Nivea-Blau ist seit über 100 Jahren kaum verändert, das berühmte Blau steht seit 2007 unter Markenschutz. Im Markenstreit um die Farbmarke gewann Beiersdorf jetzt vor dem BPatG gegen Unilever. Nivea-Blau bleibt unter Markenschutz.
Damit folgt das Bundespatentgericht (BpatG) in seinem Urteil (27 W (pat) 1/17, zugestellt am 18. Oktober 2019) dem Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH hatte bereits 2015 den Markenschutz für Nivea-Blau bestätigt (9. Juli 2015 – I ZB 65/13), aber zunächst zur vorläufig; der Fall wurde zur Neubetrachtung zurück an das Bundespatentgericht überwiesen. Zum einen hatte das BPatG nach Ansicht des BGH einen falschen rechtlichen Maßstab angelegt, als es die Voraussetzungen für die Eintragung von abstrakten Farbmarken ausführte. Zudem war das Gutachten, das die Verkehrsdurchsetzung des Nivea-Blau belegte, fehlerhaft durchgeführt worden und war daher laut BGH nicht argumentationskräftig.
Der Markenschutz für Nivea-Blau wurde nun durch das Urteil der BPatG bestätigt, zudem zeigt das gerade veröffentlichte Urteil, dass der Fall noch weitere Prozessvolten schlug: Beiersdorf beschränkte den Markenschutz für das Nivea-Blau zeitweilig auf bestimmte Warengruppen, Unilever wiederum zog letztlich den Löschungsantrag gegen das Nivea-Blau zurück. Ein spannender Fall um die abstrakte Farbmarke Nivea-Blau.
Nivea-Blau
Die erste Nivea-Creme kam vor über 100 Jahren heraus, seitdem wurde die Rezeptur und die Farbgestaltung kaum geändert. Das prägende Nivea-Blau („Pantone 280 C„) ist seit 2007 beim Deutschen Patenamt als abstrakte Farbmarke für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege geschützt. Eine von Unilever daraufhin beantragte Löschung der Farbmarke wurde durch Beschluss des DPMA im Februar 2010 und auch 2013 durch ein nachfolgendes Urteil des BPatG (24 W (pat) 75/10) bestätigt. Der BGH hob dieses Urteil im Juli 2015 auf.
Zwar sind abstrakte Farbmarken im Allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil der angesprochene Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnimmt. Nivea rechtfertigte die Markeneintragung jedoch erfolgreich mit der Verkehrsdurchsetzung. Das heißt, durch das einheitliche und traditionelle Dunkelblau verbinden Verbraucher das Blau als Produktkennzeichen mit Nivea, nachweisbar durch Meinungsforschungsgutachten. Ausreichend für eine Verkehrsdurchsetzung ist nach allgemeiner Rechtsprechung auch bei einer abstrakten Farbmarke, dass mehr als 50 Prozent des Publikums in der Farbe ein Produktkennzeichen sehen.
Beschränkung der Warengruppen für das Nivea-Blau
Da das ursprüngliche Verkehrsgutachten nicht argumentationskräftig war, wurde in der Neubetrachtung vor dem BPatG ein neues Gutachten erhoben. Dieses Gutachten vom 23. April 2019 belegte die Verkehrsdurchsetzung des Nivea-Blau für Warengruppen aus dem Bereich der „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege – vor allem Haut- und Körperpflegeprodukte: Deodorants, Mittel zur Haarpflege, zur Körperreinigung, zum Rasieren, zur Hautpflege, und zur Gesichtspflege“.
Beiersdorf beschränkte im Rahmen der mündlichen Verhandlung dieses Falls am 2. Juli 2019 den Markenschutz für Nivea-Blau auf diese genannten Warengruppen. Daraufhin zog Unilever den Löschungsantrag gegen die Farbmarke zurück, denn eine Zurückweisung des Löschungsantrags war nun wahrscheinlich geworden.
Zurücknahme des Löschungsantrags als prozessuale Taktik
Beiersdorf war nicht einverstanden mit der Zurücknahme des Löschungsantrags und beantragte, Rechtsbeschwerde zuzulassen zu der Frage:
Kann der Löschungsantrag ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren zurückgenommen werden?
Das Bundespatentgericht ließ diese Rechtsbeschwerde zu und beantwortete die Frage mit einem klaren „Ja“. Denn bereits mit der Rücknahme des Löschungsantrags und des Widerspruchs sei die Grundlage für das Löschungs- bzw. Widerspruchsverfahren entfallen, erläuterte das BPatG.
Dass die Rücknahme eines Löschungsantrags ebenso wie die Rücknahme eines Widerspruchs während des laufenden Verfahrens jederzeit ohne Zustimmung der Gegenseite zulässig ist, entspricht im Übrigen auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Zurücknahme des Löschungsantrags zur Vermeidung einer Zurückweisung dieses Antrags durch das Gericht stelle ein legitimes prozessuales Verhalten der Beschwerdegegnerin dar, urteilte das BPatG.
Ein Markeninhaber habe dagegen keinen Anspruch darauf, dass festgestellt wird, dass ein Löschungsantrag zu Unrecht erhoben worden war, denn seine Rechtsposition ist nicht beeinträchtigt, wenn seine Marke im Register verbleibt, ergänzte das BPatG.
Sonderfall: Verzicht des Markeninhabers im Löschungsverfahren
Nur für den Fall, dass die mit einem Löschungsantrag nach §§ 50, 54 MarkenG angegriffene Eintragung einer Marke infolge Verzichts des Markeninhabers mit Wirkung „ex nunc“ gelöscht worden ist, hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass sich hierdurch das auf Nichtigerklärung „ex tunc“ gerichtete Löschungsverfahren noch nicht vollständig erledigt haben kann (BGH EASYPRESS, 2001). Demnach steht in einem solchen Fall dem Löschungsantragsteller das Recht zu, den Antrag auf Feststellung der ursprünglichen „Nichtigkeit“ der angegriffenen Marke (ex tunc) zu stellen, sofern er ein Rechtsschutzbedürfnis hieran nachweist.
Löschungsbeschluss des DPMA wirkungslos
Nach der Zurücknahme des Löschungsantrags betrachtete Beiersdorf auch den im vorliegenden Fall ursprünglichen Löschungsbeschluss des DPMA als wirkungslos und stellte einen Antrag auf diese Feststellung. Das BPatG bestätigte dies. Mit der Rücknahme des Löschungsantrags sei die Grundlage des angegriffenen Beschlusses entfallen, dies impliziere die Wirkungslosigkeit dieses Beschlusses, erläuterte das Gericht und erklärte den Beschluss des DPMA vom Februar 2010 zur Löschung der Farbmarke Nivea-Blau für wirkungslos.
Der Beschluss sei vollständig – und nicht nur beschränkt auf die vorgenannten Warengruppen – aufzuheben, betonte das BPatG. Denn im Hinblick auf die Rücknahme des Löschungsantrags sei der Beschluss insgesamt gegenstandslos und entfalte keine Wirkung mehr. Da dem Löschungsverfahren die Grundlage entzogen ist, seien zudem Feststellungen zu den dem Löschungsverfahren zugrunde liegenden Fragen grundsätzlich nicht mehr zu treffen, urteilte das Gericht. Es sei daher auch nicht mehr relevant, ob die angegriffene abstrakte Farbmarke mangels Verkehrsdurchsetzung zu löschen war. Nivea-Blau bleibt unter Markenschutz.
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Quellen:
Urteil des BPatG 27 W (pat) 1/17
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