Der Streit um Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr zwischen der jüngeren EU Markeneintragung der Wortmarke FLÜGEL und den älteren Wortmarke VERLEIHT FLÜGEL von Red Bull hat ein neues Kapitel: Red Bull gewann vor dem EuG – mit Verweis auf unlautere Ausnutzung der eigenen Reputation.
Der Streit um Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr zwischen der jüngeren EU Markeneintragung der Wortmarke FLÜGEL und den älteren, nationalen Wortmarken VERLEIHT FLÜGEL und RED BULL VERLEIHT FLÜÜÜGEL zieht bereits seit 10 Jahren in Etappen durch die Instanzen der Gerichte.
Die Red Bull GmbH (Österreich) verwies auf die Bekanntheit der Red Bull Marken, und klagte daher wegen Verwechslungsgefahr durch die Markenanmeldung FLÜGEL (angemeldet am 24. September 1997 durch die Asolo LTD (Zypern) und auch gegen die Schädigung des eigenen guten Rufs (Nichtigerklärung auf der Grundlage von Art. 53 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009). Denn das Wortzeichen FLÜGEL wurde als Unionsmarke eingetragen in den Nizza-Klassen 32 und 33 (Biere, Getränke, Fruchtgetränke); die beiden älteren nationalen Marken von Red Bull sind dagegen eingetragen für „Energy Drinks“ (Nizza-Klasse 32).
Bereits im Jahr 2018 wurde dieser Fall vor dem Europäischen Gericht (EuG) verhandelt – wir berichteten. Im März 2019 wurde über diese Sache dann erneut vor der Beschwerdekammer entschieden, an die 2018 zurückverwiesen worden war. Erneut gab sie dem Antrag auf Nichtigerklärung von Red Bull statt, woraufhin Klägerin Asolo Ltd. erneut vor dem EuG klagte. Dies wurde jetzt entschieden (EU:T:2021:225).
Bekanntheit der Marke VERLEIHT FLÜGEL
Bei der Prüfung der Bekanntheit einer Marke sind insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen, erklärte der EuG: der von der älteren Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke sowie der Betrag, den das Unternehmen in die Förderung der Marke investiert hat. Keineswegs aber muss nachgewiesen werden, dass diese Marke einem bestimmten Prozentsatz der maßgeblichen Verkehrskreise bekannt ist, ergänzte das Gericht. Auch muss sich die Bekanntheit nicht auf das gesamte betroffene Gebiet erstrecken, solange diese Bekanntheit in einem wesentlichen Teil dieses Gebiets besteht.
Nachweis der Red Bull Bekanntheit
Red Bull hatte als Beleg zwei Umfragen zur eigenen Bekanntheit vorgelegt, die 1997 und 2010 durchgeführt wurden, sowie eine eidesstattliche Erklärung des General Counsel von Red Bull.
Der EuG bestätigte, dass die Umfragen ein geeignetes Mittel zum Nachweis seien, sie von einem unabhängigen und seriösen Unternehmen bei einer repräsentativen Stichprobe in Österreich durchgeführt wurde und auch keine Suggestivfragen enthielt. Allerdings durfte nicht die Umfrage von 2010 berücksichtigt werden, wie es die Beschwerdekammer getan hatte.
Die Bekanntheit muss grundsätzlich belegt werden und feststehen für den Zeitpunkt der Anmeldung der angefochtenen Marke – hier also für den September 1997. Zwar können auch Dokumente mit einem späteren Datum berücksichtigt werden, erläuterte der EuG, vor allem dann, wenn sie Rückschlüsse zulassen auf die damalige Situation – aber nicht durch eine so viele Jahre später erfolgte Umfrage. In diesem Punkt gab der EuG der Klägerin also recht, allerdings hatte dies keinen Einfluss auf die gesamte Entscheidung.
Red Bull Marke VERLEIHT FLÜGEL im Grunde ein Slogan
Die Klägerin machte auch geltend, dass die ältere Marke ein Slogan sei und daher nicht die für eine gültige Marke erforderliche Unterscheidungskraft habe. Doch der EuG wies dies zurück. Auf die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Slogans seien die gleichen Kriterien anzuwenden wie für alle anderen Marken, erklärte das Gericht. Außerdem könne die Gültigkeit einer nationalen Marke nicht in einem Verfahren zur Nichtigerklärung einer Unionsmarke in Frage gestellt werden, sondern nur in einem Verfahren zur Nichtigerklärung in dem betreffenden Mitgliedstaat. Der älteren Red Bull Marke müsse schon allein deshalb eine gewisse Unterscheidungskraft zuerkannt werden.
Reputation der Red Bull Marke unlauter ausgenutzt
Die Klägerin wehrte sich zudem gegen die Feststellung, sie habe Reputation der Red Bull Marke unlauter ausgenutzt – doch vergeblich. Der EuG erläuterte, dass nach der Rechtsprechung der Begriff der unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung der älteren Marke – „Parasitismus“ oder „Trittbrettfahren“ – die Ausnutzung der Benutzung der nicht nur einer identischen, sondern auch einer ähnlichen angegriffenen Marke betrifft. Er umfasse insbesondere Fälle, in denen eine Übertragung des Bildes der bekannten Marke stattfindet oder der Eigenschaften, die sie auf die mit der angefochtenen Marke gekennzeichneten Waren projiziert.
Eben das sei vorliegend der Fall; niemand würde annehmen, man könne tatsächlich fliegen, wenn man die Getränke der genannten Marken trinkt. Vergeblich machte die Klägerin geltend, die ältere Marke VERLEIHT FLÜGEL beziehe sich nicht auf den Begriff des Flügels, sondern bestehe aus einer Metapher, wonach das Getränk Red Bull einen in die Höhe hebe. Stattdessen erklärte der EuG, der Begriff Fliegen für die fraglichen Waren werde im übertragenen Sinne wahrgenommen und als Metapher genutzt, dass die Getränke jemandem ein Gefühl der Leichtigkeit, der Energie oder sogar der Freude und des Positiven vermitteln.
Nähe zwischen den Waren
Daher habe die Beschwerdekammer zurecht festgestellt, dass eine gewisse Ähnlichkeit der Marken und entsprechend Verwechslungsgefahr vorliegt – und zwar in Bezug auf alle von der angefochtenen Marke FLÜGEL beanspruchten Waren. Der EuG betonte, dass die Beschwerdekammer, ohne die ratio decidendi des Urteils vom 4. Oktober 2018, FLÜGEL (T-150/17, EU:T:2018:641), außer Acht zu lassen, zu Recht festgestellt habe, dass eine Nähe zwischen den fraglichen Waren besteht. Es gelte daher zwar die Feststellung aus dem Urteil von 2018, dass ein alkoholisches Getränk und ein Energydrink nicht allein deshalb als ähnlich angesehen werden können, weil sie zusammen gemischt, konsumiert oder vermarktet werden können.
Doch Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 beziehe sich ausdrücklich auf den Fall, dass die Waren nicht ähnlich sind, ergänzte das Gericht. Und es sei allgemein bekannt, dass Energy Drinks und alkoholische Getränke in denselben Supermärkten verkauft werden und auf Speisekarten von Bars häufig nebeneinander aufgeführt sind – ergo bestehe Nähe zwischen den Waren.
Die Klage wurde daher vollständig abgewiesen und die Schädigung der Reputation der älteren Marke von Red Bull bestätigt.
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Quellen:
Urteil des EuG FLÜGEL „Red Bull 2021“, EU:T:2021:225
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