen wie dem Quadrat für Schokolade gewandt und zählte dies zu freizuhaltenden Warengrundformen.
Das BPatG stellte dazu fest, dass die quadratische Form bei der Ware „Tafelschokolade“ eine bzw. die relevante Grundform ist, da Tafelschokolade fast ausnahmslos in rechteckiger Form hergestellt und verpackt wird; und ein Quadrat sei eine besonderer Form des Rechtecks. Daher könne bei einer solchen Warenform deren ästhetischer Wert nicht so im Vordergrund stehen, dass die Herkunftsfunktion nicht mehr zum Tragen kommt, urteilte das Gericht und schloss das Schutzhindernis ‚Form, die der Ware ihren wesentlichen Wert verleiht‘ für die Ritter Sport Schokolade aus.
Verweis auf Rechtsprechung des EuGH
Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung entschieden, dass bei Warenformmarken eine Gleichstellung von Ware und Warenverpackung lediglich bei notwendigen Verpackungsformen bejaht werden, die keine eigene Form haben (also bei Waren in körniger, pudriger oder flüssiger Konsistenz). Daraus folge aber nicht, dass dies auch automatisch bei Verpackungsgestaltungen gilt, welche die Form der verpackten Ware deutlich erkennen lassen (Warenformverpackungen).
Merkmal der angegriffenen 3D Marke von Ritter Sport sei allerdings tatsächlich die quadratische Form des Verpackungskörpers. Jedoch sei dieses Merkmal der Ritter Sport Tafeln nicht durch die Art der Ware selbst bedingt, urteilte der Beschwerdesenat des BPatG und bezog sich auf Maßstäbe des EuGH durch das Urteil Hauck/Stokke von September 2014 (C:2014:2233).
BPatG: Schokoladetafeln werden generell in rechteckiger Form angeboten
Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG greife nur ein, wenn die in der Warenform verkörperten Eigenschaften für den Gebrauch der jeweiligen Ware typisch seien. Bei Tafelschokolade handle es sich aber um eine Ware, deren primärer Zweck der Verzehr sei, und diese werde in aller Regel in rechteckiger Form angeboten; das Quadrat wiederum ist nur eine besondere Form des Rechtecks.
Ein Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG könne zudem nur bejaht werden, wenn die angegriffene Form wesentliche Eigenschaften aufweist, die sie von anderen Waren unterscheidet. Zwar deutet die Tatsache, dass Ritter Sport die quadratische Form der Ware bzw. die Form der Verpackung in der Werbung als ein besonderes Merkmal herausstellt, darauf hin. Aber nicht die Werbung ist entscheidend, sondern die Form der konkreten Einzelware selbst müsste gegenüber den entsprechenden Formen der Konkurrenzwaren der Ware bzw. der Warenverpackung den wesentlichen Wert verleihen. Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall.
Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liege daher nicht vor, urteilte das BPatG. Konkurrent Milka wendete sich gegen diese Entscheidung und legte den Fall dem BGH vor, der jetzt dazu urteilte.
BGH heute: Ritter Sport behält Markenrecht an quadratischer Form
Der BGH wies mit dem heute öffentlichen Urteil (I ZB 42/19 und I ZB 43/19) die beiden Löschungsanträgen von Milka als „nicht begründet“ zurück. Die Verhandlung dazu fand bereits am 14. Mai 2020 statt, aber erst heute machte der BGH seinen Beschluss bekannt.
Die eingetragenen Marken bestehen nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht, erläuterte der BGH. Zwar sei das einzige wesentliche Merkmal der als Marken eingetragenen Warenverpackungen deren quadratische Grundflächen. Diese verleihen der in den Verpackungen vertriebenen Tafelschokolade jedoch keinen wesentlichen Wert.
Der BGH erkannte auch die Vermarktungsstrategie an von Ritter Sport, in der das Unternehmen die quadratische Form der Verpackung mit dem bekannten Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ herausstellt. Und tatsächlich könnte es sein, dass Verbraucher darin eine Qualitätserwartung setzen und dies zu einer Kaufentscheidung führt, letztlich durch die quadratische Form der Verpackung. Darauf kommt es aber in einer Entscheidung zur Löschung einer Marke nicht an, betonte das Gericht.
Vom Markenschutz ausgeschlossen ist die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht- und dies sei hier nicht der Fall. Denn auch nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts hat die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen künstlerischen Wert und führt auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten.
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Quellen:
Pressemitteilung des BGH vom 23. Juli 2020, I ZB 42/19 und I ZB 43/19
Urteil des BGH Ritter Sport vom 14. Mai 2020,
Urteil des BPatG vom Dezember 2018, 25 W (pat) 79/14
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