Der BGH entschied in einem Berufungsurteil (BGH 2.6.2016, I ZR 75/15), dass die originäre Kennzeichnungskraft der Marke erhalten bleibt, wenn ein Produkt in Form der Marke hergestellt wird. Bei diesem Fall handelte es sich um einen Lufterfrischer in Form eines Tannenbaums.
Der Sachverhalt
Die Klägerin vertreibt seit den 1960er Jahren über Lizenznehmer Lufterfrischer in Form eines stilisierten Tannenbaums (Wunderbaum). Sie ist seit Jahrzehnten Weltmarktführerin im Bereich der Papier-Lufterfrischer, von denen in Deutschland jährlich mehr als 8 Mio. mit den Marken der Klägerin verkauft werden. Sie ist Inhaberin der IR-Bildmarke Nr. 612 525 (Klagemarke), einer dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke EM Nr. 307 1305 sowie mehrerer IR Wort-Bild-Marken (Nr. 475 333 und Nr. 539 068). Die Beklagte ist Inhaberin der IR Wort-Bild-Marke Nr. 945 924. Diese basiert auf einer polnischen Basismarke.
Die Klägerin hatte die Beklagte auf Einwilligung in die Schutzentziehung ihrer IR Wort-Bild-Marke gem. §§ 115 Abs. 1, 51 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 MarkenG für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen, wobei sie die Klage in erster Linie auf die Klagemarke stützt. Diese Klage wurde jedoch von LG und OLG abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe
Laut Entscheidung des BGH bleibt die originäre Kennzeichnungskraft der Marke erhalten wenn ein Produkt in Form der Marke hergestellt wird. Allerdings nur wenn die Form des Produkts nicht funktionsbedingt vorgegeben oder die Ware beschreibend ist. Die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke kann bei inländischen Verkehrskreise durch Präsenz dieser im Ausland gesteigert werden.
Eine Nachprüfung ergab dass die Forderung der Klägerin auf die Klagemarke gestützt werden könne. Das Berufungsgericht wird prüfen müssen, ob die Gesichtspunkte, die für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft sprechen, auf die Klagemarke als reine Bildmarke, die dreidimensionale Marke oder auf die beiden Wort-Bild-Marken bezogen sind.
Um die Kennzeichnungskraft zu bestimmen muss folgendes geprüft werden:
- die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt,
- der von der Marke gehaltene Marktanteil,
- die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke,
- der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und
- der Teil der beteiligten Verkehrskreise
Das Berufungsgericht hat zwar auf die hohen Werbeaufwendungen, den hohen Marktanteil der von der Klägerin vertriebenen Lufterfrischer, den langjährigen und umfänglichen Vertrieb und die Präsenz des Produkts in den Medien abgestellt. Diesen Umständen hatte es jedoch im Hinblick auf das Ergebnis der dem Infratest-Gutachten zugrunde liegenden Umfrage aus dem Jahr 1999 keine Bedeutung beigemessen. Dies steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH und des Senats. Das Infratest-Gutachten hatte ergeben, dass immerhin 31,5% der Befragten die Lufterfrischer in Form der Klagemarke einem bestimmten Unternehmen zuordnen. Diese Gutachten wurde jedoch nicht zu dem, für den Streitfall maßgeblichen Zeitpunkt, dem Anmeldetag der Marke, erstellt und es nahmen lediglich 314 Personen daran teil. Die Stichprobe war nicht ausreichend groß und hat somit allenfalls indizielle Bedeutung.
Weiterhin wurde geprüft ob eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke für das geographische Gebiet festzustellen ist, für das die Klagemarke Schutz beansprucht. In diesem Fall Deutschland.
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Quelle: BGH online | Wunderbaum
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