Der EuGH hat Recht gesprochen zu wichtigen Aspekten für die Benutzung einer älteren Marke in Beschwerdeverfahren vor dem EUIPO: zu Fristen für den Nachweis und die Vorlage von Beweisen und zum zeitlichen Ablauf dieser Überprüfung in Bezug auf den Widerspruch.
Eigentlich wird für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke in einem Beschwerdeverfahren vor dem EUIPO eine Frist gesetzt vom EUIPO, innerhalb der er den Nachweis der Benutzung zu führen hat (siehe Regeln zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94).
Die Vorlage von Beweisen für die Benutzung der Marke ist allerdings auch nach Ablauf dieser Frist noch möglich. Es ist dem Amt keineswegs untersagt, in Ausübung des ihm von Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verliehenen Ermessens verspätet vorgelegte zusätzliche Beweise zu berücksichtigen, entschied der EuGH in dem interessanten Fall mobile.de (C‑418/16 P).
Ausdrücklich stellt diese Regel (40 Abs. 6 der Durchführungsverordnung) nach Ansicht des EuGH keine gegenteilige Vorschrift zu Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 dar, nach der es der Beschwerdekammer verwehrt wäre, zusätzliche Beweismittel zur Benutzung der betreffenden älteren Marke zu berücksichtigen.
Nachweis der ernsthaften Benutzung ist eine „Vorfrage“
Noch einen wesentlichen weiteren Aspekt in Bezug auf Beschwerdeverfahren vor dem EUIPO entscheid das EuGH: die Frage der Reihenfolge der Überprüfungen durch das EUIPO. Muss erst Ähnlichkeit bzw. Verwechslungsgefahr festgestellt werden, und dann die Benutzung der älteren Marke oder andersherum? Oder ist das eine Ermessensfrage?
Der EuGH erklärte sich dazu deutlich: Die Frage nach dem Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke ist vor der Entscheidung über den Widerspruch als solchen zu klären ist und stellt in diesem Sinne eine „Vorfrage“ dar, entschied das höchste Europäische Gericht.
Nichtigkeitsabteilung ist an Nachweis der Markenbenutzung gebunden
Was das für Konsequenzen für die Nichtigkeitsabteilung hat, erläuterte der EuGH ebenfalls. Die Nichtigkeitsabteilung dürfe die im Rahmen der gemäß Art. 64 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgenommenen Zurückverweisung für die Prüfung der Begründetheit der Anträge auf Nichtigerklärung im Hinblick auf das in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung vorgesehene relative Eintragungshindernis ausschließlich die Dienstleistungen berücksichtigen, für die die Beschwerdekammer entschieden hat, dass der Nachweis einer ernsthaften Benutzung der fraglichen älteren nationalen Marke erbracht wurde, entschied der EuGH.
Die Nichtigkeitsabteilung kann laut EuGH jedoch keine neuen Beweise für die ernsthafte Benutzung der fraglichen älteren nationalen Marke prüfen, für die nach Ansicht der Beschwerdekammer – ohne dass der Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren dies durch Erhebung einer Klage beim Gericht bestritten hat –, dieser Nachweis nicht erbracht wurde, ohne die Endgültigkeit ihrer eigenen Entscheidungen in Frage zu stellen und die Rechtssicherheit zu beeinträchtigen.
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